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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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huschte hin und her, erfaßte für einen Moment sein Gesicht. Bruno vernahm fremde Laute, jemand zog das getötete Ungeheuer von ihm weg. Er stöhnte auf, denn eine Kralle saß noch immer tief in seinem Oberschenkel. Zwei Arme legten sich um ihn, hoben ihn hoch. Eine Stimme murmelte: »Okay, okay, you are in safety…«
Das Deckenlicht flammte wieder auf. Man trug ihn in den Saal zurück, setzte ihn in den Ledersessel. Allmählich kam er zu sich, vermochte seine Rettung kaum zu fassen. Ein Dutzend amerikanische Soldaten umringten den Professor und Caramallum. Von Pulex jammerte, weil ihm die Brille heruntergefallen war, als ihm ein Soldat eine Ohrfeige versetzt hatte. Der Professor zählte seine Titel auf, verlangte energisch, einen General zu sprechen, und faselte sogar etwas von der Genfer Konvention.
Ein Sanitäter betupfte Brunos Wunden mit Jod. Trotz der brennenden Schmerzen, die diese Behandlung hervorrief, lauschte er mit Verwunderung den englischen Worten, die der Sanitäter unablässig herausknautschte. Auch die andern Soldaten bewegten in einem fort die Kinnbacken, doch kam dabei kein Ton über ihre Lippen. Erst später begriff Bruno, daß sie Kaugummi zwischen den Zähnen hatten. Ein Offizier wandte sich an ihn. Er müsse noch einige Tage im Schloß verbringen, man brauche ihn als Zeugen. Auch sollte Bruno noch gegen Wundstarrkrampf geimpft werden.
Er war froh, jemanden gefunden zu haben, der seine Sprache redete, berichtete empört von den verrückten Plänen des Professors. Doch sagte er damit den Soldaten dieser Spezialeinheit nichts Neues. Sie waren seit langem auf der Suche nach dem ihnen nicht unbekannten Wissenschaftler und seinem Murdercastle.
Eine Stunde nach der wunderbaren Rettung lag Bruno wieder in seinem Bett. Er hatte eine Tetanusinjektion bekommen und fühlte sich nach den Aufregungen dieser Nacht begreiflicherweise wirklich krank und elend.
Gute Pflege brachte ihn bald wieder auf die Beine. Er durfte das Schloß besichtigen, sah die Kellerräume, in denen es von Karnickeln wimmelte. Die Blutspender des Professors sollten nun einem nützlicheren Zweck zugeführt werden. Auch einige lebende Exemplare der Riesenflöhe und -ameisen durfte er sich ansehen. Man war gerade dabei, sie in sicheren Käfigen unterzubringen, um sie nach Übersee zu transportieren. Dort wollten sich Experten mit den erstaunlichen Zuchtergebnissen des Professors befassen.
Trotz des Grauens, das Bruno beim Anblick der zischenden und übelriechenden Tiere überkam, konnte er eine heimliche Bewunderung über deren rätselhafte Metamorphose nicht verhehlen. War es nicht unbegreiflich, ja ein Wunder, derart winzige Kreaturen in solche Ungetüme zu verwandeln? Wesen nach meinem Willen – hatte der Wahnsinnige wirklich das Geheimnis der Schöpfung enträtselt?
Der Friseur zerbrach sich über die Möglichkeiten und Folgen derart absurd erscheinender Experimente nicht weiter den Kopf. Nach seiner Meinung würde der Herr von Pulex den Rest seines Lebens in einer Heilanstalt dahindämmern, wenn man ihn nicht sogar an den Galgen brachte. Als Bruno schließlich in einer Garage sein Auto unversehrt entdeckte, besann er sich schnell auf das Ziel seiner abenteuerlichen Reise. Schließlich lag sein Leben noch vor ihm.
Es war früher Vormittag. Seiner Weiterreise stand nichts mehr im Wege. Der freundliche Offizier, ein Leutnant, der akzentfreies Deutsch sprach, händigte ihm die entwendeten Papiere aus. Bruno erhielt reichlich Marschverpflegung; man erbot sich sogar, ihn mit einem Militärfahrzeug nach Hintergeißberg zu bringen, was er jedoch aus verständlichen Gründen ablehnte.
Zu seiner Verwunderung erfuhr er durch den Leutnant, daß sich auch noch der Professor im Schloß aufhielt. Psychiater waren bei ihm, auch einige Fachkollegen aus den Staaten, um sich sachlich und fachlich über die Forschungen des Professors zu unterhalten und zu ergründen, ob der Flohzüchter wirklich geisteskrank sei. Nun lagen Bruno Rachegedanken zwar fern, doch als er diese Nachricht vernahm, schwoll ihm der Kamm. »Wie«, rief er erbost, »man debattiert mit einem Mörder und Idioten über seine Flöhe? Haben Sie denn vergessen, daß der Schweinehund mich umbringen wollte? Der Mann ist doch eindeutig meschugge, das sehe ich sogar als Laie. Ist Caramallum auch noch hier? Womöglich nehmen Ihre Soldaten noch Boxunterricht bei ihm?«
Der Leutnant beruhigte ihn. Caramallum befinde sich bereits im Militärgefängnis. Sein richtiger Name sei übrigens

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