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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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gemütlich, bis ich aufwache.«
    »Nein«, antwortete Alan, »nicht unbedingt.«
    »Also, was gibt’s?«
    Der Mann, der sich normalerweise selbstsicher, ja fast brüsk benahm, schien wie verwandelt.
    »Ich wollte nur mal nachsehen, ob Sie okay sind.«
    »Warum sollte ich nicht okay sein?«
    »Sie … äh, im Wagen waren Sie so aufgebracht … und …«
    »Ja, und was?«
    »Ich hab mir halt Sorgen gemacht.«
    Buchanan kam aus dem Schlafraum. Als er nähertrat, blickte Alan verstohlen auf eine bestimmte Stelle an der Wand.
    Aha, dachte Buchanan. Die Wohnung wird also elektronisch überwacht – und nicht nur von Wanzen. Auch von versteckten winzigen Kameras.
    Bei seiner Ankunft am Tag zuvor war er erleichtert gewesen, endlich einen sicheren Zufluchtsort erreicht zu haben. Er hatte keinen Grund gesehen, das Apartment nach Wanzen zu durchsuchen. Zumindest in diesem Punkt glaubte er anfangs, diesem Alan vertrauen zu können.
    Überwachung per Video – das deutet immer auf etwas Brisantes hin, dachte Buchanan. Etwas ist ihnen unheimlich, so daß sie mich genau beobachten. Aber was? Was ist ihnen an mir nicht geheuer? Eines ist klar, ich habe meinen Beobachtern einen höllischen Schrecken eingejagt, weil ich den ganzen Nachmittag und den halben Abend wie erstarrt dasaß. Alan wurde hergeschickt, um nachzusehen, ob ich durchdrehe. Warum streicht er sich so nervös über das Jackett? Nach der Attacke auf seinen Ellbogen überlegt er wahrscheinlich, ob ich schon so verrückt bin, daß er die Pistole ziehen muß.
    Die Kameras übertragen jede meiner Bewegungen, aber Alan möchte nicht, daß ich das merke.
    Buchanan fühlte sich befreit. Das Gefühl, auf der Bühne zu stehen, verschaffte ihm die Motivation, sich selber zu spielen.
    »Ich habe geklopft«, sagte Alan. »Sie haben es wohl nicht gehört. Da Sie die Wohnung nicht verlassen dürfen, dachte ich, schau ich mal nach Ihnen.« Sein Selbstvertrauen kehrte zurück. »Ihre Kopfverletzung da. Vielleicht, dachte ich, hat er sich wieder gestoßen. Vielleicht ist er in der Dusche ausgerutscht oder so. Deshalb entschloß ich mich nachzusehen. In dieser Wohnung befrage ich häufig Agenten und besitze daher einen Schlüssel.«
    »Nun muß ich wohl geschmeichelt sein, weil Sie sich Sorgen machen.«
    »He, es ist gar nicht so leicht, mit Ihnen auszukommen.« Alan rieb sich den rechten Ellbogen. »Es gehört zu meinen Pflichten, mich um die Leute zu kümmern, die mir zugeteilt sind.«
    »Hören Sie. Die Sache im Auto heute früh … Es tut mir leid.«
    Alan zuckte mit den Achseln.
    »Ich bin es einfach nicht gewohnt, nicht unter Druck zu stehen«, erklärte Buchanan.
    Alan zuckte wieder mit den Achseln. »Verständlich. Manchmal spürt ein Agent den Druck selbst dann noch, wenn er gar nicht mehr da ist.«
    »Da wir gerade dabei sind …«
    »Wobei?«
    »Druck.« Buchanan deutete zum Badezimmer, ging hinein, schloß die Tür und leerte seine Blase.
    Gewiß war im Bad genau wie in den anderen Räumen eine Minikamera in der Wand versteckt, doch es war ihm gleichgültig, ob sie ihn beim Pinkeln observierten oder nicht. Selbst wenn seine Blase nicht so gedrückt hätte, wäre er ins Bad gegangen.
    Weil er allein sein wollte. Weil er Zeit zum Nachdenken brauchte.

12
 
    Hier die verdammte Postkarte. Hätte nie gedacht, daß ich sie mal schreibe. Ich hoffe, Dein Versprechen war ernstgemeint. Am selben Ort zur selben Zeit wie letztes Mal. Verlasse mich auf Dich. BITTE.
    Buchanan kam aus dem Bad, drinnen spülte es noch. »Gestern abend haben Sie Ruhe und Entspannung erwähnt.«
    Alan wurde mißtrauisch. »Und?«
    »Na, nennen Sie das Ruhe und Entspannung – hier eingesperrt zu sein?«
    »Wie ich bereits sagte, Don Colton muß unsichtbar bleiben. Wenn Sie rein und raus gehen, halten die Nachbarn Sie für Colton, und wenn der nächste Don Colton auftaucht, werden sie stutzig.«
    »Was wäre, wenn ich nicht hier wäre? Ich – Buchanan. Auf Urlaub. Seit acht Jahren habe ich keinen gehabt. Wer würde das merken? Wen würde es kümmern?«
    »Urlaub?«
    »Unter meinem eigenen Namen. Könnte mir guttun, zur Abwechslung mal ich selber zu sein.«
    Alan legte den Kopf schief, schien aber interessiert.
    »Nächste Woche habe ich noch einen Arzttermin«, sagte Buchanan. »Bis dahin haben Ihre Leute und der Oberst wahrscheinlich entschieden, was mit mir geschehen soll.«
    »Wohin würden Sie gehen? Ohne Paß können Sie das Land nicht verlassen.«
    »Das Land möchte ich sowieso nicht verlassen. Nicht

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