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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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Leben zur Hölle machen, weil er seinen Vertrag gebrochen hatte.

5
     
    »Sie sind also Victor Grant«, sagte der fette, schnauzbärtige Vernehmer mit dem öligen schwarzen Haar zu Buchanan. Sie befanden sich in einem kleinen, kahlen Raum, der außer einer Bank und einem Stuhl nichts enthielt. Aus dem Mund des rundgesichtigen, schwitzenden Beamten klang der Name Victor Grant wie ein Wort für Durchfall.
    »Richtig.« Buchanans Kehle war so trocken, daß ihm die Stimme versagte, und sein Körper so dehydriert, daß er schon lange nicht mehr schwitzte. Das Seil, das ihn an den Stuhl fesselte, schnitt in die verletzte Schulter.
    »Sprich spanisch, verdammt!«
    »Aber ich kann nicht spanisch sprechen.« Buchanan holte Luft. »Wenigstens nicht besonders gut.« Er versuchte zu schlucken. In seiner neuen Rolle – das hatte er sich überlegt – sprach er kein Spanisch. Auf diese Weise konnte er stets so tun, als habe er die Fragen nicht verstanden.
    » Cabrón – Hurensohn! Mit dem Beamten auf dem Flughafen hast du spanisch gesprochen.«
    »Ja, das stimmt.« Buchanan ließ den Kopf hängen. »Aber nur ein paar Worte. Ein Spanisch für den Notfall.«
    »Notfall?« fragte ein Wachtposten mit tiefer Stimme, der hinter ihm stand. Er packte ihn am Schopf und riß ihm den Kopf nach hinten. »Wenn wir dir die Haare nicht ausreißen sollen, sprichst du jetzt spanisch – sonst wird es ein Notfall.«
    » Un poco – ein bißchen. Mehr kann ich nicht.«
    »Warum hast du die drei Männer in Cancún getötet?«
    »Wovon sprechen Sie? Ich habe niemanden getötet.«
    Der Dicke in der durchgeschwitzten Uniform stieß sich von der Sitzbank hoch, watschelte näher und hielt Buchanan ein Phantombild unter die Nase.
    »Kommt dir das bekannt vor?« knurrte er. »Mir schon. Es erinnert mich an dich. Wir haben einen Zeugen, sogar einen Landsmann von dir. Er hat gesehen, daß du die Männer getötet hast.«
    »Tut mir leid, ich weiß nicht, wovon Sie reden.« Buchanan sah ihn feindselig an. »Das Bild ähnelt mir vielleicht, ein paar hunderttausend anderen Amerikanern aber auch.« Er gönnte seiner heiseren Stimme eine Pause. »Ich gebe zu, vor ein paar Tagen in Cancún gewesen zu sein. Aber von diesen Morden weiß ich nichts.«
    »Du lügst!« Der Inquisitor holte mit einem Stück Gummischlauch aus und schlug Buchanan heftig auf den Bauch.
    Buchanan stöhnte auf, konnte sich aber wegen des Seils, mit dem er an den Stuhl gefesselt war, nicht zusammenkrümmen. Hätte er nicht gesehen, wie der Mann den Schlauch schwang, er hätte dem Schmerz nicht durch Muskelanspannung begegnen können. Er tat, als sei der Hieb schmerzhafter gewesen, kniff die Augen zusammen und warf den Kopf zurück.
    »Beleidige mich nicht!« schrie der Fettwanst. »Gib es zu! Du lügst!«
    »Nein«, murmelte Buchanan. »Ihr Zeuge lügt. Wenn es einen Zeugen gibt. Wie wäre das möglich? Ich habe niemanden getötet. Ich habe keine Ahnung von …«
    Der Beamte hielt Buchanans Reisepaß hoch und wiederholte im gleichen verächtlichen Ton wie vorher: »Victor Grant.«
    »Ja.«
    »Sogar das Paßbild ähnelt dem Phantombild.«
    »Das Phantombild taugt nichts«, widersprach Buchanan.
    »Welchen Beruf hast du?« Der Schlauch tippte gegen den Verband an Buchanans Schulter.
    Zusammenzuckend erzählte Buchanan seine Geschichte.
    Das Klopfen verstärkte sich. »Und was hattest du in Mexiko zu tun?«
    Buchanan nannte den Namen des Kunden, mit dem er angeblich gesprochen hatte. Die Wunde schwoll an, und bei jeder Berührung des Schlauchs wurden die Schmerzen schlimmer.
    »Du behauptest also, du bist geschäftlich hier und nicht zum Vergnügen?«
    »Ein Aufenthalt in Mexiko ist natürlich stets ein Vergnügen, stimmt’s?« Buchanan sah auf den Schlauch, der nun härter zuschlug. Bald würde er wieder ohnmächtig werden.
    »Warum hast du kein Geschäftsvisum?«
    »Weil ich erst kurz vor der Reise erfuhr, daß der Kunde meinen Besuch erwartet. Die Ausstellung eines Geschäftsvisums braucht Zeit. Also habe ich eine Touristenkarte genommen. Das ist viel einfacher.«
    Der Beamte stieß Buchanan mit dem Schlauchende unter das Kinn. »Du bist illegal nach Mexiko eingereist.«
    »Erst beschuldigen Sie mich, drei Männer getötet zu haben.« Das Atmen fiel ihm immer schwerer. »Nun werfen Sie mir vor, daß ich kein Geschäftsvisum habe. Was kommt als nächstes? Werden Sie mir vorwerfen, daß ich auf Ihren Fußboden gepinkelt habe? Denn das muß ich tun, wenn ich nicht gleich auf die Toilette

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