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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sein.
    Er beobachtete Muller, der kräftig voranschritt. Ein großer, stolzer Mann, von dem alle Anspannung gewichen war, der alle Zweifel über Bord geworfen hatte. Und Ned fragte sich tausendmal, warum Muller die Waffe zurückgegeben hatte.
    Boardman erklärte es ihm schließlich, als sie auf einem nicht ungefährlichen Platz am Ende von Zone G ihr Nachtlager aufschlugen.
    „Sehen Sie mich an“, sagte Boardman. „Was ist denn los mit Ihnen? Warum weichen Sie ständig meinem Blick aus?“
    „Spielen Sie nicht mit mir, Charles. Machen Sie es kurz.“
    „Was kurz machen?“
    „Die Standpauke. Die Bestrafung.“
    „Das ist schon in Ordnung, Ned. Sie haben uns geholfen, das zu bekommen, was wir wollten. Warum sollte ich Ihnen da Vorwürfe machen?“
    „Aber die Waffe … ich habe ihm die Pistole gegeben …“
    „Sie scheinen es immer noch nicht begriffen zu haben, der Zweck heiligt die Mittel. Er kommt mit uns. Muller tut das, was wir von ihm erwarten. Das allein zählt, mehr nicht.“
    Stockend fragte Rawlins: „Und wenn er sich erschossen hätte … oder uns?“
    „Er hätte weder noch getan.“
    „Das können Sie jetzt leicht sagen. Aber in dem Moment, als er die Waffe in der Hand hielt …“
    „Nein“, sagte Boardman. „Ich habe Ihnen doch früher schon erklärt, daß wir den Hebel an seinem Ehrgefühl ansetzen wollten. Wir mußten es einfach wecken. Und das haben Sie bewerkstelligt. Es war doch so, hier stand ich, der skrupellose Agent einer brutalen und amoralischen Gesellschaft, nicht wahr? Und ich war und bin die lebende Bestätigung für alle Negativgefühle, die Muller der Menschheit gegenüber hegt. Warum sollte er einem Rudel Wölfe helfen? Und dort stehen Sie, ein junger und unschuldiger Mann, voller Hoffnungen und Träume. Sie erinnerten und erinnern ihn an die Menschheit, für die er einmal gearbeitet hat, bevor der Zynismus ihn befiel. Auf Ihre ungeschickte Art versuchen Sie, in einer Welt moralisch zu sein, in der Moral und Wohlwollen ihren Wert verloren haben. Sie demonstrieren Sympathie, Liebe für den Nächsten und den Willen, um der Gerechtigkeit willen sich selbst hintanzustellen. Sie beweisen Muller, daß er immer noch Hoffnung in die Menschheit haben kann. Verstehen Sie? Sie leisten mir Widerstand, indem Sie ihm eine Waffe geben und damit den Spieß umdrehen. Er konnte in jenem Moment das tun, was wir als naheliegend angesehen hätten und uns niederschießen. Er konnte etwas nicht ganz so Naheliegendes tun und sich selbst umbringen. Oder er konnte Ihrer Geste auf gleicher Ebene begegnen und selbst etwas Ehrenvolles tun, nämlich sich aus freien Stücken mit uns zusammentun und so seinen wiedererwachten Sinn für die Überlegenheit des moralisch Handelnden demonstrieren. Und er hat sich für letzteres entschieden. Er warf die Pistole fort. Und Sie waren der Auslöser dazu. Sie waren der Hebel, über den wir ihn gewonnen haben.“
    „Aus Ihrem Mund klingt es so häßlich, Charles. Als wenn Sie das selbst vorausgeplant hätten. Als ob Sie mich vorsätzlich so weit gebracht hätten, ihm eine Waffe zu geben, weil Sie genau wußten …“
    Boardman lächelte nur.
    „Haben Sie das wirklich?“ fragte Rawlins plötzlich. „Nein, selbst Sie hätten solche Wendungen und Überraschungen nicht vorausberechnen können. Jetzt, wo alles so gekommen ist, versuchen Sie einfach, sich als denjenigen hinzustellen, der im Hintergrund die Fäden gezogen hat. Aber ich habe Sie in dem Augenblick beobachtet, als ich Muller die Waffe gab. Angst stand unübersehbar in Ihrem Gesicht geschrieben, und Wut. Sie waren sich überhaupt nicht sicher, was Muller danach tun würde. Erst nachdem sich alles zum Guten gewendet hatte, konnten Sie sich hinstellen und behaupten, es sei alles gemäß Ihrem Plan verlaufen. Ich durchschaue Sie, Charles!“
    „Wie amüsant, so durchschaubar zu sein“, sagte Boardman lächelnd.
     
     
4
     
    Das Labyrinth schien kein Interesse mehr daran zu haben, sie zu vernichten. Behutsam schlugen sie sich nach draußen durch, gerieten dabei aber nur selten in Gefahr. Bald konnten sie das Schiff besteigen.
    Muller wurde eine Kabine im vorderen Teil des Schiffes gegeben, ein gutes Stück von den Mannschaftsquartieren entfernt. Er schien einzusehen, daß diese Maßnahme unumgänglich war, und zeigte sich in keiner Weise verletzt oder beleidigt. Muller zog sich zurück und zeigte sich wortkarg und in sich gekehrt. Oft stand ein ironisches Lächeln auf seinen Lippen, und ein Funke des

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