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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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kleinen Reisetasche, die er zusammen mit Körperpflegemitteln und ein paar Kleidungsstücken zum Wechseln vor der Abreise aus Florida gekauft hatte. Die Tasche enthielt auch die Pistole, die Jack Doyle ihm gegeben hatte. Davon wollte er Alan ebenfalls nichts erzählen.
    »Wenn die Behörden den Fall Victor Grant gründlich untersuchen würden«, fuhr Buchanan fort, »sollte ihnen nichts seltsam vorkommen. Stellen Sie sich vor: Sie haben meine Brieftasche, sie haben meinen Koffer – er liegt im Kofferraum des Wagens. Sie haben sämtlichen Besitz von Victor Grant. Es fehlen nur seine Leiche und sein Paß! So funktioniert das nicht. Ein guter Detektiv könnte auf den Gedanken kommen, daß Victor Grant seinen Tod vorgetäuscht hat und, den Paß in der Tasche, auf und davon ist. Mit dem einzigen Dokument, das er braucht, wenn er das Land verlassen will! Da er aber zusammen mit der Brieftasche in der Jacke steckt, haben die Behörden einen Verdachtspunkt weniger, über den sie sich den Kopf zerbrechen können.«
    »Clever, Buchanan«, sagte der andere. »Die Sache hat nur einen Haken.«
    »Welchen?«
    »Die Polizei hat ihn nicht gefunden.«
    »Was? Dann muß er weggeschwommen sein.«
    »Ohne die Brieftasche?«
    »He, die war schwerer. Woher soll ich wissen, wie das passiert ist? Mein Befehl lautete, Victor Grant verschwinden zu lassen. Ich habe ihn nach bestem Wissen und Gewissen befolgt.«
    Alan blickte ihn prüfend an. »Sie müssen hier unterschreiben und bestätigen, daß Sie mir den Paß nicht aushändigen konnten.«
    »Wie Sie wünschen.« Buchanan unterzeichnete und gab das Formular zurück.
    »Zum nächsten Punkt der Tagesordnung.« Geschickt, wenn auch mit dem Ausdruck des Unwillens, kippte der korpulente Mann den Inhalt einer Tüte auf den Couchtisch, einen Wust von Zeitschriften, Katalogen, Werbeschreiben von Video- und Schallplattenclubs und anderen Massendrucksachen. »Ihre Post«, erklärte er.
    Buchanan nickte. Um unter einem Decknamen glaubwürdig zu erscheinen, benötigte er mehr als nur gefälschte Papiere. Post, zum Beispiel. Es war nicht normal, wenn man keine Post erhielt. Rechnungen mußten bezahlt werden. Briefe mußten eintreffen und Zeitschriften.
    Wenn Buchanan einen neuen Auftrag bekam und die Wohnung wechselte, gab er eine Identität auf, um eine andere anzunehmen. Da er keine Vorkehrungen traf, die Postzustellung an seine vorherige Identität zu sperren, trafen unweigerlich noch Sendungen ein. Um jeglichen Verdacht zu vermeiden, hinterließ er bei den Vermietern jedesmal eine Nachsendeanschrift, eine unverfängliche Adresse, im allgemeinen eine Privatfirma, die Buchanans Behörde unterstellt war.
    »Ist etwas dabei, um das wir uns kümmern müssen?« fragte Alan. »Ein paar Kleinigkeiten, die wir noch erledigen sollten? Darüber müssen wir uns klar sein, bevor wir das Zeug hier verbrennen.«
    Buchanan sah die Post durch. »Nein. Die Zeitschriften und Kataloge können wir wegwerfen.«
    Als er eine Postkarte herausgriff, rann ihm ein Schauer über den Rücken. »Sie ist an Peter Lang adressiert. Den Namen habe ich vor sechs Jahren das letzte Mal benutzt. Warum zum Teufel war sie so lange unterwegs?«
    »Wieso lange? Sehen Sie sich den Stempel an. Wurde erst letzte Woche in Baltimore eingeworfen.«
    »Letzte Woche?« Buchanan fror. »Wer sollte mit Peter Lang Kontakt aufnehmen – nach sechs Jahren? Wer erinnerte sich an ihn? Wem ist noch daran gelegen?«
    »Genau das haben wir uns auch gefragt.« Alans prüfender Blick wurde drohend. »Und warum eine Postkarte und kein Brief? Und wie verstehen Sie den Text?«
    Verwirrt las Buchanan. Eine handgeschriebene Mitteilung in schwarzer Tinte, die Züge klein und mit dünnem Strich, die Buchstaben schwungvoll, aber pedantisch.
    Die Handschrift einer Frau. Kein Name.
    Sechs Sätze, einige unvollständig und scheinbar unverständlich.
    Aber nicht für Buchanan. Er brauchte keine Unterschrift, um den Absender zu erraten. Er bewunderte ihre indirekte Methode, denn sie war sich sicher, daß einige Leute, vor allem Buchanans Vorgesetzte, die Zeilen vor ihm lasen.

4
     
    Hier die verdammte Postkarte. Hätte nie gedacht, daß ich sie mal schreibe. Ich hoffe, Dein Versprechen war ernst gemeint. Am selben Ort zur selben Zeit wie letztes Mal. Verlasse mich auf Dich. BITTE.
    Buchanan las die Karte mehrmals und sah schließlich seinen gespannt wartenden Besucher an.
    »Na, wer ist das?« fragte Alan.
    »Es ist eine Frau, die ich kannte, als ich noch Peter Lang war.

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