Der Mann im Karton
bitte?«
»Er hat dir von der Erpressung
erzählt«, fuhr sie langsam fort. »Du hast es Harvey gesagt, und er hat Rex
umgebracht, um sicherzugehen, daß er nicht noch mehr redet.«
»Na und?«
»Und deshalb habe ich es mir überlegt«,
flüsterte sie. »Ich werde nichts unterschreiben, Danny, so leid es mir tut.«
»Das ist doch nicht dein
Ernst?«
Ihre Augen öffneten sich und
sahen mich unverwandt an. »Noch nie im Leben habe ich es so ernstgemeint wie
jetzt.«
»Und was ist aus deinem
Gewissen geworden? Von diesem >Gerechtigkeit geht vor Karriere<, das du
mir in deiner Garderobe vorgemacht hast?«
»Mein Gewissen ist vor lauter
Angst tot umgefallen, als es Rex Tybolts Kopf auf der
Bühne neben Donna liegen sah.« Sie schüttelte sich. »Das wird mich bis an mein
seliges Ende verfolgen.«
»Wenn du aussagst, brauchst du
dir Harveys wegen keine Sorgen mehr zu machen. Man wird ihn auf der Stelle
einsperren«, erklärte ich ihr.
Aber Margot schüttelte den
Kopf. »Das Risiko ist mir zu groß. Paul Kendall wurde der Hals durchgeschnitten
und Rex gleich der ganze Kopf abgehackt!« Sie erschauerte. »Ich möchte nicht
die Nächste sein.«
»Ist das endgültig?«
»Es tut mir wirklich leid,
Danny, aber dabei bleibt’s«, sagte sie leise, doch entschlossen.
Ich stand auf und trat an den
Tisch, wo ich sorgfältig mein Glas auf füllte.
»Danny?« In ihrer Stimme
schwang eine Frage.
»Ich rufe dir ein Taxi«, sagte
ich grimmig.
»Bist du mir jetzt böse?«
»Aber warum sollte ich dir böse
sein, Süße?« Ich wirbelte herum und starrte sie mörderisch an. »Du hast mich
beauftragt, den Mörder zu finden. Das hat mich beinahe selbst den Kopf
gekostet, ich habe mich von einem Strolch wie Benny verhauen lassen — und nun
läßt du mich im Stich, obwohl wir nichts weiter benötigen als deine Zeugenaussage.«
Ich entblößte mein Gebiß. »Ich bin dir nicht böse, liebste Margot — ich bin
außerordentlich und maßlos wütend auf dich! Ich könnte jeden Augenblick
anfangen, dir die Zähne einzuschlagen, und du hättest es verdient. Du solltest
lieber verschwinden, solange du noch heil bist!«
Sie setzte sich kerzengerade
auf, ihre Augen weiteten sich furchtsam. »Ich gehe nirgends hin«, erklärte sie
nervös. »Du wirst nicht mehr von meiner Seite weichen, hast du das vergessen?«
»Ich habe es mir überlegt«,
sagte ich kühl. »Ganz einfach. Wie du’s dir auch überlegst — oder hast du das
vergessen?«
»Das kannst du doch nicht
machen!« jammerte sie. »Du wirst es nicht wagen...«
»Hör zu, Dumme, ich habe den
Mörder gefunden, folglich schuldest du mir weitere tausend Dollar. Davon
abgesehen, bin ich mit dir fertig. Es ist aus und vorbei, kapiert?«
»Aber ich gehe nicht!«
»Du kannst gehen oder dich
hinauswerfen lassen«, belehrte ich sie. »Ganz wie du willst, mir ist es egal.«
Margot sah mich an, und ihre
Unterlippe zitterte; dann stand sie langsam auf.
»Gut«, flüsterte sie. »Hast du
etwas dagegen, wenn ich erst noch mal ins Bad gehe?«
»Nicht das geringste«, sagte
ich kalt.
Sie verschwand mit
hocherhobenem Kopf im Badezimmer, ganz Würde und pathetische Verzweiflung. Als
sie weg war, überlegte ich, ob sich eben mal wieder der Schurke offenbarte, den
irgendeiner meiner Ahnen mir vererbt haben muß. Ich leerte das Glas fast mit
einem Zug und sagte mir dann, zum Teufel auch — schließlich zahlte ich Margot
ja nur mit gleicher Münze heim, was sie mir antat.
Ich setzte das Glas gerade
wieder an, um meinen Ahnen stumm zuzuprosten, da ging die Badezimmertür auf und
Margot kehrte zurück.
Mir rutschte das Glas durch die
Finger und kullerte über den Teppich, ihn jammervollerweise mit meinem guten Bourbon
tränkend. Margot sandte mir einen kurzen und verächtlichen Blick herüber und
marschierte weiter.
»He!« erhob ich energisch
Einspruch. »Wo hast du denn deine Sachen gelassen?«
Sie wandte mir ihre Kehrseite
zu und steuerte geradewegs das Schlafzimmer an. Ehe sie die Tür schloß, steckte
sie den Kopf noch einen Augenblick heraus und lächelte mich bezaubernd an.
»Gute Nacht, Danny«, hauchte sie aus rauchiger Kehle. Und dann schloß sie fest
und treu die Tür.
Meine völlige Lähmung währte etwa
fünf Sekunden, dann schmorte der Teppich auf der geraden Linie, über die ich
zum Schlafzimmer stob. Ich riß die Tür fast aus den Angeln und bremste erst
neben dem Bett.
Margot hüllte sich dekorativ in
die Decke und lächelte wohlig. »Hast du etwas vergessen,
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