Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
Vom Netzwerk:
Ich habe sie für Täuschungsmanöver benötigt.«
    »Ist das alles?«
    Buchanan zuckte mit den Achseln.
    »Wer war sie, Buchanan?«
    »Es ist so lange her, ich weiß nicht mal mehr ihren Namen.«
    »Machen Sie mir nichts vor. Ihr berühmtes Gedächtnis sollte Sie bei dieser Frau plötzlich im Stich lassen?«
    »Ich erinnere mich nur an Wesentliches. Dazu gehörte sie nicht.«
    »Warum hat sie nicht unterschrieben?«
    »Sie war ein Schelm – daran kann ich mich erinnern. Vielleicht hat sie geglaubt, eine Postkarte ohne Unterschrift ist pfiffig und geheimnisvoll.«
    »Und trotzdem wissen Sie, wer der Absender ist?«
    »Solche Scherze hat sie öfter gemacht. Unverständliche Mitteilungen ohne Unterschrift. Ich fand sie im Bad, in meinem Schlafanzug, unter der Tür durchgeschoben. Wie gesagt, sie war ein Schelm. Andererseits wirklich hinreißend, und nie wieder habe ich eine so schöne und elegante Handschrift gesehen.«
    »Aber was bedeutet die Karte?«
    »Verdammt, das möchte ich auch wissen. Vielleicht war sie high, als sie sie geschrieben hat. Oder sie hat sich bemüht, witzig zu sein, und merkte nicht, wie unverständlich sie war.«
    »Einfach so – nach sechs Jahren entschließt sie sich plötzlich, Ihnen zu schreiben.«
    »So spontan war sie immer.«
    »Und was soll ›Am selben Ort zur selben Zeit wie letztes Mal‹ heißen?«
    »Keine Ahnung, worauf sie da anspielt.«
    Der andere blieb unbeweglich sitzen. Er fixierte Buchanan, wie um ihn zu verunsichern und ihm ein Zeichen der Schwäche zu entlocken.
    Nach fast einer Minute seufzte Alan und streckte die Hand nach der Karte aus. Er schob sie in die Tüte zu den Zeitschriften, Katalogen und Prospekten, die vernichtet werden sollten, stopfte alles in seinen Aktenkoffer und schloß ihn ab. »Wir sprechen uns bald wieder, Buchanan.« Er erhob sich.
    »Moment mal.«
    »Stimmt was nicht? Oder haben Sie vergessen, mir etwas zu sagen?«
    »Wo sind meine neuen Dokumente?«
    »Neue Dokumente?«
    »Führerschein, Paß und Kreditkarte, die Dokumente für Don Colton.«
    Der andere verzog das Gesicht. »Sie haben was falsch verstanden. Sie erhalten keine neue Identität.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sie brauchen keine. Miete, Telefongebühren und die anderen Rechnungen werden von einer unserer Deckfirmen per Post bezahlt. Hier sind genügend Lebensmittel, also brauchen Sie kein Scheckbuch zum Einkaufen und eine Kreditkarte für Restaurants oder Ähnliches auch nicht. Und da wir Sie gern in greifbarer Nähe haben, sind Personaldokumente zum Anmieten eines Wagens auch nicht nötig.«
    »Und was ist mit Kleidern? Ich brauche eine Kreditkarte für Neuanschaffungen – in Fort Lauderdale habe ich einiges zurückgelassen. Die Sachen im Schrank sind zu klein.«
    »Auf dem Regal im Schlafzimmer liegt ein grauer baumwollener Jogginganzug. Der paßt Ihnen bestimmt und reicht fürs erste. Wenn ich Sie ins Krankenhaus zum Checkup fahre, bringe ich Ihnen ein paar Sachen mit.«
    »Ist das alles? Sie lassen mich hier einfach hängen, und ich kann nicht mal meine Identität nachweisen?«
    »Buchanan, wir wollen gar nicht, daß Sie Ihre neue Identität nachweisen. Wir wollen nicht, daß Don Colton die Wohnung verläßt. Don Colton ist unsichtbar. Er lebt seit Jahren in diesem Block, und niemand kennt ihn. Er reist viel herum, verstehen Sie. Solange Sie hier drinnen bleiben, wird niemand Sie stören, und wir möchten auch nicht, daß Sie jemanden stören. Verstanden?«
    Buchanan kniff die Augen zusammen. »Ja, verstanden.«
    »Sie dürfen sich nicht mal eine Pizza kommen lassen.«
    »Ich habe gesagt, verstanden. Und überhaupt – wie kann ich mir eine Pizza bestellen, wenn ich fast blank bin?«
    »Gut.« Alan nahm den Aktenkoffer und ging zur Tür.
    »Wann höre ich wieder von Ihnen?«
    »Wenn wir den Schaden von Cancún, Merida und Fort Lauderdale unter Kontrolle haben. Vorhin sagten Sie, daß Sie um Urlaub bitten würden, wenn Sie ihn nötig haben. Nach unserer Einschätzung brauchen Sie dringend Ruhe und Entspannung. Sie sind lange im Einsatz gewesen, Buchanan. Jetzt haben Sie Zeit für etwas Ruhe.«
    »Und was ist, wenn ich keine Ruhe will?«
    Alan hielt den Türknopf fest. »Es ist merkwürdig, Buchanan. Ich weiß, wie fanatisch Sie mit Ihren verschiedenen Identitäten umgehen. Haben sich eine detaillierte Geschichte für jedes Ihrer Pseudonyme ausgedacht. Haben so gegessen, sich so gekleidet und genauso bewegt, wie nach Ihrer Meinung dieser Mensch es tun würde. Sie haben jedem

Weitere Kostenlose Bücher