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Der Mann, der sein Leben vergaß

Der Mann, der sein Leben vergaß

Titel: Der Mann, der sein Leben vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pieter van Broukens.
    Antonio de Selvano war sich im Augenblick noch unschlüssig, ob seine Vermutung richtig war. Die Fahrten Biancoderos nach Amsterdam besagten an sich nichts, und doch war da eine gefährliche Gedankenkette, geknüpft mit Logik und Indizien, die nicht zu übersehen war. Im Juni 1923 verschwand Pieter van Brouken aus Amsterdam, im Juli 1923 tauchte ein völlig unbekannter Schriftsteller José Biancodero aus Sevilla in Lissabon auf! Beide Personen hatten eine große Ähnlichkeit miteinander, wenn auch das Gesicht Biancoderos dunkler und besser genährt aussah!
    »Hier steckt etwas dahinter«, murmelte Selvano und verglich zum wiederholten Male die beiden Fotografien. »Calbez scheint doch recht zu behalten: Der Name ist kein Schild der Tugend! Man müßte die Rua do Monte do Castello etwas genauer betrachten!«
    Er griff zum Telefonhörer und meldete ein Blitzgespräch mit dem Polizeipräfekten von Sevilla an. Dann rief er nacheinander die dem Monte do Castello benachbarten Gendarmeriestationen an und ordnete eine scharfe, aber diskrete Untersuchung in Form einer unsichtbaren Überwachung der Villa Destillianos an. Selbst entschloß er sich, morgen früh den Vorstoß zu wagen und den Professor als Arzt aufzusuchen.
    Es dauerte nicht lange, so schellte das Telefon.
    Die Polizeipräfektur Sevilla war am Apparat.
    Und nach wenigen Minuten wußte Selvano, daß es einen kleinen, unbekannten Schriftsteller José Biancodero in Sevilla gab, der vor einem Jahr ins Ausland – wie es hieß – verreist sei. Ein Bild war nicht vorhanden – der Mann war zu unbedeutend. Außerdem besaß er keine Vorstrafen und war unbescholten.
    Enttäuscht legte Selvano den Hörer zurück in die knackende Gabel. Seine schöne Gedankenkette hatte einen kleinen Riß erhalten. Wenn es einen seit einem Jahr ins Ausland verreisten José Biancodero gab, so konnte es nur der Gast Professors Destillianos sein! Seine verblüffende Ähnlichkeit mit dem vermißten Pieter van Brouken war also ein großer, gar nicht einmal so seltener Zufall.
    Und doch ließ Selvano den Gedanken nicht fallen, daß hier irgendwo ein Geheimnis steckte. Er hatte das merkwürdige Gefühl, einem Verbrechen auf der Spur zu sein, das so einmalig, so grandios, so entsetzlich war, daß ihm schon bei dem Gedanken leise schauderte.
    Er zögerte ein wenig, ehe er den Hörer wieder abnahm und eine Blitzverbindung mit dem auf dem Steckbrief erwähnten Amsterdamer Kollegen Kommissar Felix Trambaeren verlangte.
    Das Gespräch, das er dann in französischer Sprache mit Trambaeren führte, war mehr als merkwürdig.
    »Hallo – hier Kriminalpolizei Lissabon. Chefkommissar Selvano.«
    »Hier Kommissar Trambaeren, Amsterdam.«
    »Ich habe hier einen Steckbrief liegen von einem Pieter van Brouken.«
    »Alter Schinken! Ist längst erledigt!«
    »Wieso? Ist er gefunden?«
    »Gefunden nicht!« Trambaerens Stimme klang gelangweilt. »Aber der Fall ist laut einwandfreier Zeugenaussagen klar. Selbstmord durch Gift und Ertränken in der Heerengracht. Leichnam auf Grund verschlammt und deshalb nicht auffindbar.«
    »Und man ist in Amsterdam sicher?«
    »Ganz sicher! Aber warum fragen Sie?«
    »In Lissabon ist ein Fremder, ein Spanier, aufgetaucht, der van Brouken täuschend ähnlich sieht.«
    Trambaeren lachte ins Telefon. »Alle Achtung! Ihr seid in Portugal genau! Laßt den armen Kerl laufen. Alltagsgesichter wie van Brouken gibt es Tausende. Übrigens können Tote nicht leben – klar?!«
    »Ich danke Ihnen, Kollege!«
    »O bitte, bitte.«
    Knack! Wütend warf Selvano den Hörer in die Gabel und lehnte sich zurück.
    Wieder ein Glied in der Beweiskette zerbrochen, dachte er. Und sogar das wichtigste! Pieter van Brouken hat einwandfreien Selbstmord begangen. Er ist also tot! Logisch! Und dieser Biancodero sieht ihm ungeheuer ähnlich und hat die Handschrift Dr. Fernando Albez'! Und der ist auch tot!
    Wahnsinn! Ein Lebender, der zwei Tote repräsentiert! So etwas kann auch nur aus dem Gehirn eines Primo Calbez kommen!
    Und doch – Antonio de Selvano schüttelte den Kopf. Das Gefühl des geborenen Kriminalisten ließ ihn nicht los: Da steckt ein Geheimnis, das vielleicht eine der größten Sensationen der modernen Kriminalgeschichte wird!
    Nachdenklich schob er die Bilder in die Schublade seines Schreibtisches. Noch tappte er im dunkeln, aber irgendwo begann es zu dämmern. In den Fingerspitzen fühlte er ein Kribbeln.
    »In einer Woche weiß ich, was gespielt wird«, sagte Selvano

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