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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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hatte er mit sich gerungen, das Gefühl zu unterdrücken. Es gelang ihm nicht. Die Versuchung, mit Juana zu schlafen, war groß, und doch verletzten sie ihr Berufsethos nicht durch intime Beziehungen. Eine andere Regel übertraten sie, die Regel, nach der sie ihre Rollen nicht mit der Wirklichkeit verwechseln durften. Buchanan akzeptierte diese Vorschrift nicht, denn seine Stärke bestand ja gerade darin, daß er seine jeweilige Rolle mit der Wirklichkeit verwechselte. Solange er in die Haut eines anderen schlüpfte, existierte diese Person wirklich.
    Eines Abends kam Juana vom Einkaufen nach Hause, Buchanan saß vor dem Fernsehapparat.
    »Alles in Ordnung?« Er ging ihr entgegen, denn ihm war ihr ernstes Gesicht aufgefallen. »Ist etwas passiert?«
    Offenbar ohne seine Frage wahrgenommen zu haben, stellte sie die Tasche mit Lebensmitteln ab und begann auszupacken. Er merkte aber, daß sie gar nicht auf die Waren achtete. Vielmehr galt ihre ganze Aufmerksamkeit einem Werbezettel für ein Jazzkonzert, den man ihr auf der Straße überreicht hatte. Sie zog ihn aus der Tasche. Als Buchanan das kleine Kreuz in der oberen rechten Ecke entdeckte, verstand er ihre Beunruhigung. Der, von dem sie den Zettel erhalten hatte, mußte ihr Kontaktmann gewesen sein. Das kleine Kreuz, mit Filzschreiber geschrieben, war das Signal, die Operation zu beenden.
    Ein neuer Auftrag wartete auf sie.
    Juanas sonst so fröhliche Stimme klang gepreßt. »Natürlich habe ich gewußt, daß wir eines Tages einen neuen Auftrag kriegen.« Sie schluckte. »Nichts dauert ewig, stimmt’s?«
    »Stimmt«, antwortete er ernst.
    »Also … Glaubst du, daß wir weiter zusammenarbeiten werden?«
    »Ich weiß nicht.«
    Juana nickte nachdenklich.
    »Meistens läuft es anders.«
    »Ja.«
    Am Abend vor ihrer Abreise aus New Orleans waren sie durch das Vieux Carré gebummelt. Es war Halloween, und im Französischen Viertel war es turbulenter zugegangen als sonst. Alle Passanten trugen Kostüme, sehr viele gingen als Skelett. In den engen Straßen tanzte, sang und trank die Menge. Jazzmelodien, teils melancholisch, teils fröhlich, hallten aus offenen Türen, verschmolzen miteinander, rauschten vorbei an den schmiedeeisernen Geländern der Balkons und brandeten als Echo hinauf in den Himmel, der die Großstadtlichter reflektierte.
    Buchanan und Juana hatten ihren Bummel im Café du Monde am Jackson Square beendet. In dem berühmten Freiluftrestaurant gab es zwei Spezialitäten: café au lait und beignets , mit Puderzucker bestäubte Krapfen. Jeder Stuhl war besetzt. Viele der kostümierten Zecher brauchten Koffein und Kohlehydrate zur Neutralisierung des Alkohols, bevor sie weiterfeierten. Buchanan und Juana stellten sich am Eingang erten. Buchanan und Juana stellten sich am Eingang an. Eine angenehme Brise wehte vom Mississippi herüber. Endlich führte ein Kellner sie zu einem Tisch und nahm ihre Bestellung auf. Angesichts der feiernden Menge fühlten sich die beiden fehl am Platz und in gedrückter Stimmung. Sie sprachen über das Thema, das sie bisher vermieden hatten. Buchanan erinnerte sich nicht, wer es angeschnitten hatte, aber im wesentlichen ging es darum, ob nun alles vorbei sei oder ob sie sich auch weiterhin treffen wollten. Als Buchanan unmittelbar mit dieser Frage konfrontiert wurde, war ihm plötzlich klar, wie absurd sie war. Peter Lang würde es schon am nächsten Tag nicht mehr geben. Wie also konnte Peter Lang eine Beziehung zu seiner Frau aufrechterhalten, die am nächsten Tag ebenfalls nicht mehr existierte?
    Ihre Unterhaltung ging im Lärm der Menge unter. Buchanan sagte leise, daß ihr gemeinsamer Auftritt zu Ende sei, und Juana blickte ihn an, als rede er unverständliches Zeug.
    »Mich interessiert nicht, wer wir waren«, sagte sie. »Ich spreche über uns.«
    »Ich auch.«
    »Nein. Jene Leute gibt es nicht, wohl aber uns. Morgen beginnt die Wirklichkeit, das Spiel ist aus. Was sollen wir tun?«
    »Ich liebe dich«, sagte er.
    Leicht zitternd sagte sie: »Auf diese Worte habe ich gewartet. Ich habe darauf gewartet, daß du das sagst … Gehofft … Ich weiß nicht, wie es geschehen ist, aber ich empfinde genauso. Ich liebe dich.«
    »Ich möchte dir sagen, daß du mir immer nahe sein wirst.«
    Juana reagierte nicht.
    »Ich möchte dir auch sagen«, fuhr Buchanan fort, »daß …«
    Das Gespräch wurde durch den Kellner unterbrochen, der ein Tablett mit dampfendem Kaffee und heißen beignets auf den Tisch stellte.
    Nachdem der Mann in der

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