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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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wohl, dass etwas nicht stimmte, versuchte aber, es herunterzuspielen.
    »Was ist denn los, Roger?«, fragte sie. »Jetlag?«
    »Wir müssen reden«, sagte er.
    »Und worüber?« Christina hatte einen besorgten Blick in den Augen.
    »Setzen wir uns doch erst mal hin.«
    »Möchtest du einen Drink? Ich mache dir einen.«
    »Nein, jetzt nicht. Ich möchte mit dir reden.«
    »Dann komm, Liebster.« Sie setzte sich auf die Couch, legte ihm ein Kissen zurecht und wartete darauf, dass er zu ihr kam. Ferris bemerkte, dass die Kissen neu waren. Sie hatten eine Brokatborte, die zu den Kordeln der Vorhänge passte. Statt auf die Couch setzte er sich in einen Sessel. Er brauchte diesen Abstand zu ihr, sonst würde er es ihr niemals sagen können. Er überlegte noch, wie er anfangen sollte, aber als sie anfing, die Stille mit nichtssagendem Geplauder zu füllen, platzte es aus ihm heraus.
    »Ich will mich von dir scheiden lassen, Christina. Wir führen keine richtige Ehe mehr.«
    »Was hast du grade gesagt?« Es war häufig ihre letzte Zuflucht, so zu tun, als hätte sie ihn nicht verstanden.
    »Ich sagte, ich will mich scheiden lassen. Wir haben uns auseinandergelebt … Wir sollten diesen Zustand beenden.«
    Sie machte ein Gesicht, als hätte er ihr gerade eine Ohrfeige verpasst.
    »Du Mistkerl«, sagte sie. Ihre Wangen röteten sich, und sie fing an zu weinen. Damit hatte Ferris nicht gerechnet – er hatte geglaubt, sie würde ihn anschreien. Christina stand auf und ging ins Badezimmer, um sich die Nase zu putzen. Sie blieb fast zehn Minuten dort, und als sie wiederkam, hatte sie frisches Make-up aufgelegt und ihre Fassung wiedergewonnen. Jetzt hatte sie wieder die Oberhand.
    »Das kannst du nicht machen, Roger«, sagte sie. »Ich lasse nicht zu, dass du das zerstörst, was wir miteinander haben. Wir passen hervorragend zusammen, alle Welt beneidet uns um unsere Ehe. Du hast in letzter Zeit viel Stress gehabt, da reagiert man schon mal zu heftig. Ich weiß zwar nicht, was dich so stört, aber ich weiß, dass wir es ändern können.«
    »Um etwas zu ändern, müssten wir zusammenleben. Und du hast mir bisher nicht angeboten, zu mir nach Jordanien zu kommen.«
    »Ich kann nicht aus dem Ministerium weg, das weißt du genau. Und ich weiß auch, dass das nicht gut für dich ist. Ich wünschte, ich könnte einfach meine Siebensachen packen und nach Amman ziehen wie all die anderen Frauen, aber das geht bei mir nun einmal nicht. Bitte rede mir keine Schuldgefühle ein, nur weil ich meine Pflicht tue.«
    Ferris schüttelte den Kopf. Hier ging es doch nicht um Schuld. »Du verstehst mich nicht, Christina. Ich will nicht mehr mit dir verheiratet sein. Unsere Ehe ist kaputt, und ich glaube nicht, dass man sie wieder kitten kann.«
    »Man kann alles wieder kitten, wenn man nur will. Wenn etwas nicht stimmt, versucht man zuerst, es zu ändern, bevor man alles hinschmeißt. Du musst nur daran glauben.«
    Sie hatte ihm offenbar nicht richtig zugehört und tat, als wären seine Gedanken an Scheidung nur eine momentane Schwäche, die man mit etwas Kraftanstrengung überwinden konnte. Ferris erkannte, dass er deutlicher werden musste. Er hatte gehofft, es vermeiden zu können, aber jetzt ging es nicht mehr anders.
    »Ich habe eine andere Frau kennengelernt, Christina.« Er wartete einen Augenblick, weil er weitere Tränen befürchtete, aber ihre Augen blieben trocken. »Und daraus kann nichts Gutes werden, solange wir noch verheiratet sind.«
    »Ich habe dir doch gesagt …« Sie hielt inne. In ihrer Stimme schwang mühsam unterdrückter Zorn mit. »Ich habe dir doch gesagt, dass es mir egal ist, wen du kennenlernst, wenn du weg bist. Du kannst dir so viele Betthäschen halten, wie du willst, solange ich nichts davon erfahre.«
    »Diese Frau ist kein … Betthäschen. Ich mag sie sehr.«
    »Jetzt mach dich doch nicht lächerlich, Roger. Es interessiert mich nicht, wer oder was sie ist, aber ich weiß, dass sie dich nicht so glücklich machen kann wie ich. Und du weißt das auch.«
    »Ich bin aber nicht glücklich mit dir, Christina. Schon lange nicht mehr.«
    Sie hörte ihm gar nicht mehr zu, war bereits voll und ganz damit beschäftigt, wieder zurechtzurücken, was er in Unordnung gebracht hatte. »Ich bin vorhin schon ziemlich erschrocken, das gebe ich zu. Ich hatte befürchtet, dass du mich nicht mehr liebst. Aber wenn es bloß um eine andere Frau geht, dann kann ich damit umgehen. Ehrlich gesagt habe ich mit so etwas sogar gerechnet. Es

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