Der Mann mit den hundert Namen
erschossen hat, aber mein Bekannter hat es überlebt und ist weggerannt.«
»Logisch, daß der Überlebende für den Tod der anderen verantwortlich ist.«
»Ich bin nicht sicher.« Bailey fuhr sich mit der Pranke ungeschickt über den Nacken. »Ein amerikanisches Gericht würde sich dieser Logik nicht anschließen.«
»Wir sind hier in Mexiko. Ist das der Mann, der weggerannt ist?«
Bailey kniff die Augen zusammen. »Er hat jetzt andere Sachen an. Sein Haar ist blutverschmiert, sein Gesicht schmutzig. Er hat aufgeplatzte Lippen. Er ist unrasiert und sieht alles in allem mies aus. Er ähnelt meinem Bekannten höchstens.«
»Ähnelt nur? Können Sie das nicht genauer sagen, Señor Bailey? Denn je eher wir das klären, desto früher können Sie in Ihr Hotel zurückkehren.«
»Okay. Ich glaube, ja, er ist mein Bekannter.«
»Das stimmt nicht. Ich habe den Mann in meinem ganzen Leben nie gesehen.«
»Er behauptet, er hat dich in Kuwait und im Irak getroffen. Während des Golfkriegs.«
»Was für ein Unsinn!« Die Schmerzen in Buchanans Unterleib wurden stärker. Er biß sich auf die Lippen und fuhr gequält fort: »Und dann soll er mir in Cancún rein zufällig über den Weg gelaufen sein? Hören Sie, ich war nie in Kuwait oder im Irak, und ich kann es beweisen. Sie brauchen bloß die Stempel in meinem Paß zu prüfen. Der Kerl kennt sicher nicht mal meinen Namen.«
»Jim Crawford«, sagte Bailey wütend. »Aber Sie haben mich belogen. Sie haben gesagt, Sie heißen Ed Potter.«
»Jim Crawford? Ed Potter? Was soll das? Weiß dieser Kerl nicht einmal, daß ich Victor Grant heiße? Zeigen Sie ihm meinen Paß. Ich bin nicht der, für den er mich hält, und über die drei ermordeten Männer weiß ich auch nichts.«
»Meine Kollegen in Cancún ermitteln gegen einen Ed Potter. Angenommen, du hast Señor Bailey nicht angelogen, dann hast du dort Spuren hinterlassen. Irgendwo hast du gewohnt, hast deine Sachen untergebracht. Du mußt irgendwo geschlafen haben. Das kriegen wir heraus. Es gibt Leute, die dich dort getroffen haben. Diese Leute stellen wir dir gegenüber, und sie werden dich als Ed Potter identifizieren und Señor Baileys Aussage bestätigen.« Der Beamte bedrohte Buchanan wieder mit dem Schlauch. »Und dann wirst du uns erklären, warum du die drei Männer erschossen hast, einen Paß mit anderem Namen besitzt, und warum du so viele Namen benutzt.«
»Sollen sie ermitteln«, sagte Buchanan. »Sie können meinetwegen gegen Ed Potter ermitteln, wer immer er sein mag. Ich mache mir darüber keine Sorgen. Denn dieser Mann bin ich nicht. Das Schlimme ist nur, daß Sie Ihre Zeit vergeuden, während Sie mich hier zusammenschlagen. Aber Sie werden Ihr Ziel nicht erreichen, denn ich schwöre Ihnen, ich gestehe nichts, was ich nicht getan habe.« Er warf dem massigen, nervösen Texaner einen wütenden Blick zu. »Wie hat der Bulle Sie genannt? Bailey?«
Bailey verlor die Geduld. »Crawford, Sie wissen verdammt gut, daß Ihr Name …«
»Hören Sie auf, mich Crawford zu nennen. Oder Potter. Sie haben einen großen Fehler begangen, und wenn Ihr Gedächtnis nicht besser wird …«
Buchanan konnte abermals den Druck in der Blase nicht länger aushalten und wollte es auch nicht. Ihm fiel eine neue taktische Variante ein. Er ließ den Urin laufen und brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, daß er rot war.
Denn Bailey erbleichte, bedeckte den Mund mit der Hand und stotterte:
»Mein Gott … Sehen Sie … Er … Er ist …«
»Ja, Bailey, sehen Sie sich das genau an. Sie haben mich so in die Mangel genommen, daß innen etwas verletzt wurde. Und Sie tragen die Verantwortung, wenn sie mich umbringen, bevor sie merken, daß Sie sich geirrt haben.«
Bailey wurde noch bleicher.
»Dich umbringen? Das ist lächerlich«, unterbrach ihn der Beamte. »Offenbar hast du nicht nur an der Schulter und am Kopf Verletzungen. Das habe ich nicht gewußt. Sobald Señor Bailey dieses Dokument unterschrieben und dich identifiziert hat, kann er gehen, und ich lasse einen Arzt holen.«
Er schob Bailey einen Kugelschreiber und eine maschinengeschriebene Erklärung hin.
»Na los, unterschreiben Sie«, sagte Buchanan. »Und dann beten Sie, daß die Polizei den Irrtum merkt, bevor ich noch mehr geschlagen werde und soviel Blut verliere, daß … Wenn sie mich umbringen, sind Sie der nächste.«
»Wieso?« fragte Bailey. »Was soll das heißen?«
»Seien Sie nicht blöde, Bailey. Überlegen Sie mal. Man wird Ihnen die Schuld geben. Es
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