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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Theater.«
    »Okay«, meinte sie gelassen.
»Aber wir sollten die Verabredung lieber für abends treffen, dein Nachmittag
ist schon vergeben.«
    »Wovon redest du da?«
    »Auf Befehl der Königin«,
kicherte Fran. »Punkt 15 Uhr wird sich Mr. Boyd im Waldorf einfinden.«
    »Donna Alberta?«
    »Wer sonst? Du steigst in ihrer
Achtung — sie hat sogar selber angerufen.«
    »Ob ich ihr etwas vorsingen
soll?« sagte ich verträumt. »Ich wußte ja schon immer, daß es sich eines Tages
auszahlen würde immer Pizza zu essen wie die italienischen Tenöre.«
    »Ich meine eher, es ist nur
eine Matinee vorgesehen«, sagte Fran kühl. »Oder ein One Night Stand vielleicht?«
     
     
     

5
     
    Ich benutzte den Eingang von
der 50sten Straße aus und sann während der Fahrt im Aufzug darüber nach, wie
schön es doch wäre, wenn man so eine Waldorf-Astoria-Suite sein Heim
nennen könnte. Zum Beispiel, wenn man mit einem alten Freund von auswärts durch
New York bummelte, konnte man auf der anderen Straßenseite lässig einen Finger
heben und sagen: »Siehst du, da wohne ich.«
    Die Wirklichkeit, die rauhe , umfing mich schlagartig wieder, als die Tür aufging
und Helen Mills vor mir stand. Ihre Lippen waren in strikter Ablehnung meiner
Person zusammengepreßt, und es glitzerte nicht mal hinter den dicken Gläsern.
Ihre ganze Haltung besagte, daß heute Müllabfuhrtag sei, und wie es denn komme,
daß der Unrat neuerdings angeliefert statt abgeholt werde?
    Ich hatte schon einen harten
Tag hinter mir und keinen Bedarf für Nervensägen wie Helen Mills.
    »Wie wär’s, wenn ich noch mal
weggehe und wiederkomme?« schnarrte ich.
    »Bitte treten Sie ein, Mr.
Boyd«, sagte sie. Ihre Mundwinkel senkten sich merklich. »Sie werden erwartet.«
    Ich folgte ihr ins Wohnzimmer,
wo sie mir einen Platz anbot.
    »Miss Alberta wird gleich da
sein«, verkündete sie im gleichen abweisenden Tonfall.
    »Das ist aber fein«, sagte ich.
»Da können wir ja die Pause mit ein bißchen Unterhaltung überbrücken. Und
plaudern Sie recht munter, ich habe einen bösen Tag erwischt.«
    »Es gibt nichts, worüber wir
uns zu unterhalten hätten, Mr. Boyd.«
    »Sie haben sich aber sehr
verändert, Helen«, sagte ich traurig. »Ich kann mich an Zeiten erinnern, da Sie
in meine Wohnung geeilt kamen, selbst wenn Sie nur ein Viertelstündchen Zeit
hatten.«
    »Hören Sie auf«, sagte sie
zornig.
    »Ah!« Ich seufzte wie ein
heimwehkranker Seemann. »Was hatten wir doch für Spaß miteinander, Helen!
Herzerfrischenden, urwüchsigen Spaß — als Sie zum Beispiel ausholten und mich
ohrfeigten und ich...«
    »Halten Sie den Mund!« zischte
sie. »Sie kann Sie hören!«
    Wie aufs Stichwort wandelte Donna
Alberta gemessenen Schrittes ins Zimmer. Ich erhob mich unwillkürlich, so sehr
beeindruckte sie mich. Sie hatte das dichte silberblonde Haar fallen lassen,
und nun hing es zehn Zentimeter über ihre Schultern herab und vollendete das
Bild einer Wagnersängerin. Sie trug ein Negligé aus schwerer Seide, das bei
jedem Schritt vernehmlich raschelte und dabei die formvollendeten Kurven von
der Hüfte abwärts deutlich erkennen ließ. Die Seide war von schimmerndem Purpur
und weiter oben so passend geschneidert, daß jede Einzelheit des majestätischen
Busens klar zutage trat.
    Ich spürte die ohnmächtige Wut,
die neben mir in Helen Mills kochte, aber ich konnte meinen Blick nicht von
Donna Alberta wenden. Ihr Negligé schien wichtige intime Geheimnisse zu
flüstern, während sie näherkam. Sie war eine Göttin, eine Walküre, gekommen, um
jene Helden auszuwählen, die in der Schlacht sterben sollten. In diesem
Augenblick hätte ich mich beinahe freiwillig gemeldet.
    Zwei Schritte vor mir blieb sie
stehen und lächelte strahlend.
    »Mr. Boyd.« Ihre Stimme klang
ein bißchen tiefer als sonst und floß wie Öl. »Wie nett, daß Sie gekommen
sind.«
    »Das Vergnügen ist ganz
meinerseits, Miss Alberta«, stotterte ich.
    »Bitte, setzen Sie sich doch
wieder.« Sie wies auf die Couch und ignorierte den Sessel in meinem Rücken.
    Ein leises Zischgeräusch drang
aus der Richtung von Helen Mills, als sei bei ihr soeben das Sicherheitsventil
in Aktion getreten. Ich riskierte einen kurzen Blick und sah, daß ihr Gesicht
jegliche Farbe verloren hatte, ihre Züge waren derart gespannt, als leide sie
körperlichen Schmerz. Ihre vergrößerten Augen schienen zu bluten.
    Donna Alberta wandte langsam
den Kopf, als bemerke sie erst jetzt, daß ihre Sekretärin überhaupt im

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