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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich der Zug in Bewegung. Jetzt hörte ich eilige Schritte auf dem Bahnsteig. Ich versteckte mich hinter einem Zeitungsstand und beobachtete, was nun geschah.
    Suzanne hatte dem verschwindenden Zug mit ihrem kleinen Taschentuch nachgewinkt.
    «Zu spät, Mr Pagett», sagte sie liebenswürdig. «Sie ist schon fort, leider!»
    Miteinander gingen sie aus dem Bahnhof. Ich wartete noch ein paar Minuten, ehe ich ebenfalls den Bahnhof verließ. Beim Ausgang prallte ich beinahe mit einem kleinen Mann zusammen, einem unfreundlich blickenden Menschen mit einer Nase, die viel zu groß für sein Gesicht war.

21
     
    Die weitere Ausführung meiner Pläne bereitete keine Schwierigkeiten mehr. Ich fand ein kleines Hotel in einer Seitenstraße, ließ mir ein Zimmer geben und ging friedlich zu Bett.
    Am nächsten Morgen war ich schon frühzeitig in der Stadt und besorgte mir ein paar notwendige Kleidungsstücke, da meine Koffer ja unterwegs nach Durban waren. Vor elf Uhr, ehe Sir Eustace mit der ganzen Gesellschaft unterwegs nach Rhodesien war, würde Pagett gewiss nichts unternehmen. Daher bestieg ich einen Vorortszug und machte einen ausgedehnten Landspaziergang.
    Das Schicksal hängt oft an einem Faden. Mein Schnürsenkel löste sich, und ich musste mich bücken, um ihn wieder zuzubinden. Die Straße machte eine scharfe Kurve um ein Haus, und als ich noch mit meinem Schuh beschäftigt war, bog eilig ein Mann um die Ecke und stolperte fast über mich. Er zog seinen Hut, murmelte eine Entschuldigung und ging weiter. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben, doch im Moment schenkte ich dem keine weitere Beachtung. Ich sah auf die Uhr und fand, dass es Zeit zur Umkehr war.
    Ganz in der Nähe war eine Straßenbahn-Haltestelle; die Straßenbahn fuhr gerade ab, und ich musste rennen, um sie noch zu erreichen. Hinter mir hörte ich eilige Schritte. Derselbe Mann, der mich vorhin überholt hatte, sprang jetzt nach mir auf die Plattform. Plötzlich wusste ich auch, weshalb mir sein Gesicht bekannt vorkam: Es war der kleine Mann mit der Knollennase, der am Vorabend am Bahnhof fast mit mir zusammengeprallt war. So viel Zufall machte mich stutzig. War es möglich, dass dieser Mensch mir absichtlich folgte? Das wollte ich sogleich nachprüfen. Ich stieg an der nächsten Haltestelle wieder aus. Der Mann kam mir nicht nach. Aber an der darauf folgenden Haltestelle verließ auch er die Straßenbahn und kehrte eilig zurück. Nun wurde mir alles klar: Man ließ mich keine Minute aus den Augen. Zu früh hatte ich frohlockt; Guy Pagett war ein gefährlicher Gegner!
    Ohne zu zögern, stieg ich in die nächste Straßenbahn. Mein Verfolger blieb mir auf den Fersen. Jetzt begann ich zu überlegen. Die Sache, in die ich da hineingeraten war, entpuppte sich als sehr viel größer, als ich geahnt hatte. Der Mord im Haus zur Mühle war kein Fall für sich, sondern gehörte zu einer Serie von Verbrechen einer ganzen Bande. Allmählich begann ich einen Überblick über das weitverzweigte Netz zu bekommen. Systematisch organisierte Verbrechen unter Leitung des mysteriösen «Colonel»! Ich erinnerte mich an verschiedene Gespräche an Bord über den Streik im Rand und seine Hintergründe und an die allgemeine Auffassung, dass hier eine geheime Organisation am Werk sei, die den Aufruhr unterstütze. Das war das Werk des «Colonel»; seine Leute handelten nach genauen Weisungen. Er selbst trat dabei nicht in Erscheinung. Die Organisation wurde von ihm geleitet, die gefährliche Ausführung der Verbrechen überließ er anderen. Aber höchstwahrscheinlich war er in der Nähe, gut getarnt hinter einer unangreifbaren Position.
    Jetzt wurde mir auch die Anwesenheit von Colonel Race auf der Kilmorden klar. Er nahm wohl eine hohe Stellung im Geheimdienst ein und hatte die Aufgabe, den «Colonel», in seinem Bau aufzuspüren.
    So musste es sein, alles passte zu dieser Annahme. Weshalb aber verfolgte man mich? War die Bande nur hinter den Diamanten her? Nein, so groß auch deren Wert sein mochte, das genügte nicht für die verzweifelten Bemühungen, mich aus dem Weg zu schaffen. Ich musste eine beträchtliche Gefahr für die Leute bedeuten. Man vermutete bestimmte Kenntnisse bei mir, das war’s! Das war ja auch bei dem Gespräch des Holländers mit meinem Freund Chichester in jener Villa deutlich geworden. Kenntnisse, die mit den Diamanten zusammenhängen mochten.
    Einen Menschen gab es, der mich bestimmt hätte aufklären können, wenn er

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