Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Tragweite des vor mir liegenden Jahres Gelegenheiten wie diese bald unmöglich machen würde. Zu diesem Zeitpunkt fing ich an, den Druck wirklich zu spüren, auch in solchen Momenten, in denen ich dachte, dass ich alles hinschmeißen und wieder ein normales Leben führen würde, in dem ich Zeit mit meinen Freunden verbringen, in Kneipen gehen und Urlaub machen und mir hin und wieder freinehmen konnte.
Die Vorbereitungen für das kostenlose Fest gingen ganz gut voran. Ich hatte 100 Kilo Gemüse von einem Biogroßhändler vor Ort ergattert, das kompostiert werden sollte. Das Problem war, dass wir keine Ahnung hatten, wie viele Leute kommen würden, und da wir ein Essen organisierten, das nichts kostete und noch dazu von Chefköchen wie Fergus zubereitet wurde, bestand die Chance, dass die Resonanz sehr hoch sein würde. Wir brauchten viel mehr Ware.
Am Donnerstagabend, 27. November, war ich mental ausgepowert. Ich wollte, dass das Jahr anfing, und wieder leben. Ich beschloss, den nächsten Tag freizunehmen, ein bisschen Lektüre nachzuholen und einige noch offene Dinge zu erledigen. Ach ja, und ein letztes Bier in der Kneipe zu trinken.
Geldlose Kommunikation
Vor meinem Jahr ohne Geld hatte ich eine schwierige Entscheidung zu treffen: ob ich die zwei Produkte einer geldgesteuerten Industrialisierung, die die meisten Menschen als Luxus einstufen würden, benutzen würde oder nicht: ein Mobiltelefon und einen Laptop.
Das war ein Dilemma. Wenn ich mich gegen die Geräte entschied, mit denen ich die Welt an meinem Experiment teilhaben lassen konnte, riskierte ich, als egoistischer Aussteiger kritisiert zu werden, der sich nur um sich selbst kümmert und in keiner Weise etwas zur Gesellschaft beiträgt. Ich wusste, dass man mich auch kritisieren würde, wenn ich die Geräte benutzte, da ich gegen Geld und die Industrialisierung wetterte, aber von zwei technischen Gegenständen Gebrauch machte, die von beidem abhingen – was man als sehr scheinheilig betrachten könnte. Ich entschied mich für die Geräte. Denn wenn ich so auch nur einem Menschen von meinem Leben ohne Geld erzählen konnte, würde das allein den Vorwurf der Heuchelei wettmachen.
Klar ist Kommunizieren ohne Geld niemals so bequem wie mit Geld, aber möglich ist es auf jeden Fall trotzdem. Mit den Menschen zu kommunizieren, die in der Nähe leben, war immer kostenlos. Man braucht dafür nur zusammenzukommen. Ich fand es wirklich gut, dazu gezwungen zu werden. Doch weil unsere Familie und Freunde durch das preiswerte Reisen in der ganzen Welt verstreut sein können, haben wir ein großes Bedürfnis nach technologisierter Kommunikation.
Was E-Mails anbelangt, so gibt es eine ganze Reihe von Optionen. Der Zugang dazu ist in städtischen Bibliotheken meist kostenlos, wo man zugleich die großartige Möglichkeit der gemeinschaftlichen Nutzung eines Computers erhält. Hat man seinen eigenen Computer mit Internetzugang, kann man über Skype (www.skype.com) komplett kostenlose »Telefonate« von einem Computer zum anderen führen mit jemandem irgendwo auf der Welt, der auch Skype hat. Viele Websites (wie beispielsweise www.send4free.de) ermöglichen das Versenden kostenloser Textnachrichten, wobei man vorsichtig sein sollte, für welche man sich entscheidet. Bei einigen muss der Empfänger der Nachricht bezahlen, was ja nicht Sinn der Sache ist.
Doch für alle diese Optionen braucht man einen Computer. Wenn man weiß, wie man einen PC zusammenbaut, kann man sich die Komponenten leicht bei Freecycle besorgen. Hat man seine Hardware angeschlossen, kann man Linux als Betriebssystem nehmen, eine kostenlose Open-Source-Software, und OpenOffice für Tabellenkalkulationen, Präsentationen und die Textverarbeitung. OpenOffice ist kompatibel mit allen Microsoft-Office-Anwendungen. Linux hat darüber hinaus den Vorteil, dass das Programm wirklich sicher ist, also muss man nicht für eine teure Sicherheits- und Anti-Virus-Software blechen.
Und wenn das nicht funktioniert, nehmen Sie zwei Dosen, eine lange Schnur und …
28. November, der Vorabend des Kauf-nix-Tages
Nachdem ich mir gestattet hatte, den Tag freizunehmen, begann ich schließlich, mich etwas zu entspannen, und freute mich auf den folgenden Tag. Mein Zeitplan sollte in etwa so aussehen:
07:00 Wache auf, frühstücke eine Kleinigkeit, lese ein bisschen.
09:00 Treffe Fergus, fahre mit seinem Lieferwagen zum Lebensmittelgroßhandel, um zu sehen, ob wir dort für das Fest nicht mehr verwendetes Gemüse
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