Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
über die Philosophie hinter meinem Experiment zu sprechen.
14:00 –14:20 Drei weitere kleine Lokalsender rufen für kurze Interviews an. Obwohl sie kein Millionenpublikum haben, sage ich Ja, da die Moderatoren immer sehr nett und hilfsbereit sind und das Ganze etwas persönlicher abgeht.
14:25 Schnelles Mittagessen. Ich erhalte eine E-Mail, dass ich am Sonntag einen einstündigen Vortrag bei einer Permakultur-Veranstaltung halten soll. Nett, dass man mich so weit im Voraus informiert.
14:45 Mache mich mit Claire im Lieferwagen auf die Suche nach Getreide, das für den Müll bestimmt ist. Gehe zu einem Naturkostladen im Ort. Man gibt uns 25 Kilo Polenta, 25 Kilo Weizenflocken, 35 Kilo Reis und 10 Kilo Couscous, bei denen überall das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Tolles Ergebnis.
15:20 Gebe i105–107 FM vom Beifahrersitz des Lieferwagens aus ein Interview, während ich weiter nach abgelaufenen Lebensmitteln Ausschau halte. Es langweilt mich, meine Stimme immer wieder das Gleiche sagen zu hören. Ich versuche so zu klingen, als ob mir die Wörter gerade erst eingefallen wären, aber es ist ein Krampf. Ich habe die gleichen Dinge heute so oft auf die gleiche Art gesagt. Ich hoffe, es klingt nicht so, als fehle es mir an Begeisterung, denn das stimmt nicht; mich langweilen nur die immer gleichen Fragen.
15:45 Fahre wieder zu meiner Freundin zurück, schwinge mich auf mein Fahrrad und radle in die Stadt.
16:15 Lasse schnell die Flyer drucken.
16:30 Kaufe zum letzten Mal für die nächsten zwölf Monate ein paar Lebensmittel ein.
16:45 Kaufe mir ein Buch, solange ich das noch kann.
16:50 Radle zum BBC -Studio in Bristol.
17:15 Führe ein Interview mit dem World Service. Ich liebe World-Service-Interviews – die Moderatoren stellen die wirklich wichtigen Fragen und vergeuden ihre Zeit nicht mit Trivialitäten. Es ist ein Jammer, dass ich den Tag über nicht nur mit ihnen reden konnte. Sie waren die Ersten, die mich nicht gefragt haben, was ich am meisten vermissen werde.
17:50 Radle wieder Richtung Zuhause.
18:05 Hole mir einen Platten im Hinterrad, als ich durch eine Gegend in Bristol fahre, die im wahrsten Sinne des Wortes ein Glasscherbenviertel ist. Die kürzeste Route ist nicht immer die schnellste.
18:25 Laufe eine Meile bis zu Fergus’ Haus. Ich mache mir große Sorgen, dass ich das Hinterrad meines Fahrrads mit den etwa 25 Kilo Last in den Satteltaschen verbogen habe. Das kann nicht gut sein für den Schlauch.
18:30 Fergus und ich fahren (mit Fergus’ Lieferwagen, der inzwischen wieder fährt), zu Claire zum Abendessen. Ich werde die letzte Nacht meines Lebens in der Normalität hier verbringen. Was auch immer das bedeuten mag.
19:00 Ich versuche, den Platten zu reparieren. Statt des Rades schraube ich die Kettenschaltung ab. Ich bin völlig am Ende, und das ist das Letzte, was ich gebrauchen kann.
19:02 Trete gegen das Sofa. Entschuldige mich bei Claire. Liege total erschöpft auf dem Fußboden.
19:03 Sehe Fergus zu, wie er versucht, die Kettenschaltung zu reparieren.
19:10 Sage zu Fergus, dass es völlig hoffnungslos ist, weil keiner von uns beiden einen blassen Schimmer davon hat.
19:45 Fergus behauptet, er habe die Schaltung repariert. Mein Körper hat seinen toten Punkt überwunden.
19:47 Ich umarme Fergus.
20:00 Umarme Fergus immer noch. Er schüttelt mich ab und fragt, wann es Abendessen gibt.
20:05 Ich teste das Fahrrad. Obwohl die vordere Schaltvorrichtung nicht funktioniert, sind die hinteren Gänge in Ordnung. Mein Fahrrad fährt wieder.
20:15 Ich fange an, Essen zu machen. Esse die Hälfte, verdaue sehr wenig, flicke den Platten.
21:45 Fahre mit meinem leicht demolierten Fahrrad in die Stadt.
22:00 Treffe mich mit meinen Freunden Chris und Suzie. Bestelle mein letztes Bier und ein paar für die beiden und kippe meines ziemlich schnell runter.
22:40 Radle nach Hause, um um 23 Uhr an diesem Tag mein letztes Interview zu geben.
23:00 Interview mit dem BBC World Service, Europaausgabe. Ich erinnere mich daran, dass ich so langsam reden muss, wie ein Ire das nur kann, da Englisch nicht die Muttersprache der Zuhörer ist. Bin auch nicht sicher, ob es meine Muttersprache ist.
23:30 Gebe Claire die letzten Pennys, die ich in der Tasche habe. Als Studentin und in dem Wissen, dass sie bald die Freundin des mittellosesten Mannes im Vereinigten Königreich sein wird, nimmt sie das Geld dankend an.
23:35 Gehe ins Bett.
23:36 Schlafe ein.
23:36 Werde geweckt durch die SMS eines
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