Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Wintermonate so hektisch gewesen waren, hatte ich das Holzhacken vernachlässigt und fing eigentlich erst Ende Februar richtig damit an. Zu dem Bauernhof, auf dem ich freiwillig arbeitete, gehörte ein überwuchertes Stück Land, um das sich seit Jahren keiner richtig gekümmert hatte. Darauf standen jede Menge Bäume, die längst hätten gefällt oder gestutzt werden sollen. Es gab also reichlich Holz für mich. Ich lieh mir einige Werkzeuge über das Werkzeugverleihprojekt der Freeconomy-Community-Website aus. Die Leute überließen sie mir gern, aber mir war das etwas unangenehm. Die meisten, die Werkzeuge borgen, wissen, dass sie neue kaufen können, wenn etwas passiert. Diesen Luxus hatte ich nicht, daher hatte ich panische Angst davor, die geliehenen Werkzeuge zu beschädigen. Das bedeutete aber auch, dass ich wirklich gut auf sie achtgab.
Was für Werkzeuge ich brauchte, hing davon ab, welches Holz ich stutzte und in welcher Wachstumsphase es sich befand. Zum Stutzen gehörte das Herunterschneiden der jungen Baumstämme bis fast auf Bodenhöhe. Dadurch bekommt man sofort Holz, und neue Triebe wachsen nach. Für Haselnusssträucher und andere junge nachwachsende Hölzer waren Hippen (ein traditionelles Handwerkzeug, ähnlich einer Machete, aber mit einem gebogenen Ende) das schnellste und am saubersten arbeitende Gerät. Baumscheren (eine Schere am Ende einer langen Stange) und eine Astsäge waren gut für kleinere Stämme, und bei älteren Beständen fand ich, dass eine Bügelsäge am besten arbeitete. All diese Geräte bekam ich von Freeconomy-Mitgliedern in Bristol und Bath.
Meine erste Aufgabe jeden Morgen war, meine Geräte zusammenzusuchen und die Bäume auszuwählen, die ich fürs Kürzen für am besten geeignet hielt. Das war mir die liebste Tageszeit. Die aufgehende Sonne lugte jeden Morgen ein bisschen früher über dem östlichen Horizont des Tals hervor und taute den leichten Raureif, der die Hügel bedeckte, auf denen ich umherwanderte. Die Vögel lieferten sich einen Wettbewerb in X-Factor -Manier, und jeder versuchte, den anderen zu übertreffen. Der Unterschied war, dass diese Kandidaten alle wunderschön singen konnten. Und die Kaninchen merkten, dass der Homo sapiens erwacht war, und waren so klug, aus meinem Gemüsebeet in die sichere Hecke zu hoppeln. Woher sollten sie auch wissen, dass ich Veganer war?
Das Herunterschneiden von Bäumen ist nicht ohne Grund verpönt. Die Menschheit fällt Bäume in einem alarmierenden Ausmaß, und das in einer Zeit, in der wir mehr Bäume brauchen, damit sie die steigenden CO 2 -Mengen absorbieren, die in der Atmosphäre enthalten sind. Doch wenn man seinen eigenen Brennstoff benutzt, der nur ein paar Meter vom eigenen Haus entfernt wächst, ist dies eine viel umweltfreundlichere Heizquelle, als norwegische Pipelines anzuzapfen oder den Brennstoff aus kriegszerrütteten, instabilen Ländern herzutransportieren. Um die schlimmsten Folgen des Klimachaos abzuwehren, müssen wir nicht nur dafür sorgen, dass Lebensmittel nicht über große Entfernungen transportiert werden, wir müssen auch über die Entfernungen nachdenken, über die Brennstoffe transportiert werden.
Wenn das Holz am Boden lag, was meist vor dem Mittagessen der Fall war, bestand meine nächste Aufgabe darin, es klein zu hacken, damit es schneller ablagern konnte. Jedes Holz (außer Esche, die man sofort verbrennen kann) braucht zum Trocknen unterschiedlich lange, doch ein Jahr ist bei den meisten Arten ausreichend. So viel Zeit konnte ich mir nicht leisten. Da meine Vorräte fast aufgebraucht waren, mussten einige Hölzer binnen sechs Monaten trocken sein, sonst müsste ich am Ende meines Jahres ganz schön frieren. Nachdem ich das Holz mit einer Axt gespalten hatte, trug ich so viel ich konnte in meinen Wohnwagen, wo ich es neben dem Holzofen stapelte, und ihm so die Chance gab, in den letzten Monaten des kälteren Wetters drinnen zu trocknen. Den Rest deckte ich mit einer Plane ab und wartete darauf, dass die Sommersonne es trocknen würde. Jeden Tag nahm ich Holz unter der Plane hervor als Ersatz für das am Vorabend verbrannte.
Es war unglaublich, wie schnell der Januarschnee aus meinem Gedächtnis entschwunden war. Ich genoss die Tage, in denen ich draußen Holz sammeln konnte. Damit war ich die letzten zwei Februarwochen beschäftigt. Zum ersten Mal in meinem Leben ging ich am Valentinstag ohne Oberteil in den Wald zum Holzhacken. Pech für mich (aber Glück für sie): Die einzigen
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