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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Boyle
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sollten mit einfachen Dingen wie Äpfeln, Brombeeren und Brennnesseln beginnen und dann ihr Wissen kontinuierlich ausbauen.
    Das zweite Bein des kostenfreien Essenstischs ist das, was ich als »städtische Nahrungssuche« bezeichne: sich vom Abfall anderer Menschen ernähren. Die Nachrichtenmedien stellen dies gern so dar, als würde man in jemandes Müllcontainer springen (manchmal auch als »Mülltauchen« oder »Müllplündern« bezeichnet), obwohl es etwas ganz anderes ist. Das Suchen in Müllcontainern hat definitiv seine Berechtigung, obwohl es immer schwieriger wird. Das Problem – und gleichzeitig das, was es so großartig macht – ist, dass man vorher nie weiß, was man bekommt. Es ist gut möglich, dass die Ausbeute die Nahrungsration für eine ganze Woche ist, aber aus ernährungsphysiologischer Sicht würde ich Ihnen nicht empfehlen, sich nur von Abfall zu ernähren. Man bekommt sehr selten gute, frische Bioprodukte, und jede Ernährung, die das nicht ist, ist in meinen Augen ungesund, wenn man bedenkt, wie viele Pestizide auf Erdölbasis, Herbizide und synthetische Düngemittel auf Obst und Gemüse gesprüht werden, das auf herkömmlichen Bauernhöfen angebaut wird. Aber das Mülltauchen ist ideal für Produkte, die man nicht ohne aufwendige Bearbeitung mit den entsprechenden Geräten anbauen oder sammeln kann. Ich baue lieber Beziehungen zu den Geschäften auf, die einwandfreies Essen wegwerfen, weil sie sich den Ruf erhalten wollen, nur die frischesten Lebensmittel zu verkaufen. Oftmals müssen sie für deren Entsorgung bezahlen, und ich habe festgestellt, dass sie einem, wenn man sich ihnen auf die richtige Art nähert, sehr bereitwillig ihren Abfall überlassen. Letztlich werfen sehr wenige Menschen gern unverdorbene Lebensmittel weg, besonders wenn man bedenkt, dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung Hunger leidet.
    Die zwei anderen Beine des Tisches sind die zwei Arten, wie man ohne Geld an frische Bioprodukte und -getreide aus der Gegend herankommt. Das Naheliegende ist der Eigenanbau. Es ist extrem schwierig, mit dem Anbau organischer Lebensmittel im kleinen Rahmen Profit zu machen, da Supermärkte die Gestaltung dessen, was die Öffentlichkeit als normalen Preis betrachtet, komplett verändert haben. Die wenigen Öko-Bauern, die es gibt, gehen ihrem Geschäft sicherlich nicht wegen des Geldes nach, da man auf viel einfachere Art für seinen Lebensunterhalt sorgen kann. Die meisten tun es, weil sie sich mit Leidenschaft dem Anbau von chemikalienfreiem Obst und Gemüse verschrieben haben, weil er die langfristige Gesundheit des Bodens achtet. Es hält Sie jedoch nichts davon ab, selbst Lebensmittel anzubauen. Mir erscheint es verrückt, dass ein Kleinbauer in stundenlanger Arbeit Pflanzen anbauen soll, um sie dann zu lächerlichen Großhandelspreisen zu verkaufen und mit den Profiten seine eigenen Lebensmittel zu viel höheren Einzelhandelspreisen zu kaufen.
    Es ist wirklich mühsam, sich um seinen Nahrungsbedarf komplett selbst kümmern zu müssen, es sei denn, man ist Teil einer Gemeinschaft, die ihre Nahrungsmittel selbst anbaut. Hier kommt das letzte Bein zum Tragen – Tauschhandel. Tauschhandel kann entweder ein Austauschen von Lebensmitteln sein, besonders im Sommer, wenn bei vielen ein Überangebot herrscht, oder ein Austausch von Fähigkeiten gegen Essen oder Fähigkeiten, die man selbst nicht hat. Ich mache das gern auf die zwanglose Art, erledige am Tag intensive Arbeit für jemanden und erhalte am Ende eine nicht ausgehandelte Menge Lebensmittel.
    Manche meinen, das höre sich sehr riskant an, aber ich habe mich noch nie ausgenutzt gefühlt. Manchmal erzähle ich, dass ich einen ganzen Tag lang für einen 25-Kilo-Sack Hafer gearbeitet habe. Die meisten erklären mich dann für verrückt. Man kann den gleichen Sack für 20 Pfund kaufen, während ich dafür neun Stunden hart gearbeitet habe. Aber diese Leute denken in konventionellen Bahnen. Ich meine, wir müssen uns die realen Lebensmittelkosten bewusster machen. Diese 25 Kilo Hafer sollten niemals 20 Pfund kosten. Wenn ich so viel Hafer pflanzen, jäten, bewässern, ernten und walzen müsste, bräuchte ich dafür rund 60 Stunden. Daher bekomme ich den Gegenwert von 60 Stunden Arbeit für nur neun Stunden. Das ist meiner Meinung nach ein toller Tausch, und das findet auch die Person, der ich helfe. Das ist das Schöne an der Sache. Solche Beziehungen lassen viel engere Freundschaften zwischen Menschen entstehen, und ich glaube,

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