Der Marathon-Killer: Thriller
es.«
Aber er wusste, es war zu spät. Mit zitternden Schultern beugte er sich über sie und gab ihr einen Abschiedskuss auf die noch warmen Lippen.
54
»Wie wir es sehen, hat sie die Kugel abgefangen, die für den Präsidenten bestimmt war«, sagte William Straker über die sichere Videoleitung. Daniel Marchant wandte sich von dem Bildschirm ab zum Fenster. Ein holländisches Flussschiff fuhr unter Fieldings Büro die Themse hinauf. »Das ist bei uns schon etwas Besonderes«, fuhr Straker fort, »wenn ein loyaler Angehöriger der Agency sein Leben opfert. Der Präsident hat ein Staatsbegräbnis angeordnet.«
»Und wir kommen natürlich«, sagte Fielding. »Leila war eine außergewöhnliche Frau.«
Marchant bemerkte, wie Sir David Chadwick mit hochgezogenen Augenbrauen Bruce Lockhart ansah, den außenpolitischen Berater des Premierministers, der dem Chef gegenübersaß.
»Das würde uns sehr freuen, Marcus, wirklich«, sagte Straker. »In Zeiten wie diesen müssen Großbritannien und Amerika zusammenhalten. Niemand wird jemals die Nacht nach dem 11. September vergessen, als der Chef des MI6 es irgendwie geschafft hat, per Flugzeug zu uns nach Virginia zu kommen. So sollte es sein. Harriet, meine Herren, ich danke Ihnen.«
Der Bildschirm wurde schwarz, und die sechs Anwesenden saßen still da und lauschten dem Dröhnen eines
Flugzeugs, das über London hinweg nach Heathrow flog. Harriet Armstrong, deren Krücken an ihrem Stuhl lehnten, sah Chadwick an, der ihrem Blick auswich. Schließlich ergriff Marchant das Wort.
»Haben die alle Beweise gesehen?«
»Alles«, antwortete Armstrong.
»Und sie glauben immer noch, Leila habe für sie gearbeitet?«
»Nein. Aber sie müssen es glauben«, sagte Fielding. »Die Alternative wäre undenkbar. Und warum auch nicht? Sie hat ihren Präsidenten gerettet. Sie haben Straker gehört. Sie ›hat die Kugel abgefangen‹. Im Krieg gegen den Terror ist sie eine Heldin. Und im Augenblick braucht Amerika Helden. Und keine Verräter.«
»Warum haben sie dann zugestimmt, mich freizulassen?«, fragte Marchant. Zwei Agenten vom Secret Service hatten angefangen, Fragen zu stellen, als sie Leilas Leiche zu einem Krankenwagen brachten und Marchant darauf bestand, sie zu begleiten. Eine Stunde später befand er sich wieder in der Zelle im Keller der amerikanischen Botschaft. Erst heute Morgen war er schließlich wieder in England gelandet, in Fairford, dem Luftwaffenstützpunkt, von dem er zwei Wochen zuvor mit einer Haube über dem Kopf aus dem Land geschafft worden war.
»Als Gegenleistung, damit die Öffentlichkeit in Großbritannien ebenfalls an Leilas Treue glaubt.«
»Und das hat genügt, um mich laufen zu lassen? Die hielten mich für einen Verräter und dachten, ich wäre an einem Anschlag auf ihren Botschafter in London beteiligt.«
Fielding schob seine Papiere zusammen und blickte
sich im Raum um. Durch sein Zögern fühlte Marchant sich unbehaglich und ausgeschlossen. »Da ist doch noch etwas. Sagen Sie es mir.«
»Leila hat mir morgens am Tag ihres Todes eine E-Mail geschickt«, sagte Fielding und blickte Marchant an. »Darin hat sie Zeit und Ort des toten Briefkastens genannt, den sie mit ihrem iranischen Gegenüber vereinbart hatte. Es war hier in London, im Hydepark. Wir haben die Stelle beobachten lassen, obwohl bekannt war, dass Leila getötet wurde. Pünktlich zum angegebenen Termin erschien jemand von der iranischen Botschaft, für den Fall, dass sie etwas hinterlassen hätte, bevor sie nach Indien gegangen ist. Dieser Mann war uns unbekannt, er stand nicht auf der Liste von Diplomaten. Harriet hat ihn sich geschnappt.«
»Er war ein hoher Beamter der VEVAK, und dafür, dass er das Land verlassen durfte, hat er uns alles erzählt, was wir wissen wollten«, berichtete Armstrong. »Wann Leila angefangen hat, für die Iraner zu arbeiten, dass sie ihr keine andere Wahl gelassen haben, weil sie ihre Mutter hatten, wie die Amerikaner sie rekrutiert haben. Aber offensichtlich hat Leila bei dem Handel einiges herausgeholt, mutig und überaus selbstlos. Als Gegenleistung hat der VEVAK nicht nur die Sicherheit ihrer Mutter garantiert, sondern zudem alle Polizeiaktionen gegen die Bahai-Gemeinde im Iran eingestellt.«
Sie schwiegen. »Das bestätigen auch die Daten des letzten Menschenrechtsberichts«, sagte Denton leise. »Die Zahl der hingerichteten Bahai in den letzten sechs Monaten ist die niedrigste seit der Revolution 1979.«
»Wir haben ein Transkript nach
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