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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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zu weit, in den Süden – nach New Orleans. In zwei Tagen ist Halloween. Da kann man sich in New Orleans gut amüsieren.«
    »Davon habe ich gehört. Angeblich soll man sich in New Orleans sogar zu jeder Zeit gut amüsieren können.«
    Buchanan nickte. Seine Bitte schien so gut wie erfüllt.
    Er würde jedoch nicht als Buchanan fahren, sondern als der Mensch, der er vor sechs Jahren gewesen war: der Charterpilot Peter Lang – ein im Grunde unkomplizierter, fröhlicher Typ mit einer Vorliebe für Jazz, Gin-Fizz und Chili, aber mit einer ziemlich komplizierten Liebesaffäre am Hals.

Siebentes Kapitel
     
    1
     
    Buchanan fuhr mit der Bahn nach New Orleans, denn für diese Art zu reisen sprachen einige Gründe. Erstens fand er es entspannend. Zweitens war er in seinem Schlafwagenabteil ungestört. Und drittens dauerte es länger als mit dem Flugzeug und füllte die Zeit aus. Eigentlich hatte er bis zum nächsten Abend, bis Halloween, nichts zu tun. Gewiß, er hätte den Tag mit Sightseeing verbringen können, doch er kannte die Stadt bereits, den Hafen, das Französische Viertel, den Garden District, den Pontchartrain-See, Antoines Restaurant, Preservation Hall und vor allem die exotischen Friedhöfe.
    Der Hauptgrund dafür, den Zug und nicht das Flugzeug zu benutzen, bestand jedoch darin, daß es auf Bahnhöfen keine Abtastsonden und Scanner gab. So konnte er die 9er Beretta mitnehmen, die Jack Doyle ihm in Fort Lauderdale gegeben hatte. Sie lag zwischen zwei Oberhemden und Unterwäschegarnituren neben Victor Grants Paß und seinem Kulturbeutel in der kleinen Segeltuchtasche. Noch immer verbittert über die Probleme mit den Vorgesetzten und über seinen eigenen Zustand, war er froh, was den Paß betraf, gelogen und die Waffe nicht erwähnt zu haben. Daß er nie zuvor bei der Befragung nach dem Einsatz etwas vertuscht hatte, hätte ihm vielleicht zu denken geben oder ihn zumindest warnen müssen, daß er seelisch mehr gestört war, als er ahnte. Wie er so am Fenster seines abgeschlossenen Abteils saß, das Rattern der Räder im Ohr, und die leuchtenden Herbstfarben der Landschaft von Virginia vorüberziehen sah, strich er sich unentwegt über den schmerzenden Kopf und war froh darüber, die Waffe nicht irgendwo in Don Coltons Apartment versteckt zu haben. Wenn er es getan hätte, wäre er von den Kameras aufgenommen worden. Wie es schien, war seine Geschichte überzeugend gewesen. Andernfalls hätten seine Vorgesetzten ihm weder Geld noch auf seinen wirklichen Namen ausgestellte Dokumente gegeben und ihm die Reise gestattet.
    Peter Lang. Er mußte sich alles über ihn ins Gedächtnis zurückrufen. Er mußte Peter Lang werden. Sich als Pilot auszugeben, war für ihn nicht schwierig, denn er war tatsächlich Pilot. Er hatte die Lizenz während seiner Ausbildung erworben. Mit den Berufen, die er für seine Pseudonyme benutzte, war er, fast ausnahmslos, einigermaßen vertraut, und auf einigen Gebieten war er wirklich ein Fachmann.
    Als schwierig stellte sich für ihn der erneute Aufbau der Person Peter Längs heraus, seines Verhaltens, seiner Eigenarten und Persönlichkeit. Buchanan hatte sich nie Notizen gemacht, weil es nach seiner Meinung albern und außerdem riskant war, eine Rolle zu dokumentieren. So war er gezwungen, sich auf sein Gedächtnis zu verlassen, was bei der Vielzahl der Pseudonyme, Einsätze und Kontakte sein Erinnerungsvermögen auf eine harte Probe stellte.

2
     
    Peter Lang hatte sich in New Orleans als angeblicher Charterpilot aufgehalten und für eine Firma gearbeitet, die Probebohrungen für Ölgesellschaften durchführte. Offiziell beförderte er Techniker und Gerät an verschiedene Orte in Mittelamerika. Seine eigentliche Aufgabe bestand jedoch darin, Zivilberater der Special Forces zu geheimen Flugplätzen im Dschungel von Nicaragua zu bringen, wo sie Contras im Kampf gegen das kommunistische Regime ausbildeten. Da unverhohlene militärische Einmischung als kriegerischer Akt galt, trugen die Soldaten, die Lang nach Nicaragua flog, genau wie er Zivil und besaßen wie er falsche Pässe.
    Da New Orleans und Miami von allen Städten am meisten mit der geheimen Hilfe für die Contras in Verbindung gebracht wurden, interessierten sich Enthüllungsjournalisten sehr für dortige Privatfirmen, die Flüge nach Lateinamerika durchführten. Eine Maschine, die planmäßig legale Güter nach El Salvador, Honduras und Costa Rica transportierte, landete unter Umständen unplanmäßig und illegal in Nicaragua

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