Der Marktmacher
der beiden anderen Männer wechselte augenblicklich von verächtlichem Ernst zu leichter Amüsiertheit.
»Habt ihr das gehört, Leute? Das nenn ich Chuzpe. Der will ein M&A-Mandat.« Er zog eine Zigarre aus der Tasche und klemmte sie sich zwischen die Zähne. Lächerlich groß wirkte sie bei dem kleinen Mann. Trotz des Gelächters war ich ermutigt. Umständlich zündete sich Stahl die Zigarre an, was ihm Zeit zum Nachdenken gab.
»Ist Dekker Ward nicht ein Privatunternehmen?« fragte er. »Hat da nicht dieser Bursche, den man den › Marketm a ker ‹ nennt, die Hand drauf? Wie heißt er denn noch gleich? Ricardo Ross, richtig. Der wird doch nicht an uns verka u fen, oder?«
»Sie haben recht, es ist ein Privatunternehmen«, erwide r te ich. »Aber Ricardo hält nur einen sehr kleinen A n teil.«
Stahl hob die Augenbrauen. Sie waren dünn wie Bleistiftstriche, als wären sie gezupft.
»Ricardo findet andere Möglichkeiten, bei Dekker Ward auf seine Kosten zu kommen«, sagte ich. »Und wie!«
Die Augenbrauen rutschten wieder in ihre Normalposition. »Wem gehört die Firma dann?«
»Einundfünfzig Prozent sind bei Lord Kerton und seiner Familie. Seine Vorfahren haben die Firma vor einhundertdreißig Jahren gegründet. Neunundzwanzig Prozent befinden sich im Besitz von Chalmet et Companie, einer Schweizer Privatbank. Sie haben ihren Anteil 1985 kurz vor dem Big Bang, der Deregulierung des englischen Wertpapiermarktes, erworben. Die verbleibenden zwanzig Prozent gehören anderen Vorstandsmitgliedern.«
»Und Ross ist einer von ihnen?«
»Nicht direkt. Ross will nicht in den Vorstand. Ihm liegt daran, daß seine Emerging Markets Group so wenig wie möglich mit dem Rest der Firma zu tun hat.«
Wolpins und Stahls Blicke begegneten sich. Wolpins G e sicht schien zu sagen: »Hab ’ ich Ihnen doch gesagt«, Stahls hingegen ließ so etwas wie Gereiztheit erkennen. Offe n kundig war ich auf heikles Terrain geraten. Doch schon hatte Stahl seine Aufmerksamkeit wieder mir zugewandt. »Also, wie sollen wir das Unternehmen kaufen, wenn es in festen Händen ist?«
»Kerton hat keine Ahnung, in was für eine prekäre Lage Ross ihn gebracht hat. Wenn wir ihm das sagen, ist er vielleicht zum Verkauf bereit. Vor allem, wenn wir ihm erst das Problem nachdrücklich vor Augen führen und ihm dann die Lösung präsentieren.«
»Und die wäre?« fragte Stahl und zog paffend an seiner Zigarre.
»Bloomfield Weiss übernimmt Dekker Wards Portefeuille und bringt die Sache in Ordnung. Es gibt weltweit nicht vi e le Firmen, die dazu in der Lage sind. Dazu braucht man eine Menge Kapital, gute Trader und hervorragende Kenntnisse auf dem Gebiet der Emerging Markets. Also kommt pra k tisch nur Bloomfield Weiss in Frage.«
»Das wäre aber eine Position, die den Rahmen des Vorstellbaren sprengt«, sagte Wolpin. »Die Risiken wären e r heblich.«
Ich blickte Stahl in die Augen. »Ich dachte, das ist Ihr Geschäft, Risiken einzugehen.«
Stahl ließ wieder sein keuchendes Lachen hören. »Der Junge ist richtig. Natürlich können wir das Risiko eingehen, Cy. Wir kriegen die Anleihen beinahe geschenkt. Pe a nuts. Aber was ist mit den Schweizern?«
»Keine Ahnung. Ich weiß nicht, was Ross ihnen über seine Position erzählt hat. Es läßt sich auch nicht feststellen, woher das Geld kommt. Man kriegt sehr wenig Informationen über Chalmet. Theoretisch ist es eine kleine Bank mit Sitz in Genf, aber sie verwaltet höchst diskret Gelder in Milliardenhöhe, und ich glaube, sie finanziert Dekker Ward mit dem Geld ihrer Kunden.«
Hier mischte sich Wolpin ein. »In Lateinamerika steht Chalmet in dem Ruf, eine gute Adresse für schmutziges Geld zu sein. Ich wette, auf ihrer Kundenliste finden sich eine Menge Drogenhändler und korrupte Politiker.«
Dieses Thema wollte ich tunlichst vermeiden. Es hatte keinen Sinn, Bloomfield Weiss mit Geschichten über Geldwäsche zu verschrecken.
»Bei Chalmet fühlt man sich Ricardo Ross gegenüber sicherlich sehr verpflichtet«, sagte ich. »Aber ich glaube, wenn die Bank Angst haben muß, alles zu verlieren, wird sich das rasch ändern. Noch einmal, für Sie dürfte es am günstigsten sein, wenn Bloomfield Weiss Dekker Wards Portefeuille übernimmt und die Position glat t stellt.«
»Interessant«, sagte Stahl. »Und was wollen Sie, mein junger Freund? Eine Provision von zwei Prozent? Wir haben unsere eigenen Leute für Unternehmensübernahmen.«
Ich lächelte. »Davon bin ich überzeugt. Ich will keine
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