Der Marktmacher
wenigstens etwas verzögern? Irgendein Problem vorschieben? Und uns damit ein bißchen Zeitgewinn verschaffen?«
»Viel Zeit bleibt mir nicht. Wenn der Kurs weiter fällt, kommt das Geschäft womöglich nicht mehr zustande. Ich darf das nicht riskieren. Und überhaupt, was würden Ihnen ein paar Tage mehr oder weniger nützen?«
Darüber hatte ich auf dem Weg zu ihm bereits nachgedacht.
»Wir könnten herausfinden, wer Isabel entführt hat, und sie befreien.«
»Wenn die brasilianische Polizei in zwei Monaten nicht dazu in der Lage gewesen ist, ihre Entführer zu finden, wie wollen Sie das in wenigen Tagen bewerkstelligen?«
»Wir wissen doch jetzt, daß die Entführung mit Dekker Ward zu tun hat. Wahrscheinlich ist Ricardo oder Eduardo Ross an ihr beteiligt. Dadurch ist es leichter, Isabel aufz u spüren.«
Kerton seufzte. »Hören Sie, die Geschichte mit Isabel tut mir unendlich leid, aber ich kann da wirklich nichts tun. Ich habe keine andere Wahl.«
»Haben Sie doch!« sagte Kate. Die Entschiedenheit ihres Tonfalls verfehlte ihre Wirkung nicht. Kerton sah sie aufmerksam an. »Wenn Sie das Geschäft nicht abblasen und Isabel wird ermordet, haben Sie ihren Tod für den Rest i h res Lebens auf dem Gewissen. Das werden Sie nie vergessen können. Wenn Sie auf Ihre Bankauszüge schauen und feststellen, daß Sie ein paar Millionen mehr auf dem Konto haben, dann wird Ihnen einfallen, wofür sie sterben mu ß te. Aber das wird Ihnen nichts helfen. Ihnen wird ve r dammt elend zumute sein.«
Das erboste ihn. »Hören Sie! Ich bringe sie ja schließlich nicht um«, protestierte er. »Das hat nichts mit mir zu tun.«
Kate schüttelte den Kopf. »Es hat eine Menge mit Ihnen zu tun.«
Kerton starrte mich an. »Warum sollte ich das für Sie tun? Schließlich waren Sie es, der Bloomfield Weiss auf den Plan gerufen hat.«
»Es geht nicht um ihn, es geht um Isabel«, sagte Kate. »Hören Sie, ich weiß, daß Sie von der ganzen Sache nichts wissen, aber Sie sind der Präsident von Dekker Ward. Es fällt in Ihre Verantwortung.«
Kerton stand auf. Er ging zu dem großen Fenster, durch das man auf den kleinen Park in der Mitte des Platzes blickte. Kate und ich beobachteten ihn. Rücken und Schu l tern ließen seine Anspannung erkennen.
Schließlich wandte er sich um und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich kann nicht die ganze Transaktion rückgängig machen. Morgen unterbreitet Bloomfield Weiss seine Übernahmeofferte. Aber wenn Sie möchten, kann ich die Antwort bis Montag hinauszögern.«
»Mittwoch!«
Kerton warf mir einen gereizten Blick zu. »Also gut, Mittwoch. Aber am Mittwoch morgen werde ich Bloomfield Weiss ’ Offerte annehmen, vorausgesetzt, sie ist ve r nünftig. Und ich hoffe, Sie werden Isabel bis dahin gefu n den haben.«
»Danke«, sagte ich. Kate lächelte ihn an. Sie hatte recht, er war gar nicht so übel. »Können Sie uns Ihre Telefonnummer geben? Falls wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen müssen.«
Kerton ging zu dem Tisch mit dem Telefon und kritzelte die Nummer auf ein Stück Papier, das er uns reichte.
»Ach ja, noch etwas«, sagte ich. Kerton verzog das Gesicht. Es war offenkundig, daß er mich loswerden wollte . » Darf ich mal telefonieren?«
Der Unwille auf seinem Gesicht verstärkte sich.
Ich blickte auf die Uhr. Ein Uhr, also neun Uhr abends in Brasilien. »Ich muß Isabels Vater informieren, damit er den Entführern von dem Aufschub berichten kann.«
Kerton zuckte mit den Achseln und nickte.
Ich ging zum Telefon und wählte Luís ’ Nummer. Es klappte beim ersten Mal, und Luís war wieder sofort am Apparat.
» Alô. «
» Luís ? Nick hier. Ich habe mit Lord Kerton, dem Präsidenten von Dekker Ward, gesprochen. Er hat versprochen, die Annahme von Bloomfield Weiss ’ Übernahmeangebot bis zum nächsten Mittwoch hinauszuzögern.«
»Gott sei Dank«, sagte er erleichtert. Doch gleich meldete sich die Sorge wieder. »Und was tun wir in der Zw i schenzeit?«
»Wir suchen Isabel.«
»Und wie soll das geschehen, Nick?«
Kerton beobachtete mich. »Lassen Sie uns morgen darüber nachdenken, okay? Aber rufen Sie mich umgehend an, sobald sich die Entführer gemeldet haben.«
»Wird gemacht.«
Ich legte auf.
»Sie haben nicht den geringsten Hinweis auf ihren Aufenthaltsort, oder?« fragte Kerton.
Ich lächelte und zuckte mit den Achseln.
Zum erstenmal lächelte er zurück. »Na dann, viel Glück!«
K ate fuhr auf direktem Weg zurück nach Bodenham . » Danke«, sagte ich.
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