Der Mann zweier Welten
Entstehung des Tieres.«
»Worauf wartet ihr noch?« rief Nabah. »Er hat das Gesetz verletzt. Tiere aus Nachtland dürfen nicht nach Kronweld gebracht werden.«
»Ja, das stimmt«, murmelte Hoult. Ketan sah ihm an, daß er von der neuen Entdeckung erschüttert war.
Er machte sich aus dem Griff der Wachleute frei. »Laßt mich eine halbe Tara mit den beiden größeren Bors allein, und ich werde meine Behauptung beweisen können.«
Er wurde niedergeschrien. Nabah hatte sich erhoben und rief: »Der Mann darf nicht in Kronweld bleiben. Er ist zu gefährlich.«
Ein paar der Sucher empfanden Bewunderung vor dem Mann, der sich so weit auf fremdes Gebiet gewagt hatte. Aber sie konnten sich nicht durchsetzen.
»Wir können das Experiment nicht zulassen.« Hoults Stimme war nun fast wohlwollend. »Schon die Gegenwart der Bors ist gegen das Gesetz. Es genügt, um dich zu degradieren. Keinesfalls darfst du auf diesem Gebiet weiterforschen, wenn ich auch geneigt bin, wegen der Sache mit den Pflanzen Gnade vor Recht ergehen zu lassen …«
»Ich bitte nicht um Gnade!« fuhr Ketan auf. »Ich bitte um eine weise Entscheidung, obwohl Weisheit in dieser Halle eine seltene Eigenschaft zu sein scheint.«
Er unterbrach sich, erschreckt von seiner eigenen Kühnheit. »Wenn die Bors die alten Männer von Kronweld erschrecken, nun gut, dann sollen sie verschwinden. Ich kann meinen Beweis auch anders führen.«
»Und wie?« fragte Hoult kühl.
»Menschen können meine Behauptung ebenso beweisen wie Bors.«
In der Halle entstand ein schreckliches Schweigen.
»Was hast du gesagt, Ketan?« fragte Hoult drohend.
»Lassen Sie mich mein Werk fortsetzen. Die Sucherin Elta und ich sind übereingekommen, ein gemeinsames Leben zu führen. Wir werden euch die Entstehung des Lebens zeigen und den alten Aberglauben endgültig zerstören.«
Einige hatten aufgeschrien. Andere starrten Ketan in dumpfem Entsetzen an.
»Woher weißt du, wie das Innere eines Menschen aussieht?« fragte Hoult.
Aber Nabah war bereits aufgesprungen. »Er muß sterben. Er hat es gewagt, Menschen aufzuschneiden, um ihr Inneres zu sehen.«
»Das war nicht nötig«, erwiderte Ketan. »Ich habe eine Maschine, mit der ich durch die Haut sehen kann. Ich habe den gesamten Mechanismus des menschlichen Körpers aufgezeichnet. Er ist sehr kompliziert.«
Ein paar der Räte waren blaß geworden. Einer stand auf und lief weg. Ein anderer flüsterte: »Stellt euch vor, ihr geht durch die Straßen von Kronweld und trefft ein menschliches Wesen, in dessen Körper ihr bereits gehaust habt?« Auch ihm wurde schlecht.
8
Der Rat beschlagnahmte die Pflanzen und Bors und alle Zeichnungen, die Ketan in mühevoller Arbeit angefertigt hatte. Wachmann Varano wurde dazu abkommandiert, Ketan zu seinem Haus zu begleiten. Der Rat hatte sich geweigert, das Urteil in seiner Gegenwart vorzunehmen, eine seltsame Abweichung von dem normalen Verfahren.
Ketan erinnerte sich an Eltas Warnung: »Hoult kann dich nicht am Leben lassen.«
Sein Kampfgeist war gedämpft. Er hatte versagt, schmählich versagt. Er hatte versucht, die Tradition von ganzen Zeitaltern auf einmal zu sprengen. Elta hatte recht gehabt. Er hätte langsam vorgehen müssen. Jetzt sah er es ein. Wenn er sich mit den Pflanzen begnügt hätte, hätte man seine Erklärungen akzeptiert.
Er fragte sich, was er jetzt tun sollte. Er konnte nicht sein Leben lang als Wachmann verbringen. Er mußte nach Nachtland gehen und dort eine Gemeinschaft aufbauen, in der alle freien Sucher leben konnten.
Er wandte sich an Varano, als sie das Haus betraten. »Du hast die Verhandlung gehört. Was sagst du dazu?«
Varano zögerte. »Du bist ein Genie und ein Narr.«
»Das erstere bezweifle ich, aber das zweite stimmt. Aber wie soll die Revolution stattfinden?« Er deutete zum Geburtstempel hinüber. »Das Symbol für Kronwelds Borniertheit. Wenn der Tempel nicht zerstört wird, wird er Kronweld zerstören. Die Frauen gehen blind hinein und geben sich als Zuchttiere her. Existiert denn niemand, der das begreifen will?«
»Wenn ich mich recht erinnere«, sagte Varano, »braucht man auch den männlichen Teil zur Schaffung eines neuen Lebewesens. Aber es gehen nur Frauen in den Tempel.«
Ketan zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es auch nicht. Vielleicht hat man etwas gefunden, das den Mann unnötig macht. Aber ich werde noch alles beweisen. Varano, wenn du an meine Worte glaubst, mußt du mir helfen.«
»Was kann ich tun?«
»Ich werde
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