Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
Vom Netzwerk:
darauf drückte. Dann drehte er sich unvermittelt um und lief zur Tür hinaus.
    Als die Notarin gegangen war, sagte Sims: »Das war’s dann also.«
    »Ich bin froh, dass es vorbei ist«, sagte Bernstein und seufzte.
    »Ich berichte es Tom Rath«, sagte Sims. »Ich sage ihm auch, dass der Dank Ihnen gebührt, dass das geklärt ist.«
    »O nein!«, sagte Bernstein in echter Bestürzung. »Tun Sie das nicht – indem ich meine eigenen kleinen Ermittlungen durchgeführt habe, habe ich meine Befugnisse als Richter deutlich überschritten. Das war überhaupt nicht ethisch!«
    Sims lachte. »Und wenn Sie mir nun die Treppe hinunterhelfen wollen, gehe ich gleich zu den Raths«, sagte er. »Ich könnte mir denken, dass sie froh sind, das zu hören.«
    »Moment«, sagte Bernstein. »Dann können Sie ihnen mit der guten auch gleich die schlechte Nachricht übermitteln. Ich wurde gerade zum Mitglied des Bauausschusses ernannt, und auch wenn ich nicht für die anderen Mitglieder sprechen kann, würde ich persönlich ein Siedlungsprojekt nur dann in Betracht ziehen, wenn die Stadt auch für eine neue Schule stimmt. Sagen Sie Rath, er soll sein Bauprojekt auf Eis legen, wenigstens bis nächsten Monat, wenn über die Schule abgestimmt wird.«
    Am selben Vormittag beendete Tom eine neue und viel kürzere Fassung der Rede. Zum ersten Mal gefiel ihm, was er geschrieben hatte, und er hoffte inständig, dass sie auch Hopkins zusagte. Nur eine Stunde nachdem er die Rede zu Hopkins geschickt hatte, summte die Sprechanlage auf seinem Schreibtisch, und als Tom sie anknipste, dröhnte Hopkins’ Stimme heraus. »Na, jetzt haben Sie’s aber wirklich getroffen, Tom! Genau so wollte ich sie haben. Gehen wir zur Feier des Tages doch zu Mittag essen.«
    »Danke!«, sagte Tom. »Ich bin froh, dass wir sie endlich hinbekommen haben.«
    »Kommen Sie doch in ungefähr zehn Minuten«, sagte Hopkins. »Ogden wird auch da sein, wir können also Pläne für die Zeit nach der Rede schmieden.«
    Nur fünf Minuten nachdem Tom von diesem Erfolg erfahren hatte, klingelte das Telefon. Es war Betsy mit der Nachricht, dass Edward seinen Anspruch auf den Nachlass zurückgezogen habe und dass Haus, Grundstück und ein kleiner Geldbetrag in absehbarer Zeit ihnen gehören würden. Die beiden guten Nachrichten, die so dicht aufeinanderfolgten, erschienen Tom außergewöhnlich. »Das ist ja großartig«, sagte er mehrmals zu Betsy, und bei sich selbst dachte er: Das soll mir eine Lehre sein. Manchmal wendet sich doch alles zum Guten. Großmutter war vollkommen ehrlich, und ich hätte nicht an ihr zweifeln sollen.
    »Jetzt gibt es nur noch eine Sache, die uns Sorgen macht«, sagte Betsy, nachdem er ihr erzählt hatte, er habe die Rede mit Erfolg fertiggestellt. »Bernstein sagt, wir sollen mit unserem Bauprojekt erst weitermachen, wenn sie den Antrag für eine neue Schule verabschieden. Sollten sie nächsten Monat dagegen stimmen, könnte es ewig dauern. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht viel davon – Bernstein sagt, in ein paar Tagen gibt es eine öffentliche Anhörung zu der ganzen Sache, und zu der sollten wir hin. Aber mach dir deswegen jetzt keine großen Sorgen. Heute Abend feiern wir doppelt .«
    »Das wird toll«, sagte Tom. »Jetzt muss ich aber zu Hopkins. Koch heute Abend nichts – wir gehen alle irgendwohin aus.«
    Er machte sich auf den Weg zu Hopkins’ Büro. Als er in den Fahrstuhl stieg, war Caesar am Bedienungsfeld. »Aufwärts«, sagte Caesar mit seiner tiefen Stimme. »Aufwärts. Bitte zur Tür schauen.«
    Die Kabine war voll. Tom rückte zu Caesar hin. An diesem Tag des Glücks schien es, als könnte alles passieren, und er erwartete schon halb, dass Caesar ihm sagte, er habe gerade von Maria gehört, es gehe ihr gut und sie brauche gar keine Unterstützung. Stattdessen schaute Caesar, der ein starkes Gefühl für Anstand hatte, ihn kaum an und sagte nur: »Stockwerk, bitte? Aufwärts. Zur Tür schauen.«
    Er konnte nichts von Maria gehört haben, dachte Tom. Wenn doch, hätte er mir zugenickt oder dergleichen. Ein wenig niedergeschlagen eilte er zu Hopkins’ Büro.
    Hopkins ging zum Taxi voraus und sagte dem Fahrer, er solle sie zum River Club bringen, wo sie Ogden treffen würden. Es war kalt – der erste kalte Herbsttag. Viele Frauen auf der Straße trugen schon ihren Pelzmantel. Als sie an St. Patrick’s vorbeikamen, sah Tom auf den breiten Steinstufen eine abgehärmte Frau mit einem Schal um den Kopf, an der Hand ein Kind, einen kleinen

Weitere Kostenlose Bücher