Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Kapitalverbrechen zu
beweisen, braucht man mehr — zum Beispiel Tatsachen, wissen Sie das nicht,
Boyd? Kein Polizist mit einem halbwegs klaren Menschenverstand wird sie auf
Grund der Dinge verhaften, die Sie mir da eben erzählt haben.«
    »Gewiß«, sagte ich
liebenswürdig. »Ich mache mir auch keine Sorgen, daß Chase etwas dergleichen
unternehmen könnte. Ich mache mir Ihretwegen Sorgen.«
    Er beäugte mich durch eine
Wolke Zigarettenrauch. »Wieso meinetwegen?«
    »Diese Margot Lynn ist eine
überaus nervöse Dame«, vertraute ich ihm an. »Wenn Chase sie erst richtig unter
Druck setzt, wird sie ihm meines Erachtens alles sagen, was sie weiß —
angefangen bei ihrem wahren Geburtsdatum.«
    »Na und?«
    »Und das, dachte ich mir, würde
Ihnen nicht gefallen, Earl«, sagte ich mitfühlend. »Sicher wundem sich schon
viele Leute, wieso es einem Mann mit Ihrem Ruf gelang, drei Spitzenstars der
Opernwelt zum Auftritt in einer Schmiere abseits vom Broadway zu überreden —
auf Ihre Rechnung.«
    »Die Antwort ist einfach«,
sagte er kalt. »Vielleicht zu einfach für einen Tropf wie Sie, Boyd. Ich kann
sie Ihnen in einem Wort sagen: >Geld<.«
    »So?« meinte ich unbeeindruckt.
    »Wenn Sie mir nicht glauben,
dann sehen Sie sich doch die Verträge an«, sagte Harvey mit plötzlich sanfter
Stimme. »Alle kriegen Spitzengagen — die Alberta sogar noch fünfzehn Prozent
der Bruttoeinnahmen! Beantwortet das Ihre Frage?«
    »Verstehen Sie mich bitte nicht
falsch, Earl«, bat ich. »Ich frage ja nicht aus Neugier — ich sage nur, daß
viele Leute sich schon sehr wundern. Und es bleibt Ihr Problem, ob Margot Lynn
nicht vielleicht doch noch eine andere Antwort parat hat.«
    »Wie wäre das möglich?« fragte
er steif.
    »Wie ich Ihnen bereits
sagte...« Ich zuckte die Schultern. »Wenn dieser Leutnant sie ernsthaft unter
Druck setzt, wird sie alles auspacken.«
    Harvey verfügte sich aus dem Sessel
zu dem imposanten Drehstuhl hinter seinem Schreibtisch. Sein Finger suchte
einen Augenblick nach dem richtigen Knopf der Gegensprechanlage, dann ertönte
die Stimme der Empfangsdame.
    »Marge«, knirschte er. »Treib
Benny auf und schick ihn rein, sofort.«
    Ich zündete mir eine Zigarette
an, während wir warteten und Harvey mich aufmerksam beobachtete, als sei er
besorgt, ich könne plötzlich mit den Fingern schnalzen und mich in Luft
auflösen.
    Es pochte reserviert an der
Tür, dann betrat ein langer geschmeidiger Kerl den Raum.
    »Dies ist ein Privatdetektiv
namens Boyd«, erklärte Harvey ohne jede Betonung. »Er hat da ein Problem, das
seiner Meinung nach eigentlich meins ist. Erzählen Sie es Benny, Boyd.«
    Benny war etwa 25, und unter
seinem Anzug wölbte sich jede Menge Muskeln. Die langen blonden Haare glänzten,
sie waren sorgsam eingeölt, damit die Wellen schön erhalten blieben. Die
Sonnenbräune war makellos und nicht zu tief. Seine Augen hatten eine helles
ausgewaschenes Blau und blickten mich seltsam kalt und leblos an.
    »Erklären Sie es ihm, Earl«,
schlug ich vor. »Er ist Ihr Mann.«
    Benny befeuchtete seine dicken
Lippen mit der Zungenspitze und trat mir erwartungsvoll einen Schritt näher.
    »Okay«, sagte Harvey
unvermittelt. »Wenn Sie wollen, erzähle ich es ihm.«
    Er wiederholte das Wichtigste
dessen, was ich ihm vorgetragen hatte. Benny hörte aufmerksam zu, als lausche
er der Stimme des Führers aus dem All.
    »Das wär’s wohl«, schloß
Harvey. Er trommelte einen Augenblick auf der Schreibtischplatte. »Glaubst du, er
führt etwas gegen mich im Schilde, Benny?«
    Die vollen Lippen verzogen sich
zu einem Lächeln. »Das möchte ich nicht sagen, Mr. Harvey«, sagte er sanft.
»Kein Mensch, nicht mal ein Tropf wie dieser Boyd, könnte so dumm sein.«
    »Vielleicht hast du recht, Benny«,
sagte Harvey weinerlich. »Aber heutzutage kann man sich ja wirklich auf nichts
mehr verlassen.«
    Benny trat noch einen Schritt
näher, er lächelte immer noch. »Die Welt ist groß und rund, Mr. Harvey«, sagte
er, ohne ihn anzusehen. »Und sie bietet Platz für jedermann, in Eintracht mit
seinen Nächsten zu leben, wie ich zu sagen pflege. Stimmt’s, Boyd?«
    Ich konnte mir keinen Nutzen
aus der Mühe errechnen, mir darauf eine Antwort zu überlegen, deshalb ließ ich’s
bleiben. Sein rechter Arm zuckte blitzschnell vor, und die ausgestreckten
Finger bohrten sich schmerzhaft in meine Magengrube. Drinnen explodierte der
Schmerz und verbreitete sich mit atemberaubender Geschwindigkeit in

Weitere Kostenlose Bücher