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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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konnte nicht einfach in meinem Zimmer sitzen und nichts tun, während die Minuten sich dehnten und Luís mit Zico über Isabels Leben verhandelte. Im übrigen mußte nicht Zico überredet werden, sondern Eduardo.
    Das war es! Mit Eduardo konnte ich zwar nicht reden, vielleicht aber mit Ricardo.
    Ich eilte die Treppe hinab, nahm den Hörer ab und wählte seine Nummer.
    »Dekker Ward.«
    Eigenartig war es, wieder seine Stimme zu hören. Energisch und beherrscht.
    »Nick Elliot.«
    Einen Augenblick schwieg er. Dann sagte er: »Ja, Nick, was kann ich für Sie tun?« Seine Stimme war kalt, aber hö f lich.
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    »Ich höre.«
    »Nein, nicht am Telefon. Persönlich. Wir treffen uns auf einer der Bänke vor Corney and Barrow.« Ich blickte auf die Uhr. Es war Viertel vor zwei. »Um drei Uhr.«
    Pause. »In Ordnung«, sagte er und legte auf.
    Ich bat Kate, mich zum Bahnhof zu fahren. Wir legten den kurzen Weg schweigend zurück. Kate fragte mich nicht, was mich beschäftigte, und ich erzählte es ihr nicht. Eine Zug- und eine Taxifahrt später war ich am Canary Wharf. Es war zehn nach drei, als ich die Bänke vor Co r ney and Barrow erreichte. Ricardo wartete schon.
    Ich setzte mich neben ihn. Es war ein warmer Tag. Er trug kein Jackett, die Hemdsärmel waren aufgekrempelt. Er starrte auf das rostige alte Schiff, das am Kai vertäut lag. Aus den offenen Türen von Corney and Barrow drang das vertraute Gelächter. Die entschlossenen Mittagstrinker hielten dort bis weit in den Nachmittag hinein aus. Über und hinter uns ragte der Canary Wharf Tower empor, stolz und weiß in der Nachmittagssonne.
    »Was wollen Sie? Ich habe zu tun«, sagte Ricardo, ohne mich anzublicken.
    »Isabel ist noch am Leben.« Ich beobachtete ihn scharf, während ich das sagte. Eine winzige Veränderung war zu erkennen: Seine Pupillen weiteten sich etwas, Kopf und Schultern versteiften sich, doch dann war es schon wieder vorüber. Ausdruckslos blickte er auf den Kai. »Aber das haben Sie schon gewußt, nicht wahr?«
    »Ich habe nichts davon gewußt«, antwortete er, »aber ich freue mich, es zu hören.«
    »Und Sie wissen auch, daß Bloomfield Weiss mit Lord Kerton über eine Übernahme von Dekker Ward verhandelt.«
    Dieses Mal blieb Ricardo stumm.
    Ich fuhr fort: »Die Entführer haben Isabels Vater mitgeteilt, daß sie stirbt, wenn Bloomfield Weiss seine Offerte nicht bis Freitag zurückzieht.«
    Immer noch keine Reaktion. Ich kümmerte mich nicht darum.
    »Sie und Eduardo sollten wissen, daß ich Sidney Stahl gebeten habe, die Übernahme abzublasen. Er hat mir noch nicht mal zugehört.« Ich spürte, wie mir die Verzweiflung die Kehle zuschnürte. »Ricardo, ich kann diese Übernahme nicht mehr aufhalten! Sie müssen mir glauben!«
    Er wandte mir sein Gesicht zu. Die kalten blauen Augen musterten mich von oben bis unten.
    Schließlich ergriff er das Wort: »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    »Weil Sie die Entführung organisiert haben!« sagte ich . » Oder wenn nicht Sie, dann Eduardo, was auf das gleiche hinausläuft. Und ich möchte nicht, daß Sie sie umbringen. « I ch flehte ihn jetzt an. Ich bettelte. Aber ich sah keine and e re Möglichkeit mehr.
    Ricardo sah durch mich hindurch, das Gesicht kalt wie Stein. »Sie haben mich verraten. Sie versuchen, meine Unternehmen an meinen größten Konkurrenten zu verkaufen. Und dann kommen Sie mit einer solchen Räuberpistole. Ich soll die Entführung meiner eigenen Mitarbeiterin veranlaßt haben! Mir liegt genauso viel an Isabels Leben wie Ihnen. Wahrscheinlich sogar mehr. Ich weiß nichts über diese Entführung, Nick. Und nun muß ich wieder an die Arbeit.«
    Er stand auf und ging ruhig über den großen Platz auf das hohe Gebäude zu.
    »Dann sprechen Sie zumindest mit Eduardo darüber«, sagte ich, nachdem ich ihn eingeholt hatte. »Reden Sie mit ihm!«
    »Lassen Sie mich in Ruhe, Nick!« sagte Ricardo und bedachte mich erneut mit einem kalten Blick.
    Ich blieb stehen und ließ ihn nicht aus den Augen, während er auf die chromglänzende Eingangstür des Tower -K omplexes zu eilte.
    »Ricardo!« rief ich. »Sie können sie nicht einfach so sterben lassen! Das können Sie doch nicht!«
    Das Echo meiner Stimme wurde von den rechteckigen Bürogebäuden in der Runde zurückgeworfen. Genauso wirkungslos prallte es von Ricardos Rücken ab, als er in dem riesigen Gebäude verschwand.
    Langsam machte ich mich auf den Rückweg nach Do ck enbush Farm. U-Bahn, Zug und dann

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