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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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verdeckt operierender Geheimdienst, der Risiken eingehen, gegen Gesetze verstoßen, bürokratische Vorgaben ignorieren und Leute, die nicht dazugehören, zum Teufel schicken darf. Und Mincemeat Park ist unsichtbar, hier unter dem Grünen Parkdeck. Also, was sagen Sie? Na los! Geben Sie’s zu! Sie sind beeindruckt!«
    »Hier haben Sie also die ganze Zeit gesteckt, als ich Sie gesucht habe?«
    »Jawohl.« Hoffman grinste über das ganze Gesicht.
    Ferris ließ den Blick durch den Raum schweifen. Es sah ein bisschen so aus wie in der Einsatzzentrale in Balad, nur ausgeflippter. An der hinteren Wand hingen große Monitore, auf denen die unverkennbaren Predator-Pornos flimmerten, aber der eigentliche Handlungsmittelpunkt waren die Arbeitsplätze in der Mitte des Raumes. Die Männer und Frauen, die dort saßen, sahen völlig anders aus als sämtliche CIA-Mitarbeiter, die Ferris je gesehen hatte. Alle waren relativ jung, zwischen Ende zwanzig und Ende dreißig. Sie trugen Jeans, T-Shirts, enge Röcke. Im ganzen Raum sah man nicht eine Krawatte, und an den Trennwänden zwischen den Arbeitsplätzen hingen kunterbunt durcheinander, wie das Sammelsurium an den Wänden einer Studentenbude, die Fotos diverser bärtiger Kontrahenten und Landkarten mit den Standorten ausländischer Agenten sowie die Diagramme der »Verbindungsanalysen«, auf denen die Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern geheimer Netzwerke spinnennetzartig dargestellt wurden. Dazwischen saßen Hoffmans Leute an ihren Schreibtischen wie U-Boot- Jäger vor ihren Sonargeräten und versuchten, die unsichtbaren Killer aufzuspüren und sie zum Auftauchen zu bewegen.
    »Sie haben sich Ihre eigene CIA gebaut«, sagte Ferris.
    Hoffman nickte. »Ganz genau. Auch wenn die Jungs und Mädels hier offiziell gar nicht existieren, reißen sie sich trotzdem ihre unsichtbaren Ärsche auf. Und ich verrate Ihnen auch, warum. Weil sie nämlich wissen, dass sie für uns alle die letzte Hoffnung sind. Sie wissen, irgendwann wird eine von den Bomben, die in Mailand, in Frankfurt oder in New York hochgehen, eine Atombombe sein. Und wenn sie die nicht rechtzeitig finden, wird sie Hunderttausende in den Tod reißen. Darum arbeiten sie jeden Tag und jede Minute daran, die Leute, die solche Bomben legen wollen, zu finden und unschädlich zu machen. Und dafür liebe ich sie – jeden einzelnen von diesen überarbeiteten, verhaltensgestörten Spinnern. Sie sehen vielleicht nicht so aus, als wären sie Killer, aber genau das sind sie.
     
    Ferris ging neben Hoffman an den Tischreihen entlang. Gut die Hälfte war mit Frauen besetzt, und sie schienen alle unter Strom zu stehen, wie sie da hektisch Kaugummi kauten oder mit den Füßen wippten. Es war offensichtlich, dass die meisten von ihnen rauchen würden, wenn das noch erlaubt gewesen wäre. Manche machten einen abgehärteten, lebenserfahrenen Eindruck und waren ein bisschen zu stark geschminkt – man hätte sie sich auch beim Blackjack in Las Vegas vorstellen können. Andere strahlten einen trügerischen Liebreiz aus, doch in ihren Augen lag der eiskalte Blick einer Schlange.
    »He, Gwen.« Hoffman wandte sich an eine dunkelhaarige Frau Mitte dreißig, die am nächstgelegenen Schreibtisch saß. »Erzählen Sie dem jungen Mann hier doch mal kurz, woran Sie gerade arbeiten.«
    Sie musterte Ferris mit skeptischem Blick, aber Hoffman nickte aufmunternd.
    »Ich verfolge die Mitglieder einer Terrorzelle in Syrien. Gestern Abend waren sie noch in Damaskus, heute sind sie in Dayr az-Zor, auf dem Weg zur irakischen Grenze. Aber ich habe so das Gefühl, dass sie es nicht lebend über die Grenze nach Hasbaya schaffen werden. Sobald ich sie hundertprozentig identifiziert habe, hetze ich ihnen unsere Ninjas vor Ort auf den Hals.«
    Sie bedachte ihn mit dem schmalen, kalten Lächeln einer Auftragsmörderin. Ferris sah Hoffman an. »Für wen arbeiten diese Ninjas?«, fragte er.
    »Offiziell für niemanden. Das ist ja gerade der springende Punkt. Nur mit solchen Methoden kommen wir überhaupt je wieder aus diesem Schlamassel raus. Und mit Leuten wie Gwen.«
    Dann nahm er Ferris am Arm und zog ihn zu einer offenen Bürotür. »Kommen Sie. Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen.«
    In dem Büro saß ein schlanker, dunkelhaariger Mann mit einer Metallbrille und tippte wie ein Besessener auf einer Computertastatur. Er trug einen schwarzen Kaschmirpullover und schien Ende dreißig zu sein, vermutlich ein paar Jahre älter als Ferris. Ferris sah auf den

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