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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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sie schließlich halberstickt.
    »Das ist doch gar kein
Orangensaft«, sagte ich vorwurfsvoll. »Mit diesem Zeug putze ich mein Silber.«
    Einen Augenblick lang
erbleichte sie, dann kam der Cocktail erst richtig bei ihr an und verlieh ihren
Augen einen bewundernden Ausdruck. »Ich glaube, ich könnte noch einen Schluck
davon vertragen«, sagte sie beiläufig. Ihre Hand war vor meiner am Henkel des
Saftkrugs.
    Ich versuchte, ihr mit einer
Tasse Kaffee Gesellschaft zu leisten, und war kaum damit fertig, da hatte sie
den ganzen verdammten Krug geleert.
    »Das Zeug ist phantastisch,
Danny-boy!« erklärte sie strahlend. »Du mußt mir das Rezept verraten.« Sie hob
die Arme über den Kopf und streckte sich wonnig. »Ich fühle mich wunderbar!«
    »Jetzt mußt du auch essen«,
drängte ich. »Im Kühlschrank ist noch etwas, glaube ich.«
    »Kaffee genügt mir«, meinte
sie.
    Die zweite Tasse schmeckte mir
besser, und ich sagte mir, daß ich vielleicht zur Not auch ohne die Vitamine
leben könnte — worauf ich mir zum Kaffee eine Zigarette anzündete. Dann empfand
ich das unangenehme Gefühl, daß ich beobachtet wurde. Ich hob den Kopf und
starrte in Margots Augen, deren Blicke sich ebenso glitzernd wie intensiv in
meine bohrten.
    »Danny«, sprach sie kehlig , »jetzt verfüge ich über so viel Vitamine. Soll man
sie nutzlos verkommen lassen?«
    »Angeberin!« knurrte ich.
    Ihr Lächeln war viel zu
strahlend für halb zehn Uhr morgens. »Sei kein Spielverderber, Danny-boy. Danny
der Denker, der gute alte Spätbrenner! Komm, wir wollen den lustigen kleinen
Vitaminkobolden ihren Willen lassen.«
    »Hör schon mit dem Unsinn auf.
Du verwechselst einen gewaltigen Schuß Gin mit Vitaminen. Du hast zwar Kalorien
konsumiert, und das täuscht dir Energie vor — aber es steckt keine Kraft
dahinter. Trink ‘ne Tasse Kaffee!«
    »Morgens bist du ja richtig
romantisch«, sagte sie sauer.
    »Ich habe zu tun«, erläuterte
ich. »Das Denken gestern abend hat mich tausend von
deinen Möpsen gekostet. Die muß ich mir jetzt wieder verdienen.«
    »Deshalb bist du so frisch
gebügelt angezogen?« fragte sie schlau.
    »Genau«, erwiderte ich
geduldig. »Bleib schön brav sitzen und trink deinen Kaffee, ja?«
    Ich ging ins Wohnzimmer und
rief im Büro an. Fran meldete sich mit jener kühlen, scheinbar gelangweilten
Stimme, die mich stets alle Wirbel einzeln spüren läßt.
    »Irgendwo in dieser großen
Stadt«, sprach ich feierlich, »liegt ein einsames Weib in einem
Krankenhausbett. Diese Dame heißt Marge Harvey, und ich halte sie für die
ältere Schwester von Meckie Messer. Sie liegt seit
einem oder anderthalb Tagen mit Verdacht auf Lungenentzündung im Krankenhaus.«
    »Du hast sie in der Kälte
draußen vor der Tür stehenlassen?« meinte Fran traurig. »Mr. Boyd, ich bin
überrascht!«
    »Ich habe sie im Liebestunnel
sitzenlassen«, sagte ich heiter. »Aber das glaubst du mir ja doch nicht.«
    »Wenn ich glaube, was gestern abend in der Oper passiert ist, dann kann ich das
andere wohl auch glauben«, meinte Fran. »Es muß ein toller Abend gewesen sein.«
    »Ich erzähle dir alles, Süße,
aber nicht jetzt«, sagte ich ungeduldig. »Diese Marge Harvey ist wichtig für
mich, Fran, du mußt herauskriegen, wo sie liegt. Erkundige dich dann im
Krankenhaus, ob ich sie irgendwann mittags sprechen kann. Wenn die Leute
Schwierigkeiten machen, erzähl ihnen, ich sei ihr Anwalt, und sie müsse mir
unbedingt ein Schriftstück unterzeichnen. Laß dir irgend
etwas einfallen, Hauptsache, es klappt.«
    »Okay. Wo kann ich dich
erreichen?«
    »Nicht nötig«, sagte ich. »Ich
komme gegen halb zwölf ins Büro.«
    Ich holte die .38er Masterpiece
samt Halfter aus der Schublade und verwahrte beides unter dem Jackett. Ich
glaubte zwar nicht, daß ich sie brauchen würde. Es war nur eine
Vorsichtsmaßnahme für den Fall, daß Earl Harvey Dummheiten beging. Auf dem Weg
aus der Wohnung schaute ich noch mal zur Küche hinein.
    Margot trank Kaffee und blickte
recht mürrisch drein.
    »Und was ist mit meinem
Schutz?« fragte sie eisig.
    »Schließ die Tür zu, wenn ich
weg bin«, sagte ich. »Und öffne niemandem. Ich hab’ einen Schlüssel.«
    »Der Jammer ist nur, daß du
kein Herz hast«, sagte sie dumpf. »Was hast du nur gegen Kalorien?«
     
    Eine halbe Stunde danach
öffnete mir Helen Mills die Tür zur Waldorf- Suite, und ihre Augen
gefroren, sobald sie mich erkannte.
    »Miss Alberta empfängt heute nicht«,
erklärte sie mit ihrer

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