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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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alt. Er überlegte, ob sie ihre Figur behalten hatte. Sie war eher klein gewesen und schlank, aber der durch die militärische Ausbildung trainierte Körper hatte das kompensiert. Ein herrlicher, fester und kräftiger Körper. Ob ihr dunkles Haar noch so kurz war? Damals hätte er es gern durch die Finger gleiten lassen, es gepackt und zärtlich daran gezogen. Ob ihre dunklen Augen noch so feurig glänzten und der Mund noch diese sinnlichen Konturen hatte? Sooft sie sich in etwas vertiefte, pflegte sie die Lippen zu schürzen und sie leicht nach vorn zu schieben. Er hätte sie gern ebenso liebkost wie das Haar.
    Vielleicht hätte ich sie nicht aufgeben sollen. Vielleicht hätte ich …
    Nein, dachte er. Die Vergangenheit ist eine Falle. Rühre nicht daran. Es tut dir sichtlich nicht gut, denn du verfällst wieder in diese Starre. In deinen früheren Existenzen hast du eine Menge unvollendeter Dinge zurückgelassen und viele Menschen, die du gern hattest – oder die zumindest deine anderen Ichs gern hatten. Aber nie zuvor bist du zurückgekehrt. Das wagst du jetzt zum ersten Mal. Sei vorsichtig!
    Warum hat sie die Karte geschickt? Was hat sie für ein Problem?
    Das Schlimme ist: Ich erinnere mich an Juana Mendez deutlicher als an Peter Lang. Aber was ich versprochen habe, muß ich wohl halten.
    Nein, raunte eine warnende Stimme. Du warst das nicht – es war Peter Lang.
    Genau. Und der bin ich zur Zeit wieder.
    Was ich damals sagte, war ernst gemeint. Ich habe es versprochen.

4
     
    Froh und erleichtert, vom Hungergefühl abgelenkt zu werden und sich bewegen zu können, schloß Buchanan-Lang die Abteiltür auf und sah nach, ob sich im Korridor jemand näherte.
    Gerade wollte er gehen, da fiel ihm ein, daß das einfache Türschloß nicht sicher war. Er nahm deshalb die kleine Reisetasche mit Paß und Waffe an sich und ging in Richtung Speisewagen.
    Dieser befand sich drei Wagen weiter und war, als er ihn betrat, fast leer; einige Fahrgäste tranken Kaffee, die Kellner räumten das schmutzige Geschirr von den Tischen. Die Dekkenlampen spiegelten sich in den Fenstern, sie ließen das Innere besonders hell erscheinen und tauchten alles, was draußen lag, in tiefes Schwarz.
    Buchanan ging auf den nächsten Kellner zu.
    Der müde aussehende Mann kam seiner Frage zuvor. »Tut mir leid, Sir. Wir haben geschlossen. Frühstück gibt’s morgen um sechs.«
    »Ich bin eingenickt und habe leider verschlafen. Ich bin am Verhungern. Haben Sie nicht etwas, damit mein Magen nachts nicht so laut knurrt?« Diskret steckte Buchanan ihm einen Zehndollarschein zu.
    »Ja, Sir. Ich verstehe. Ich will sehen, was sich tun läßt. Vielleicht ein paar Roastbeef-Sandwiches zum Mitnehmen?«
    »Hört sich gut an.«
    »Und vielleicht ein Sodawasser?«
    »Ein Bier wäre besser.«
    »Nun«, ertönte eine Stimme hinter Buchanan, »an Bier habe ich zwar nicht gedacht, aber für den Fall aller Fälle habe ich vorgeplant und ein paar Sandwiches bestellt.«
    Buchanan ließ sich seine Überraschung nicht anmerken und zögerte nur kurz, bevor er sich langsam umsah. Selbst als er die Frau erblickte, verzog er keine Miene.
    Sie hatte langes, aufregend feuerrotes Haar. Sie war groß, höchstens dreißig, von athletischem Wuchs. Hohe Stirn, markant geformte Wangenknochen, die Gesichtszüge eines Models.
    Buchanan war dieser Frau schon einmal begegnet. Das erste Mal in Mexiko – sie hatte ihn vor dem Gefängnis in Merida fotografiert. Das zweite Mal in Fort Lauderdale, in der Nähe von Pier 66. Sie hatte Aufnahmen gemacht, als er auf dem Kanal mit seinem Boot neben Big Bob Bailey lag.
    Diesmal trug sie eine braune Popelinhose und eine khakifarbene Safarijacke mit vielen, zum Teil vollgestopften Taschen. Über der linken Schulter hing die Kameratasche, in der rechten Hand hielt sie, was nicht ganz zum Expeditions-Look passen wollte, eine pralle Tüte.
    Mit der linken Hand gab sie dem Kellner einen Dollarschein. »Danke sehr«, sagte sie lächelnd. »Hätte nicht gedacht, daß mein Bekannter überhaupt noch kommt. Danke für Ihre Geduld.«
    »Ist in Ordnung, Madam.« Der Kellner steckte das Geld ein. »Wenn Sie sonst noch etwas …«
    »Nein, vielen Dank.«
    Der Kellner räumte weiter ab, die Frau wandte sich wieder an Buchanan. »Ich hoffe, Ihr Herz hängt nicht an den Roastbeef-Sandwiches. Auf meinen ist Geflügelsalat.«
    »Moment mal! Kennen wir uns?«
    »Das fragen Sie mich, nach allem, was wir gemeinsam durchgestanden haben?« Ihre smaragdgrünen Augen

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