Der Marktmacher
weitem. Als er so aus dem Büro herausrauschte, an jeder Seite einen seiner Begleiter, die sich einen halben Schritt hinter ihm hielten, sah er beinahe aus wie ein M a fiaboß in Begleitung seiner Leibwächter.
Und diese Burschen waren kaum weniger gefährlich als die Mafia. Bloomfield Weiss ’ Aggressivität im Bereich der Unternehmensübernahmen wie auf anderen Gebieten war legendär. Diese beiden waren höchstpersönlich an der Zerschlagung von Dutzenden Unternehmen in aller Welt beteiligt gewesen. Die offizielle Bezeichnung lautet M&A, Mergers and Acquisitions , also Fusionen und Übernahmen, aber weniger offizielle Bezeichnungen vermitteln einen besseren Eindruck vom tatsächlichen Geschehen: »Personalabbau«, Shareholder value oder »Wertzuwachs für A k tionäre«, »Abstoßen von Randaktivitäten«, »Geld aus dem Unternehmen quetschen«. Und dann gibt es noch eine Reihe von Wortprägungen, die sich mit einem zweiten Aspekt des Prozesses beschäftigen: »goldener Fallschirm«, das heißt, die großzügige Abfindung für leitende Angestel l te nach der feindlichen Übernahme von deren Unterne h men, »Anreizsystem « u nd vor allem das kleine Wörtchen »Provision«.
Stahl stellte mich vor als »das Bürschchen, von dem ich euch erzählt habe«. Die Banker hießen Schwartz und Go d frey. Über die gepflasterten Plätze im Zentrum von Broa d gate eilten wir zu einem Taxi, das uns in einer der Seite n straßen am Rande des Komplexes erwartete. Das Büro von Dekker Ward lag in einer kleinen Straße gleich hinter der Bank von England. Eine Viertelstunde brauchten wir, um uns durch den Verkehr der City zu kämpfen. Zu Fuß hätte es fünf Minuten gedauert.
Natürlich war ich vorher noch nie im City-Büro von Dekker Ward gewesen. Dort wurden die traditionellen Geschäfte abgewickelt, die nichts mit Ricardo zu tun hatten: der Handel mit englischen und ehemaligen Kolonialaktien, die Betreuung einiger Privatkunden, eine kleine Fondsverwaltungsgesellschaft und Unternehmensfinanzierung. Zumindest nahm ich das an. Fünf Kilometer entfernt, hoch oben im Canary Wharf Tower, wußte niemand aus Rica r dos Team eigentlich so genau, was Dekker Ward machte. Es interessierte auch niemanden wirklich.
Das Gebäude hatte eine elegante, hellgrau gestrichene, aus dem 19. Jahrhundert stammende Fassade. Wir betraten eine Eingangshalle, die einem Landsitz gut zu Gesicht gestanden hätte. Der Mitarbeiter am Empfang hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Butler als mit einem Wachmann. Nachdem unsere Personalien respektvoll aufgenommen worden waren, wurden wir erst in einen Fahrstuhl und dann, ein Stockwerk höher, in einen Sitzungssaal geführt, wo die Porträts einer Reihe viktorianischer Finanziers auf einen langen, polierten Tisch starrten. Ich ließ meinen Blick über die Namen wandern. Zwar gab es einen Dekker und einen Ward, aber die Kertons waren eindeutig in der Überzahl.
Auch Stahl sah sich rasch in dem Saal um. Offenbar gefiel er ihm ausnehmend gut. »He, Dwight, glaubst du, wir können den achtunddreißigsten Stock so ausstaffieren?«
Ich warf einen Blick auf die beiden Banker und konnte nur mit Mühe ein Lächeln unterdrücken.
»Weiß nicht, Sidney«, erwiderte der Mann namens Dwight, »wir bräuchten dazu ein paar Fotos von deiner Familie. Dann finden wir schon ’ nen Maler, der das hinkriegt.«
Stahl lachte. »Die müssen unbedingt ein Gemälde von meiner alten Grandma aufhängen. Hast du gewußt, daß sie Heiratsvermittlerin war? Eine von diesen Babuschkas , die Ehen anbahnen? Mann, die konnte wirklich aus nichts ein Geschäft machen.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Lord Kerton betrat den Ort des Geschehens. Mit seiner großen Statur, dem langen blonden Haar und dem eleganten Anzug strahlte er Gelassenheit und Selbstsicherheit aus. »Guten Morgen«, sagte er und streckte die Hand aus. »Andrew Kerton.«
Stahl ergriff seine Hand. »Sidney Stahl. Das hier ist Dwight Godfrey. Jerry Schwartz. Und Nick Elliot kennen Sie, glaube ich.«
»Oh, ich denke nicht«, sagte er, gab mir aber trotzdem die Hand und lächelte mich freundlich an.
Stahl warf mir einen befremdeten Blick zu. »Nick hat bis vor kurzem für Dekker Ward gearbeitet.«
Kerton runzelte die Stirn.
»In der Emerging Markets Group«, fügte ich rasch hinzu . » Wir haben uns einmal getroffen.«
»Oh, tut mir leid. Es sind einfach zu viele Leute dort, ich konnte Sie nicht gleich unterbringen. Sind wieder abgesprungen, nicht wahr?«
»Das
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