Der Mann mit der dunklen Maske
ausgegangen.“
Er zog die Stirn in tiefe Falten, seine Muskeln spannten sich. „Es war noch jemand mit da unten, und die Lichter sind ausgegangen? Sind Sie sicher?“
Sie hielt seinem durchdringenden Blick stand. „Ja. Und ich glaube sogar, dass es Mrs. Prior war, die mit mir dort unten war. Ich nehme mal an, Mrs. Prior ist der kleine Vogel mit dem großen Schnabel.“
„Wie?“ Er war so verblüfft, dass er aufsprang. Ihm war gar nicht bewusst, dass er nun drohend vor ihr aufragte und dass seine Stimme barsch und rau war.
Sie richtete sich auf. Sie zuckte nicht zurück. „Ich habe Ihnen doch gesagt, keiner der anderen Mitarbeiter war im Museum. Mrs. Prior dagegen schon.“
„Ja, im Museum. Und Sie haben sie in Ihrem Büro vorgefunden. Und was Ihr Erlebnis im Lager betrifft, darf ich Sie daran erinnern, dass Evelyn nicht nur Mutters Zofe war, sondern auch ihre beste Freundin?”
Auch Camille stand auf und beugte sich mit blitzenden Augen vor. „Na gut! Sie haben damit angefangen. Haben mich jeden Abend hierher geholt, um mich auszufragen. Ich habe versucht, Ihnen so ehrlich zu antworten, wie ich konnte. Sie fragen, ich antworte. Es tut mir Leid, wenn Ihnen meine Antworten nicht gefallen.“
„Was hatten Sie in dem Lagerraum zu suchen?“ wollte er wissen.
Sie blinzelte nervös.
„Tun Sie das nicht noch mal. Gehen Sie nirgendwohin im Museum, solange dort nicht andere Leute sind und Licht, haben Sie verstanden?“
„Sie fragen mich ständig, ob ich Sie verstanden habe“, rief sie. „Ja, ich habe verstanden! Sie haben Menschen verloren, die Sie sehr geliebt haben. Sie schulden es ihnen, die Wahrheit herauszufinden. Ja, das verstehe ich! Dass mir jemand gefährlich sein könnte, ja, das verstehe ich. Sie benutzen mich für Ihre Ziele. Ja, das verstehe ich auch. Sie sind der grimmige, reiche, angesehene Earl of Carlyle. Selbst das verstehe ich. Aber ich bin es wirklich leid, dass Sie mich anbrüllen wie ein Tier. Verstehen
Sie
das?“
Ihr Ausbruch überraschte ihn. Er sagte nichts. Kaum waren die Worte gesprochen, wusste Camille nicht mehr weiter. Sie entschied sich für einen würdevollen Rückzug. Sie warf ihre Serviette auf den Tisch und sagte: „Verzeihen Sie, Lord Stirling. Es war ein unerträglich langer Tag.“
Sie drehte sich um und lief zur Tür.
„Schließen Sie sich ein“, sagte er barsch.
An der Tür blieb sie stehen und wandte sich noch einmal um. „Ja, ich habe verstanden. Und ich verlasse nachts mein Zimmer nicht. Gott allein weiß, was hier wirklich vorgeht!“
„Genau das versuche ich herauszufinden, Miss Montgomery.“
„Koste es, was es wolle“, sagte sie.
Damit ging sie. Sie knallte die Tür nicht, sondern zog sie nur fest hinter sich ins Schloss.
Er war erstaunt über die plötzliche Kälte. Alles Leben schien auf einmal aus dem Raum entwichen zu sein. Er war versucht, ihr nachzulaufen, sie im Flur aufzuhalten und sie zurückzuholen. Wenn nötig mit Gewalt. Sie verstand gar nichts … Und er verstand sich selbst nicht mehr.
Er fluchte lautstark. Ajax winselte. Er sah hinüber zum Kamin. „Tut mir Leid, alter Junge“, sagte er und hatte sich auch schon wieder unter Kontrolle. Herrgott, sie war das Mündel eines Diebes, und er war der Earl of Carlyle! Das Biest. Er hatte einen Ruf, den er selbst erschaffen hatte und den er offensichtlich mit Leichtigkeit am Leben erhielt.
11. KAPITEL
B rian Stirling war mit Sicherheit der Mensch, der einen am schnellsten zur Weißglut bringen konnte, entschied Camille. Sie hatte seine Tür nicht zugeschlagen, hatte den Raum mit so viel Würde wie möglich verlassen. Dafür knallte sie ihre eigene Tür zu, weil es einfach gut tat. Sehr gut! Wenn es nach ihr ging, könnte sie auch gleich aus den Angeln fliegen.
Aber das tat sie natürlich nicht. Die Angeln und das Türblatt waren äußerst solide. Uralt zwar, aber sie hatten viele hundert Jahre gehalten, und daran würde sich wohl auch in den nächsten paar hundert Jahren nichts ändern.
Rastlos lief Camille in ihrem Zimmer auf und ab. Sie war wütend und wusste eigentlich nicht genau, warum. Er hatte sie gebeten, im Museum Augen und Ohren aufzuhalten, und dann traute er ihr nicht! Seine wunderbare Evelyn kannte er seit Jahren. Sie war die beste Freundin seiner Mutter gewesen. Sie war … Wie bitte? War sie vielleicht mehr für ihn? Noch eine Geliebte? Und das Kind, Ally …
„Warum interessiert mich das überhaupt?“ flüsterte sie kläglich.
Aber es interessierte sie.
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