Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
besonders wichtig. Ironischerweise half ich der Wohlfahrtsorganisation dabei, Geld aufzutreiben, aber ich bin sowohl Realist als auch Idealist. Ich wusste, dass die Organisation in diesem Stadium ohne Geld nicht überleben und ohne Mittel mit ihrer großartigen Arbeit für Kinder in Bristol und Bath nicht weitermachten konnte.
Mir wurde durch Freeconomy auch einige Male geholfen. Ich lernte, wie man mit einem Rasiermesser umgeht, was im Sommer eine essenzielle Fähigkeit war: Der Bart, der mich im Winter warm gehalten hatte, war seit längerer Zeit ohne Nutzen. Und ich bekam wichtige Hilfe, als mein Laptop den Geist aufgab. Wenn ich nicht jemanden gefunden hätte, der bereit war, mir seinen alten zu überlassen, wäre ich nicht in der Lage gewesen, weiterhin das Bewusstsein für Themen zu wecken, die die philosophischen Grundlagen für mein Tun bildeten, oder die Freeconomy-Website zu verwalten. Doch zufälligerweise ging es beim Freeskilling-Abend in der folgenden Woche um das Thema »Wie baue ich einen Computer?«. Ben Smith, der Freeskilling-Lehrer für diesen Abend, bot mir an, ein Gerät für mich zusammenzubauen. Er zeigte mir auch, wie man Linux als Betriebssystem installierte. Er bot nicht nur mir seine Hilfe an, sondern auch allen anderen im Kurs und darüber hinaus kostenlose, weiterführende Unterstützung für jene, die sie brauchten. Ben war kein richtiger Microsoft-Gegner, sondern lediglich ziemlich begeistert von Leuten, die kostenlose und Open-Source-Software benutzten. Dank Ben konnte ich teilweise wieder mit der Welt kommunizieren.
Ohne die Hilfe der Freeconomy Community wäre es viel schwieriger gewesen, mein Jahr ohne Geld zu Ende zu führen. Aber das ist genau der Punkt: Es sollte nicht etwas sein, das Sie allein tun müssen oder das das Leben schwer macht. Da jedes Jahr neue Projekte wie Freeconomy, Couchsurfing, Freegle, Freecycle und Liftshare ins Leben gerufen werden, wird das Leben ohne Geld immer einfacher. Und wenn ich es kann, kann es jeder. Ich bin wirklich einer der untalentiertesten Menschen, dem Sie vermutlich je begegnen werden.
Ich hatte im Sommer eine tolle Zeit. Obwohl ich fast jeden Tag ab fünf Uhr morgens bis Mitternacht unterwegs war, hatte ich eigentlich nicht das Gefühl, dass Arbeit und Vergnügen zwei verschiedene Dinge seien. Was ich am Tag tat, tat ich gern, und ich schätzte die Zeit, die ich am Abend mit Freunden verbringen konnte, noch mehr. An vielen Abenden versammelten sich mehrere Freunde, die Lust hatten, Musik zu machen, am Lagerfeuer. Alex spielte Geige, Wally klimperte auf der Gitarre, und wir alle sangen und tanzten, bis die Temperatur uns sagte, dass es Zeit war, die Glut zu löschen und ins Bett zu gehen. Das ließ mich darüber nachdenken, wie viel einfacher es gewesen wäre, wenn ich mein Experiment in einem Land wie Spanien durchgeführt hätte, wo es das ganze Jahr über mehr Sonnenschein gab. Doch aufs europäische Festland abzuhauen, wäre leicht am Thema vorbei gewesen. Modelle für nachhaltige Lebensformen werden im Vereinigten Königreich genauso gebraucht wie anderswo.
Die Sommersonnenwende ging vorüber. Während viele Menschen sie feiern, hasse ich diesen Tag geradezu. Nach der Sonnenwende werden die Tage immer kürzer, dabei hatte ich die scheinbar endlosen warmen Abende lieben gelernt. Doch obwohl mein erster Sommer ohne Geld zu Ende gegangen war, standen mir einige der besten Tage noch bevor.
1 Deutsche Übersetzung bis auf den vorletzten Satz aus: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,677385,00.html
13 Die Ruhe vor dem Sturm
Auf meiner winzigen CD -Kollektion von acht CD s, die in einer Ecke über meinem Bett lag, hatte sich inzwischen eine dicke Staubschicht gebildet. Es war mir ein Rätsel, warum ich an ihnen hing. Die meisten Alben enthielten den Soundtrack meiner Teenagerjahre. Ich vermute, ich behielt sie, um die Zeit festzuhalten, in der die wichtigsten Dinge im Leben das süße Mädchen vom anderen Ende der Straße und gegen wen United am Wochenende spielte, waren. Ich hatte auch den Verdacht, dass ich an ihnen festhielt für die Zeit eines möglichen Wiedereinstiegs in die Welt der Steckdosen, jener unwahrscheinlichen Tore in das herrliche Reich von Ziggy Stardust and the Spiders from Mars.
Es war neun Monate her, seit ich diese CD s abgespielt hatte. Neun Monate, seit ich meinen Kumpels ein Bier spendiert hatte oder mit dem Zug an die Küste gefahren war. Doch der Staub gab mir ein merkwürdiges Gefühl von Trost. Er war
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