Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
Vom Netzwerk:
seinen Gliedern. Eine Landschaft, ihm völlig unbekannt, mit riesigen Felsen und Erdspalten von bodenloser Tiefe. Eine Geröllwand, haushoch und an die hundert Meter breit, kam rasend schnell auf ihn zu. Obwohl er sah, daß Miriam, ahnungslos lächelnd, mit dem Rücken zu dieser Wand am Boden saß, wandte er sich zur Flucht. Ihr Lächeln vor Augen, ließ er sie im Stich, nicht einmal schreien konnte er vor Schreck. Er entfernte sich von Ihr, von seiner Frau, ohne daß er auch nur den Versuch machte, sie zu retten.
    Als er seinem Alptraum endlich entronnen war, wußte er für den Moment nicht, wo er sich befand. Nur einen eigenartigen Druck verspürte er auf der Brust, ein Würgen im Hals, als ob ihm die Luft wegbliebe. Er drehte sich zur Seite, versuchte weiterzuschlafen, doch etwas hinderte ihn daran. Der Druck auf der Brust wich nicht, irgendwie unterschied sich diese Nacht von den vorangegangenen. Bis er begriff, daß es das Surren des Sauerstoffregulators war, das fehlte. Die Angst fuhr ihm in die Glieder. Er schaltete die Neonbeleuchtung ein und rief nach Dr. Palmes. Er mußte den Kameraden wecken, sich mit ihm beraten. Aber das Bett des Biologen war leer. Sicherlich war er im Labor eingeschlafen; er hatte gestern lange gearbeitet.
    Mit einem Satz war Sart aus dem Bett und an der ChlorellaAnlage. Der Regulator war eingeschaltet, doch er funktionierte nicht… Jetzt verstand der Geologe auch, weshalb er Atembeschwerden hatte. Er riß die Tür seiner Kabine auf, im Steuerzentrum brannte noch Licht, natürlich, der Navigator hatte Nachtwache. Auch diese Tür flog auf, da stand er in zerknittertem Schlafanzug und kam erst jetzt völlig zu sich.
    Sart war der Jüngste der Besatzung, und als ihn die anderen beiden jetzt entgeistert anstarrten, schämte er sich seiner Panik. Er, ein Mann der Wissenschaft, der sich verpflichtet fühlte, abgeklärt und besonnen zu erscheinen, stets Herr der Lage zu sein! Verlegen strich er sich die Haare aus dem Gesicht. Er wußte nicht, wie er beginnen sollte, schon befürchtete er, sich vielleicht doch getäuscht zu haben. Etwas stockend erklärte er schließlich, weshalb er hier so hereingeplatzt war. Aber erst als er merkte, daß weder der Kommandant noch der Navigator die Sache auf die leichte Schulter nahmen, entdeckte er auch die Veränderungen in der Steuerkabine. »Was ist los, zum Teufel, warum habt ihr alle Instrumente außer Betrieb gesetzt?« Und mit wachsender Besorgnis hörte er, was inzwischen vorgefallen war.
    Es war der zweite ernste Schaden innerhalb kurzer Zeit, und es fiel schwer, an einen Zufall zu glauben. Sart brauchte wenig Phantasie, um sich vorzustellen, was geschehen würde, wenn man der Ursache nicht bald auf die Spur käme. Zwar war die Luft im Steuerzentrum gut – außer dem Sauerstoffaggregat in seiner Kabine gab es noch zwei Chlorella-Anlagen, die im Notfall die Arbeit des ausgefallenen Gerätes mit übernahmen – doch was würde passieren, wenn die Defekte weitergingen? Erneut sah Sart das Gesicht seiner Frau vor sich, diesmal ernst, er spürte ihren fragenden Blick. Kurz vor dem Start zur Kalten Sonne hatten sie geheiratet, und er wußte, wie Miriam auf seine Rückkehr wartete. Zwei Monate Urlaub, wenn er wieder da war, das hatten sie sich vorgenommen, und alles nachholen, was sie in dem Jahr versäumten, da sie getrennt waren. Von den vier Männern der Besatzung war es deshalb der junge Geologe, der der Heimkehr am meisten entgegenfieberte. Freilich, der Kommandant wurde von seinem Enkelsohn erwartet, Surkin von der Mutter, und Dr. Palmes von seinen beiden Töchtern Bell und Lydia. Er aber hatte Miriam, die keinen Tag vergehen lassen würde, ohne an ihn zu denken. Nein, es war nicht möglich, daß sie auf diesem letzten Teil der Reise noch ernstlich in Schwierigkeiten gerieten. Es durfte einfach nicht sein.
    Plötzlich erinnerte sich Sart an Dr. Palmes, der nicht in der Kabine gewesen war und den sie in der Aufregung völlig vergessen hatten. Sie stürzten ins Labor und atmeten auf, als sie ihn dort ruhig schlafend auf einer Pritsche fanden. Er war zu bequem gewesen, sein Bett aufzusuchen, hatte wohl auch den Gefährten nicht zu später Stunde stören wollen. Ein rücksichtsvoller Mann, der Biologe, trotz seines großen Wissens außerordentlich bescheiden. Sart schätzte ihn sehr und erkannte seine Autorität in allen wichtigen Dingen an. Fast bedauerte er, daß er den Biologen wecken mußte; er tat es so behutsam wie möglich.
    4. Dr. Palmes
Auf dem

Weitere Kostenlose Bücher