Der Marktmacher
das ganze Lateinamerikageschäft vielleicht doch nicht so koscher ist, wi e s ie gedacht haben. Die hatten keine Ahnung davon, daß Chalmet viele hundert Millionen von der Kohle seiner Kunden bei Dekker Ward reinbuttert.« Stahl kicherte ke u chend . » Sie hätten ihre Gesichter sehen sollen. Sie sahen aus, als hätte ich ihnen eine ganze Wagenladung Scheiße auf ihre polierten Schreibtische gekippt. Was irgendwie ja auch s ti mmt.«
»Und was wird Chalmet jetzt tun?« fragte ich.
»Die wollen möglichst schnell aus der Sache raus. Verkaufen.«
»Wunderbar. Heißt das, wir haben es geschafft?«
»Beinahe. Wir haben den 14. Juni als Termin ins Auge gefaßt. Ein paar Kleinigkeiten sind noch zu erledigen, und Kerton muß noch die Erlaubnis der Regulierungsbehörde und der Börse einholen, aber das sollte eigentlich kein Pr o blem darstellen. Und dann geht das Geschäft über die Bühne.«
Der 14. Juni. Das war nächsten Freitag.
»Großartig!«
»Ja, ein sauberer Deal, Nick!«
»Weiß Ricardo schon etwas?«
»Nein. Er hat nicht die geringste Ahnung.« Wieder ein Lachen wie aus einem Blasebalg. »Ich muß Schluß machen, Nick.« Die Leitung war tot.
Triumphierend betrachtete ich den Hörer. Touchdown!
Ich hatte mich gerade wieder in die Arbeit vertieft, als Kate klopfte.
»Telefon, Nick. Ich glaube, es ist Isabels Vater.«
Ich raste die Treppe zum Wohnzimmer hinunter. Taktvoll, wie sie war, ging Kate hinaus.
» Luís ? Wie geht es Ihnen?«
»Schwer zu sagen, Nick. Ich habe Neuigkeiten.«
»Was für Neuigkeiten?«
»Isabel ist noch am Leben.«
Mein Herz setzte zwei Schläge lang aus. Die jähe Freude wurde rasch durch Skepsis gedämpft. Es war zu schön, um wahr zu sein.
»Wo ist sie? Bei Ihnen?«
»Nein, Nick«, sagte Luís . Seinem Tonfall konnte ich entnehmen, was nun kommen würde. »Zico hat sich geme l det. Er sagt, sie haben sie noch.«
Die Enttäuschung war groß. Und auch die Furcht. »Haben Sie ein Lebenszeichen?«
»Ja. Nach allem, was wir bisher erlebt haben, wollte ich Sie erst anrufen, nachdem ich sicher sein konnte, daß sie noch lebt.«
»Was ist passiert? Warum haben die Entführer das Lebenszeichen nicht früher gegeben?«
»Ich weiß es nicht. Zico sagt, sie haben die Verhandlungen damals wegen der Polizeiaktion abgebrochen. Aber das leuchtet mir nicht so recht ein.«
Mir auch nicht. Aber Isabel war am Leben! »Na, und? Wieviel verlangen sie diesmal?«
» Das ist das Merkwürdige, Nick. Sie wollen kein Geld.«
»Was dann?«
»Zico sagt, sie verlangen, daß Sie die Übernahme von Dekker Ward abbrechen.«
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Woher zum Teufel wußte Zico etwas über die Dekker-Ward- Ü bernahme? Und was für ein Interesse hatte er an ihr?
»Nick? Sind Sie noch dran?«
»Ja«, sagte ich. »Das ist nur ein bißchen viel auf einmal. Aber es ist schön, daß Isabel noch lebt. Jetzt müssen wir nur noch überlegen, wie wir sie frei bekommen.«
»Was hat es mit dieser Dekker-Ward- Übernahme auf sich?« fragte Luís .
Ich holte tief Luft und erklärte ihm die Situation. Isabels Leben war viel wichtiger als die Verschwiegenheit, zu der ich mich Bloomfield Weiss gegenüber verpflichtet hatte.
Luís verstand das Ganze natürlich sofort. »Aber was für ein Interesse haben die Kidnapper an Dekker Ward?«
Ich dachte laut nach. »Das weiß ich nicht. Ich weiß nur , daß die Dekker-Ward-Übernahme Ricardo am härtesten treffen würde.«
»Sie meinen also, er steckt hinter Isabels Entführung?«
»Ich vermute es. Entweder er oder sein Bruder Eduardo. Das Ganze sieht eher nach Eduardo aus.«
» Filho da puta! «
»Allerdings glaube ich nicht, daß Ricardo von der Übernahme weiß.«
»Nun, wenn Zico davon weiß, muß es ihm jemand gesagt haben«, murmelte Luís . »Übrigens hat er noch etwas anderes gesagt.« Luís ’ Stimme klang gepreßt.
»Ja?«
»Wenn wir uns an die Polizei wenden, schickt er uns Isabels Kopf.«
»Sie meinen …« Mir drehte sich der Magen um. »Mein Gott!«
»Ich habe mich wieder an Nelson gewandt. Er ist hier.«
»Gut.« Ich war froh, Nelson und dessen beruhigenden Einfluß in seiner Nähe zu wissen. »Was sagt er?«
»Nach dem, was das letzte Mal passiert ist, hält er es für besser, wenn wir die Polizei in Rio nicht einweihen. Er glaubt, daß die Entführer möglicherweise einen Tip aus den Reihen der Polizei erhalten haben.«
»Das leuchtet mir ein. Und was ist, wenn wir uns an die Polizei in England wenden? Fragen Sie
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