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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Paar Handschuhe aus einer Plastiktüte.
    Der Einzige, der sitzen blieb, war Sune Niska. Er war froh, den Mantel nicht ausgezogen zu haben. So musste er ihn jetzt nicht wieder anziehen, nicht über die Schulter zwängen. Es tat so verdammt weh.
    Hinten an der Tür drehte sich die Frau um, gefesselt an die Beamtin.
    Es schien, als wäre ihr etwas eingefallen. Im Saal war nur noch Sune Niska. Ihre Blicke trafen sich. Die Frau lachte mit kalten, trockenen Augen.
    »Ja sie asut vieläki sielä?«, zischte sie auf Meänkieli. Und du wohnst immer noch dort?
    »Hör auf mit dem Quatsch«, befahl die Polizistin.
    »Du wohnst also immer noch in dem Haus, ganz allein«, wiederholte sie, während sie davonhinkte.
    Sune Niska erwiderte nichts. Spürte nur das Gewicht des goldglänzenden Metalls um sein Handgelenk. Er hatte sie um. Seine LKAB-Uhr.
     

52
     
    Schmeckt es, Mama?«, fragte Jan Evert Herdepalm.
    Alice Herdepalm gab keine Antwort. Sie hob die Gabel, schlürfte den letzten Tropfen der Thymiansauce auf und schaute mit ihrem üblichen, sorgenvollen Blick auf den Bach. Der Missmut hatte sich in ihrem Gesicht festgesetzt, als hätte sie als Kind eine Grimasse vor dem Spiegel gemacht, und die wäre haften geblieben.
    Sie saßen in der Västmanlander Abenddämmerung auf der Terrasse. Er hatte die Infrarotheizung an der Decke eingeschaltet, eine Gelbflügelfliege verbrannte sich an den rotglühenden Windungen und trudelte auf den Bastteppich hinunter.
    »Kennst du noch die Kartoffeln?«, fuhr er fort.
    »Puikkopottu«, rutschte es ihr heraus.
    Er konnte nicht anders, er musste sie anstarren. Blieb mit seinem Weinglas in der Hand sitzen, überrumpelt.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Es ist viele Jahre her, seit du Finnisch gesprochen hast.«
    »Mandelkartoffeln?«
    »Nein, Mama, du hast puikkopottu gesagt!«
    Einen Moment lang glaubte er, seine Mutter würde anfangen zu weinen. Die Wangen strafften sich, da war eine Vibration in den Lippen, doch dann gelang es ihr, rechtzeitig eine Serviette zu nehmen und es wegzuwischen. Wie alt sie geworden ist, dachte er wehmütig.
    »Sind die von hier?«
    »Aus Pajala.«
    Von Zuhause, notierte er. Sie hat das Tornedal vor mehr als einem halben Jahrhundert verlassen. Wie lange nennt man so etwas noch »Zuhause«?
    »Sie sind aus dem Garten des Onkels. Es gab dort einen kleinen Kartoffelacker, auf dem Martin ein paar Reihen gesetzt hat.«
    »Die haben gut geschmeckt«, stellte sie kurz fest.
    Ihm war klar, dass sie die Kontrolle wiedererlangen wollte. Den Mist unter den Teppich kehren, der da auf der Tischdecke gelandet war. Sie griff nach ihrer veilchenblauen Angorastrickjacke und zog sie sich über, blätterte anschließend in der Abendzeitung, die daneben lag. Von hinten, sie las die Zeitung immer von hinten.
    Jan Evert deckte ab, sie machte Anstalten, aufzustehen, doch er drückte seine Mutter freundlich auf den Stuhl und füllte ihr Rotweinglas erneut. Es sauste über dem Terrassendach, und er hustete laut, damit sie es nicht hörte. Sie hatte Fledermäuse schon immer verabscheut. Er selbst hatte kleine Einschlupflöcher unter dem Dachgiebel ausgesägt, damit sie auf dem obersten Dachboden überwintern konnten. Er erinnerte sich an die Abende in Lusaka. Die hastige Dämmerung auf dem Hotelbalkon, während sich die riesenhafte afrikanische Sonnenscheibe senkte. Der Himmel, von Schwalben schwirrend, die sich einen letzten Happen an Insekten holen wollten vor der langen, tropischen Nacht. Dann verschwanden sie, fast auf einen Schlag, von dem hohen Abendhimmel. Doch nach nur kurzer Zeit schienen sie zurückzukehren. Die gleichen dünnen Silhouetten, die pfeilschnell herumflogen. Aber doch weicher und runder im Flug. Als wären die Schwalben nach Hause geflogen, um sich umzuziehen, sich das kleine Schwarze überzustreifen.
    Schließlich wurde ihm klar, dass es Fledermäuse waren. Das Abendlicht schwand so schnell, als wäre es am Horizont in einen Badewannenabfluss gespült worden. Bald würde es zu dunkel sein, um im Taschenbuch zu lesen. Und genau in diesem Moment kam die nächste Überraschung hoch oben am Himmel. Wie in einem Horrorfilm, erst waren es nur ein oder zwei. Dann eine Handvoll, anschließend wurden es immer mehr, die in einer langen, gewaltigen Angriffswoge angestürzt kamen. Groß wie Raubvögel mit ausgebreiteten Hautflügeln. Lederlappen. Fliegende Hunde auf der Jagd nach Beute. Und während die Dunkelheit herabsank, während die Nacht ihren schwarzen Sack über alle

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