Der Mann im Labyrinth
wie betrunken, weil sie nicht wußte, in welche Richtung sie sich bewegen sollte. Doch ebenso schnell gewann sie ihr Gleichgewicht wieder. Sie war nun von jeglichem Kontakt mit ihrer Umgebung abgeschnitten und achtete daher auch nicht auf die sirenenhaften Lockrufe des Störfelds, das ihre Vorgängerin verleitet hatte, in den Wirkungsbereich des Schmetterkolbens zu treten. Die Phalanx der Sondierungsroboter, die als Nachfolger bereitstanden, befand sich außerhalb der Gefahrenzone dieser Falle, ihre Optiken übermittelten aber gleichzeitig dem Zentralcomputer ein klares und einwandfreies Bild von der Szene. Die Datenbank rechnete eingedenk des trügerischen Wegs der letzten Drohne einen neuen Pfad aus, der an dem gefährlichen Kolben vorbeiführte. Wenige Augenblicke später setzte sich die blinde Drohne endgültig in Bewegung. Innere Impulse leiteten sie. Da sie über keinerlei Feedback aus ihrer Umgebung verfügte, war sie vollkommen auf die Anweisungen des Computers angewiesen, der sie mit winzigen Schritten vorschob, bis sie die Gefahrenquelle sicher umrundet hatte. Dann durfte sie ihre Sensoren wieder einschalten. Um den Vorgang noch einmal zu überprüfen, schickte Hosteen einen zweiten Roboter hinterher. Auch diese Maschine bewegte sich blind und wurde vom Zentralcomputer geführt. Und auch sie schaffte es. Danach rollte ein dritter Roboter los, der seine Sensoren eingeschaltet ließ und so unter den Einfluß des Störfelds geriet. Der Computer sollte ihn mit Impulsen an der Gefahr vorbeilotsen. Aber der Roboter ließ sich von den falschen Informationen aus dem Feld verleiten, drängte ungestüm der Pyramide entgegen und wurde pulverisiert.
„Also gut“, sagte Hosteen, „wenn wir einen Weg kennen, eine Maschine vorbeizulotsen, dann wird uns das auch mit einem Menschen gelingen. Er braucht nur die Augen zu schließen und sich ganz auf den Computer zu verlassen, der jeden einzelnen seiner Schritte vorherberechnet. Wir schaffen es.“
Die erste Drohne setzte sich wieder in Bewegung. Sie kam siebzehn Meter über die Stelle mit dem Störfeld hinaus, bis sie auf einem silbrigen Rost ihr Ende fand, aus dem unvermittelt zwei Elektroden stießen, die die Drohne in einem Flammenbad vergehen ließen. Rawlins sah mißgestimmt zu, wie der nächste Roboter der Elektrodenfalle ausweichen konnte und kurz darauf dem nächsten Hindernis zum Opfer fiel. Die verbliebenen Drohnen in der Phalanx warteten geduldig darauf, selbst an die Reihe zu kommen.
Nicht mehr lange, dann sind die Menschen dran, dachte Rawlins. Dann gehen wir hinein.
Er schaltete sein Terminal aus und marschierte zu Boardman hinüber.
„Wie sieht es denn bis jetzt aus?“ wollte er wissen.
„Schwierig, aber nicht unmöglich“, sagte Boardman. „Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, daß es überall so schlimm ist.“
„Und wenn doch?“
„Uns werden die Drohnen schon nicht ausgehen. Wir erkunden jede Ecke im Labyrinth, bis wir festgestellt haben, wo all die Fallen angebracht sind. Und danach brechen wir selbst auf.“
„Gehen Sie selbst auch hinein, Charles?“ fragte Rawlins.
„Natürlich, genau wie Sie.“
„Und wie stehen die Chancen, gesund wieder herauszukommen?“
„Sehr gut“, sagte Boardman. „Andernfalls glaube ich kaum, daß ich dabei persönlich mitmachen würde. Natürlich bleibt es ein gefährlicher Marsch, Ned, aber deswegen braucht einem noch nicht das Herz schwer zu werden. Wir haben doch gerade erst damit begonnen, das Labyrinth auszukundschaften. In ein paar Tagen kennen wir es sicher gut genug.“
Rawlins dachte einen Augenblick darüber nach. „Muller hatte keine Drohnen“, sagte er schließlich. „Wie ist er nur an all den Fallen vorbeigekommen?“
„Ich weiß es nicht“, sagte Boardman halblaut, „ich kann mir nur vorstellen, daß er unglaublich viel Glück gehabt hat.“
Drei
Im Zentrum des Labyrinths verfolgte Muller auf den trüben Übertragungsschirmen die Ereignisse in den Außenzonen. Er entdeckte, daß sie irgendwelche Roboter hineinschickten. Eine nach der anderen wurden die Maschinen recht brutal ausgeschaltet. Aber jeder neue Roboter drang ein paar Meter weiter in das Labyrinth ein. Aus unaufhörlichen Versuchen und aus jedem Fehlschlag hatten die Eindringlinge gelernt, wie die richtige Route durch Zone H verlief. Mittlerweile hatten sie die schon durchquert und befanden sich weit in G. Muller war auf eine effektive Verteidigung eingerichtet, falls die Roboter die inneren Zonen
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