Der Marktmacher
ihn!«
Ich blieb dran, während Luís mit Nelson Ricardos und Eduardos mögliche Beteiligung an der Entführung erörterte.
»Nelson hält es für zu gefährlich. Er sagt, diese Ankündigung unterscheidet sich grundsätzlich von den üblichen Drohungen bei Entführungen. Vor allem, da die Kidnapper wissen, daß wir die ganze Aktion mit einer bestimmten Person in Verbindung bringen können. Wenn Ricardo oder Eduardo oder wer auch immer einen Hinweis b e kommt, daß die Polizei eingeschaltet worden ist, werden die Entführer ihre Drohung wahr machen. Aber vielleicht kann ma n d er englischen Polizei trauen, und sie mischt sich wirklich nicht ein.«
Ich hatte keine Vorstellung davon, wie sich die englische Polizei verhalten würde. »Lassen wir sie lieber aus dem Spiel«, sagte ich.
»Gut.« Luís ’ Stimme klang erleichtert.
»Zico verlangt also, daß ich die Übernahme durch Bloomfield Weiss stoppe?«
»Können Sie das?« Luís ’ Stimme klang unsicher, voller Angst und Hoffnung.
»Keine Ahnung. Wie lange habe ich Zeit?«
»Anderthalb Tage. Bis Donnerstag um Mitternacht, nach brasilianischer Zeit.«
Sehr interessant. Bloomfield Weiss sollte sein Übernahmeangebot am Freitag unterbreiten.
»Und wenn ich es nicht schaffe?«
Luís ’ Stimme erstarb zu einem Flüstern. »Dann bringen sie sie um.«
»Und wenn ich es schaffe, wird sie dann freigelassen?«
»Sie sagen, ja. Aber Nelson meint, sie werden darüber hinaus noch Geld verlangen. Was soll ’ s. Ich bin liebend gern bereit zu zahlen.«
Ich überlegte. »Ich nehme an, wenn Eduardo dahintersteckt, braucht er das Geld nicht. Aber vielleicht will er sie in seiner Gewalt behalten, damit wir nicht zur Polizei g e hen.«
»Vielleicht haben Sie recht. Doch wenn es Ihnen nicht gelingt, Bloomfield Weiss zurückzupfeifen, werden sie ihre Drohung bestimmt wahr machen.«
Soviel stand fest.
»In Ordnung, Luís . Ich werde es versuchen.«
Ich legte auf und dachte nach über das, was ich von Luís gehört hatte. War es denkbar, daß Ricardo oder Eduardo tatsächlich hinter Isabels Entführung steckte? Ricardo würde beinahe alles tun, um Dekker Ward zu retten. Aber würde er wirklich Isabel entf ü hren lassen, seine einstige Geliebte? Da war ich mir nicht so sicher. Aber ich erinnerte mich auch an Eduardos Drohungen und schauderte. Er würde keine Probleme damit haben.
Das alles ergab einen Sinn. Aber warum hatten sie Isabel überhaupt entführt? Dafür fand ich keine Erklärung.
Doch ich hatte jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich mußte Stahl anrufen. Was zum Teufel sollte ich ihm s a gen?
Ich blickte aus dem Fenster, als könnte die Erleuchtung von dorther kommen. Ein Mädchen auf einem Palomino -P ony kam auf einem Reitweg im Schritt den Hügel herauf. Da saß ich nun, blickte hinaus in die idyllische Landschaft Südenglands und sollte mit dem Leben eines Menschen und dem Überleben einer Firma jonglieren. Eigentlich konnte von Jonglieren keine Rede sein. Die Kugeln befa n den sich in der Luft, und ich sah keine Möglichkeit, sie zu fangen, bevor sie mir auf den Schädel krachten.
Ich konnte Stahl nicht befehlen, das Geschäft abzublasen. Vergebens zermarterte ich mir das Hirn, um ein finanztechnisches Argument zu finden. Ich mußte ihm die Wahrheit sagen und auf seine Menschlichkeit hoffen.
Nun galt Bloomfield Weiss aber als eine der hartgesottensten Investmentbanken an der Wall Street.
Ich wählte seine Nummer, kam an seiner Sekretärin vorbei, erklärte Preston Morris, ich hätte eine höchst wichtige Information in der Dekker-Ward-Sache und hatte innerhalb von zwei Minuten Sidney Stahl höchstpersönlich am Apparat.
»Nick? Ich bin in einer Besprechung.«
Ich holte tief Atem. »Ich möchte, daß Sie den Dekker -W ard-Deal abblasen.«
»Warum?« Die Frage kam scharf und wie aus der Pistole geschossen.
»Letzten Monat ist eine Mitarbeiterin von Dekker Ward in Brasilien entführt worden. Die Entführer haben erklärt , sie würden sie umbringen, falls die Übernahme von De k ker Ward zustande kommt.«
»Was ist das für ein Scheiß? Ist das ernst gemeint?«
»Ja.«
»Ich kann die Sache nicht mehr abblasen. Und warum sollte ich auch? Ich bin nicht für Dekker Wards Angestellte verantwortlich. Wenn die ihre eigenen Leute umbringen wollen, sollen sie das tun. Das ergibt doch alles keinen Sinn.«
»Diese Frau bedeutet mir sehr viel, Sidney.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte für einen Moment Schweigen. Einen Augenblick lang faßte
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