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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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daraus einen Vorwurf machen? Viel entscheidender sind meine Grundsätze. Und die sehen so aus, daß ich lieber die Waffe gegen mich als auf Sie richten würde. Ich bin derjenige, der leiden muß. Und mit dieser Waffe kann ich dem ein Ende machen.“
    „Sie hätten jederzeit in den vergangenen neun Jahren Schluß machen können“, bemerkte Boardman. „Aber Sie sind am Leben geblieben. Sie haben Ihren Grips und Ihre Fähigkeiten konzentriert eingesetzt, um in diesem mörderischen Irrgarten zu überleben.“
    „Ja, sicher. Aber das war etwas ganz anderes! Eine eher abstrakte Herausforderung – Mensch gegen Labyrinth. Eine Erprobung meiner Geschicklichkeit. Meines Einfallsreichtums. Aber wenn ich mich jetzt umbringe, mache ich Ihnen einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Ich mache Ihnen eine lange Nase, während die gesamte Menschheit zuschaut. Ich bin unersetzlich, sagen Sie? Welche bessere Möglichkeit sollte es noch geben, der Menschheit mein Leid heimzuzahlen?“
    „Wir haben Ihr Leiden zutiefst bedauert“, sagte Boardman.
    „Ich kann mir lebhaft vorstellen, welche bitteren Tränen Sie um meinetwillen vergossen haben. Aber nicht mehr. Danach haben Sie mich vor die Hunde gehen lassen. Mich krank und zerstört wie einen Aussätzigen zurückgelassen. Nun aber kommt der Ausgleich dafür. Es ist nicht einfach Selbstmord, was ich begehen werde, sondern ich nehme Rache.“ Muller lächelte. Er stellte seine Waffe auf Feinbündelung und drückte die Mündung an seine Brust. Nur ein kleiner Fingerdruck jetzt. Sein Blick suchte ihre Gesichter ab. Die vier Bewaffneten schienen sich nicht viel aus der Sache zu machen. Rawlins wirkte vom Schock gelähmt. Nur Boardmans Gesicht zeigte Besorgnis und Angst. „Wahrscheinlich sollte ich zuerst Sie töten, Charles. Als kleine Lektion für unseren jungen Freund – der Lohn der Falschheit ist der Tod. Aber nein. Das würde alles verderben. Sie müssen am Leben bleiben, Charles. Damit Sie auf die Erde zurückkehren und dort erzählen können, daß Ihnen die unersetzliche Person durch die Finger geschlüpft ist. Was für ein häßlicher Fleck auf der Weste Ihrer Karriere! Bei der Ausführung des wichtigsten Auftrags versagt zu haben! Ja, haha! Das wäre mir ein außerordentliches Vergnügen. Ich sterbe hier und lasse Ihnen die Scherben zum Aufkehren zurück.“
    Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
    „Jetzt“, sagte er, „alles geht ganz rasch.“
    „Nein!“ schrie Boardman. „Um die Liebe zur …“
    „Menschheit“, sagte Muller und lachte. Und drückte nicht ab. Sein Arm sank wieder nach unten. Er warf die Waffe Boardman verächtlich zu. Sie landete knapp vor seinen Füßen.
    „Schaummasse!“ rief Boardman. „Schnell!“
    „Nicht nötig“, sagte Muller. „Ich mache mit.“

 
3
     
     
     
    Rawlins brauchte sehr lange, um alles zu begreifen. Zunächst stand aber ohnehin das Problem an, aus dem Labyrinth hinauszufinden. Selbst mit Muller als Führer war es keine einfache Aufgabe. Wie sie bereits erwartet hatten, war es nicht das gleiche, wenn man von innen kommend an den Fallen vorbei mußte. Vorsichtig führte Muller sie durch Zone E. Mit F kamen sie mittlerweile selbst ganz gut zurecht.
    Und nachdem sie ihr Camp abgebaut hatten, drangen sie nach G ein. Rawlins erwartete ständig, daß Muller plötzlich ausbrechen und sich in eine der gefährlichen Fallen stürzen würde. Aber er schien genauso wild darauf zu sein, das Labyrinth lebendig zu verlassen, wie die anderen auch. Boardman schien das seltsamerweise auch zu bemerken, denn obwohl er Muller keinen Moment aus den Augen ließ, ordnete er nicht an, ihn zu fesseln.
    Rawlins, der sich bewußt war, in Ungnade gefallen zu sein, hielt sich auf dem weitgehend schweigend durchgeführten Marsch nach draußen von den anderen zurück. Er machte sich nichts mehr vor, seine Karriere war beendet. Er hatte das Leben seiner Gefährten und den Erfolg der ganzen Mission in Gefahr gebracht. Andererseits spürte er, daß er richtig gehandelt hatte. Für jeden Mann kommt einmal der Moment, wo er aufstehen muß gegen das, was er als Unrecht empfindet.
    Seine reine moralische Genugtuung über sein Tun wurde jedoch von dem Wissen getrübt, daß er wieder einmal naiv, romantisch und töricht gehandelt hatte. Er konnte es in diesen Stunden nicht ertragen, Boardman ins Gesicht zu sehen. Er dachte mehr als einmal daran, sich einfach in eine Todesfalle der Außenzonen zu stürzen. Aber auch das würde naiv, romantisch und töricht

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