Der Mann mit dem Fagott
verstehe. Ich schrieb neue Lieder. Es entstanden gemeinsam mit meinem neuen Textdichter Michael Kunze »Griechischer Wein« und »Ein ehrenwertes Haus«, Lieder, die das Lebensgefühl der Zeit trafen wie kaum eines der Lieder, die ich zuvor geschrieben hatte. Michael Kunze hat das auf den Punkt gebracht, wonach ich in meinen Texten schon immer gesucht hatte. Er hatte die neue Sprache, von der ich immer geträumt hatte, das kritische Bewußtsein und gleichzeitig das Gefühl für das richtige Maß an Kommerzialität, das auch meine Musik kennzeichnete. Zwei Lieder, die ins Mark der Zeit trafen, und mit einem Schlag war ich wieder an der Spitze.
Aber drei Jahre später führte ich selbst durch meine Leichtgläubigkeit und Unachtsamkeit in Gelddingen die nächste große Krise herbei. Ich wohnte in Kitzbühel, verdiente das meiste meines Geldes aber in Deutschland, kümmerte mich nicht um meine Steuerangelegenheiten,
dachte, meine Finanzberater und mein Management würden das schon irgendwie für mich regeln. Bis eines Tages um 7 Uhr früh die Steuerfahndung bei mir in Kitzbühel vor der Tür stand, jede Schublade durchsuchte. Parallel wurde die Steuerbehörde in Deutschland tätig, und sowohl Österreich als auch Deutschland forderten jeweils den Steuerhöchstsatz von mir, insgesamt 126% meiner Einnahmen.
Die Presse war voll Häme. Es hieß, ich müsse ins Gefängnis, man werde mich beim nächsten Grenzübertritt verhaften und ähnliche »Wunschvorstellungen« des immer zynischer werdenden Boulevardjournalismus mehr. Auch wenn das meiste davon einfach nur Unsinn war, eines habe ich aus dem Schlamassel gelernt: Es war dringend an der Zeit, einiges an meinem Leben zu ändern und in klarere Bahnen zu bringen, denn natürlich trägt man letztendlich immer selbst die Verantwortung.
Gleichzeitig hatte die neue Jugendkultur in Deutschland begonnen, eine Art »Jugendwahn« hervorzubringen, dem meine Karriere entgegenstand. Immerhin war ich zu diesem Zeitpunkt bereits 44 Jahre alt. Schmerzlicherweise hatte ausgerechnet mein Manager Hans R. Beierlein auch in dieses Horn gestoßen, indem er immer wieder Interviews gegeben hatte, in denen er verkündete: »Bei mir wird es keinen Sänger geben, der älter als 40 Jahre ist und noch auf einer Bühne herumhüpft.« Er hat das mir persönlich gegenüber niemals ausgesprochen, aber ich wußte, es waren Botschaften, die besonders an mich gerichtet waren. Es wurde mir klar, daß ich diesem Abgesang etwas entgegenstellen mußte. Ich fühlte, daß ich noch nicht bereit war, zum »alten Eisen« zu gehören. Ich spürte, daß ich noch lange nicht am Ende meines Weges angekommen war, daß ich noch etwas zu sagen hatte. Und ich fühlte mich erst jetzt zum ersten Mal reif, beim Schreiben meiner Lieder hauptsächlich an den Konzertsaal zu denken, an das dafür erforderliche Repertoire, das in der Gesamtheit eines Programms eine ganz andere Wirkung entfaltet und anderen Gesetzen gehorchen muß als Lieder, die für die »Hitparaden« geschrieben wurden. Ich wurde mir zum ersten Mal der Tatsache bewußt, daß Erfolg in den Hitparaden und Erfolg im Konzertsaal zwei völlig verschiedene Dinge sind und daß Kommerzialität allein nicht genügt, um eine Karriere auf lange Zeit hin stabil zu halten.
Nach den vierzehn geradezu phantastisch erfolgreichen Jahren, die ich mit Hans R. Beierlein zusammengearbeitet hatte, spürte ich, daß die Zeit unausweichlich gekommen war, in der es galt, die Weichen in meinem Leben anders zu stellen. Es war ein für mich außerordentlich quälender Prozeß, aber ich mußte damit beginnen, mich zu emanzipieren, und als ich das begriffen hatte, tat ich es gründlich.
Ich habe die Trennung von Hans R. Beierlein vollzogen - und all die öffentlichen und gerichtlichen Schlammschlachten in Kauf genommen, die das mit sich brachte. Ich habe mich nach einem neuen Manager umgesehen, und ich fand ihn in Freddy Burger, einem jungen Schweizer, den ich als Konzertveranstalter meiner schweizer Konzerte als zuverlässig, besonnen, fair kennengelernt hatte. Er schien mir genau der richtige Mann zu sein, den ich brauchte: bodenständig, zuverlässig, respektvoll, bereit, den Weg, den ich für mich gewählt hatte, mit mir zu gehen und das, was ich bisher bereits erreicht hatte, auf ein solides Fundament zu stellen und weiter auszubauen.
Und mein Alter empfand er keineswegs als Makel, sondern im Gegenteil als für einen Musiker meiner Art geradezu ideal. Er machte mir von Anfang an sehr
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