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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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wechselte
rasch von rosa zu tiefen Purpur; über ihre Augen schien sich ein Schleier zu legen.
Sie stöhnte auf, erst leise, dann immer vernehmlicher, bis schließlich ein
ohrenbetäubendes Geschrei draus wurde, wie eben nur eine Primadonna es zuwege
bringt.
    Ihr ganzer Körper bebte und
krümmte sich, sie warf sich auf der Couch herum, bis sie schließlich auf den
Boden rollte. Dort blieb sie liegen und bearbeitete den Fußboden mit den
Fersen, dann drehte sie sich um und begann, Fetzen aus dem Teppich zu reißen.
    Etwa zu diesem Zeitpunkt hatte
ich den Weg zur Küche ausfindig gemacht. Dort füllte ich eine überdimensionale
Vase mit kaltem Wasser, ging ins Wohnzimmer zurück und goß es ihr über den
Kopf. Das heilte ihre Hysterie auf einen Schlag, und zwei bange Sekunden lang
fürchtete ich schon, sie umgebracht zu haben. Aber ich hätte wissen müssen, daß
sie unverwüstlich war.
    Es folgte jene unangenehme
Stille, die einen Zeitungskolumnisten durch ganz Europa begleitet. Donna erhob
sich im Zeitlupentempo auf Hände und Knie, ruhte so ein Weilchen aus und
bemühte sich dann wieder in die Vertikale. Das Negligé hatte seine Dienste
getreulich geleistet, für und auch gegen die Moral, aber nun spielte es nicht
mehr mit. Mit einem raschelnden Seufzer rutschte es abwärts und häufte sich
gekränkt um ihre Knöchel.
    Donna wandte bedächtig ihr
Haupt und betrachtete mich. Das durchnäßte silberblonde Haar klebte an ihrem Kopf, und ihr verschwollenes Gesicht war voll
dunkler Flecken. Aus ihren blauen Augen sprühte Haß.
    »Ich hoffe nur, daß Sie mitsamt
Ihrer Mörderin gründlich hereinfallen, Danny«, sagte sie. »Und ihr Komplice auch.
Sie brauchte ja einen, der bei Helen den Hund abholen mußte, erinnern Sie sich?
Und sie brauchte auch jemanden, der die Polizei wegen des Mordes an Paul
benachrichtigte.«
    »Weshalb sind Sie so überzeugt,
daß es Margot war?« fragte ich.
    »Sie verstehen wohl nicht viel
von Frauen?« fragte sie. »Auch nicht von der Oper — wo die Primadonna die
Königin des Ensembles ist. Ihre Wünsche gelten als Befehl, Danny. Es gehört zur
Tradition, daß sie so auftritt — und daß alle anderen sie hassen. Am meisten
wird sie freilich von den Chargensängerinnen gehaßt .«
    »Sehr interessant«, sagte ich.
»Aber es beweist gar nichts.«
    »Margot ist die einzige andere
weibliche Hauptfigur in dieser Inszenierung«, fuhr Donna kalt fort. »Daher
beschloß sie, die Primadonna auszustechen, indem sie sich Kendall an den Hals
warf. Dadurch, so erhoffte sie sich, werde der Produzent mehr auf sie als auf
mich hören.« Sie lachte gehässig. »Man mußte ihr eine Lektion erteilen, und
genau das habe ich getan — ich habe ihr Kendall sozusagen aus dem Bett geholt.
Ich verabreichte ihm nur eine winzige Kostprobe wahrer Leidenschaft — und dann
wußte er gar nicht mehr, daß Margot überhaupt existierte. Ich brachte sie an
den Rand des Wahnsinns. Ich sah, wie es jeden Tag schlimmer mit ihr wurde, wie
die Eifersucht sie innerlich verzehrte. Und dann Tybolt — dieser dicke, überhebliche Dummkopf! Die ganze Zeit verschlang er mich mit
seinen Schweinsäuglein und faßte mich mit seinen feuchten Händen an. Ich
erinnere mich an die Szene, als wir erstmals den Tanz der sieben Schleier
probten. Ich habe ihm ins Gesicht gespuckt — und seine Ahnen beschimpft bis
zurück zu einem liederlichen Schweinehirten und einer Dirne aus Neapel!«
    »Ich kann mir denken, daß Ihre
Memoiren eine feine Lektüre abgeben werden, Donna, aber beweisen tut das alles
nichts«, erklärte ich ihr.
    »Ich werde die Beweise finden«,
sagte sie eisig. »Ich werde sie dem Leutnant liefern — und wenn ich alles
selber tun muß! Sie sind der einzige Mann, der jemals eine andere einer Donna
Alberta vorgezogen hat, Danny!«
    Ihre Stimme sank zu einem
Flüstern herab. »Sie und diese Frau sind künftig mein besonderes Anliegen — ehe
ich mit euch fertig bin, werden Sie sich wünschen...«
    Eine Tür flog krachend zu,
Donna schwieg und lauschte den Schritten, die sich rasch näherten. Dann ließ
sie sich wieder auf die Couch fallen und hub erneut zu lamentieren an. Sie barg
den Kopf in beiden Händen — und in diesem Augenblick kam Helen Mills zur Tür
herein.
    Helen blieb wie angewurzelt
stehen, als sie die hüllenlose Diva auf der Couch erblickte; ihr Gesicht wurde
aschfahl. Unschlüssig zupften ihre Finger einen Augenblick am Rock, dann riß
sie den Kopf empor und blitzte mich vernichtend an.
    »Was haben Sie ihr

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