Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
Notizheft zusammen. Das Publikum klatschte höflich, fast schon begeistert, und mehrere Ärzte gingen zum Pult, um ihm zu gratulieren. Hopkins stand inmitten eines kleinen Kreises von Ärzten und schüttelte lächelnd Hände. Dann ging er langsam Richtung Foyer und strebte, gefolgt von einer wachsenden Gruppe Ärzte, zu den Fahrstühlen.
Eine Viertelstunde später betrat Tom das volle Wohnzimmer von Hopkins’ Suite, wo Hopkins mit einer Gruppe aus Präsidenten von Ärzteverbänden trank. Mehrere bedrängten ihn, ein Komitee für Geisteskrankheiten zu gründen. »Das ist nett, dass Sie das vorschlagen«, sagte er. »Ich bin mir aber überhaupt nicht sicher, ob ich derjenige an der Spitze sein sollte, und meine Zeit ist begrenzt …«
»Was glauben Sie, wie ist es gelaufen?«, fragte Tom Ogden, der, einen Highball in der Hand, in einer Ecke bei einem Strauß langstieliger Rosen stand.
»Ordentlich«, sagte Ogden. »Doch, ganz ordentlich, würde ich sagen. Die Vorauswerbung war nicht besonders. Mal sehen, was die Morgenzeitungen daraus machen.«
Wie sich zeigte, spielten die Morgenzeitungen die Geschichte hoch. Einige setzten sie auf die Titelseite, doch Hopkins beachtete die Ausschnitte, die Ogden ihm reichte, kaum. Viel mehr beeindruckten ihn offenbar die vielen Aufforderungen von Ärzten, ein solches Komitee zu gründen. »Ich habe kein bisschen Opposition gespürt«, sagte er zu Tom. »Ich weiß, diese Rede war harte Arbeit, aber ich glaube, sie hat genau das geleistet, was wir haben wollten.«
33
Ohne Vorwarnung brannte Susan Hopkins am 16. September mit Byron Holgate durch, einem alternden Playboy mit einem liebenswürdigen Lächeln. Ralph Hopkins hörte davon kurz nach seiner Rückkehr aus Atlantic City in seinem Büro in den Drei-Uhr-Nachrichten eines seiner eigenen Sender. Sofort rief er seine Frau in South Bay an. Sie nahm selbst ab. »Hallo«, sagte sie, und ihre Stimme klang so tot, dass er wusste, dass sie es schon gehört und Besseres zu tun gehabt hatte, als es ihm mitzuteilen.
»Ich habe gerade das mit Susan gehört«, sagte er. »Ich komme gleich zu dir.«
»Nein«, sagte sie trübsinnig.
»Ich möchte es aber.«
Sie gab keine Antwort.
»Ich möchte es aber«, sagte er noch einmal.
»Ich weiß.«
»Ich bin gleich da.«
»Ich bin müde«, sagte sie. »Schrecklich müde.«
»Natürlich. Geh zu Bett, in einer Stunde bin ich da.«
Keine Antwort.
»Ich glaube, ich bleibe bei dir, Helen«, sagte er. »Ich glaube, ich gebe die Wohnung hier in der Stadt auf.«
Eine Pause folgte, dann sagte sie, als hätte er gar nichts gesagt: »Ralph, tust du mir einen Gefallen?«
»Natürlich!«
»Sag einer deiner Sekretärinnen, sie soll mir ein Ticket für eine dieser Kreuzfahrten besorgen, die um die ganze Welt gehen.«
»Ich komme mit«, sagte er.
Nach einer erneuten langen Pause sagte sie: »Das ist furchtbar nett von dir, mein Lieber, aber ich glaube, ich möchte ein paar Monate allein sein. Ich bin furchtbar müde.«
»Natürlich«, sagte er.
»Eine Sache noch. Könntest du das Haus hier verkaufen? Ich weiß auch nicht – jetzt wo Susan weg ist, hat es irgendwie seinen Sinn verloren. Ich will mich nicht darum kümmern müssen.«
»Überlass das mir«, sagte er. »Ich bringe es auf den Markt oder überlege mir, was man sonst damit machen könnte.«
»Danke, mein Lieber«, sagte sie, dann folgte wieder eine lange Pause.
»Ich fahre jetzt los«, sagte er. »Bis in ungefähr einer Stunde.«
»Ralph«, erwiderte sie, »würde es dir was ausmachen, noch zu warten? Ich weiß auch nicht, ich möchte gerade mit niemandem sprechen. Ich will nur ins Bett.«
»Ich verstehe«, sagte er.
»Wir sehen uns in ein paar Tagen. Besorg mir ein Schiff, das so bald wie möglich abfährt, ja?«
»Ich treffe alle Vorkehrungen.«
»Danke, mein Lieber«, sagte sie leise. »Wiedersehen.«
Später am Nachmittag sagte Miss MacDonald dann zu Tom, Mr Hopkins wolle ihn abends um sieben Uhr sprechen. Mit zwei Minuten Verspätung klopfte Tom an Hopkins’ Tür. Hopkins öffnete ihm. Er war allein, und zu Toms Überraschung wirkte er müde. Ruhelos lief er, redend, gestikulierend und mit dem Kleingeld in der Hosentasche klimpernd, im Zimmer herum. Nachdem er Tom begrüßt hatte, sagte er als Erstes: »Ich habe mich jetzt definitiv entschieden, dieses Komitee für psychische Gesundheit voranzutreiben. Ich möchte, dass es jetzt schnell in die Gänge kommt.«
»Vielleicht könnten wir ja anfangen, indem wir …«, setzte
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