Der Marktmacher
hungsbehörde, Wohnungsamt, Feuer, Wasser, Umweltamt, Sozialbehörde und das Büro des Oberstaat s anwalts. Und sie arbeiten alle zusammen, was, wie Sie wissen, selten g e nug vorkommt.«
»Wunderbar!« Isabel strahlte. Offenbar übertraf das ihre kühnsten Erwartungen.
»Haben Sie die Dokumente, die ich Ihnen geschickt habe?«
»Die sind hier«, sagte Isabel und klopfte auf ihren Aktenkoffer. »Ich habe ein paar Ergänzungen. Nichts Wichtiges, aber wir müssen einige Änderungen vornehmen, um sicherzugehen, daß alles so abläuft, wie wir es uns vorstellen. Und dann haben wir natürlich morgen noch die Besprechungen mit den Ratingagenturen. Doch die sollten eigentlich kein Problem sein. Sie haben nur noch ein oder zwei abschließende Fragen.«
Die Ratingagenturen bewerten die Bonität eines jeden Emittenten, der neue Anleihen auf den Markt bringt. Da Isabel eine so komplizierte Struktur ausgearbeitet hatte, hatten die Agenturen viel Arbeit gehabt, was sie aber nicht weiter gestört hatte.
»Gut. Ziehen wir Rafael hinzu. Einen Augenblick.« Er nahm den Hörer ab und sprach ein paar schnelle portugiesische Worte hinein. »Er kommt in fünf Minuten.«
Er legte die Hände auf den Konferenztisch und strahlte uns an. »Sobald wir uns über die Verträge geeinigt haben und das Okay der Ratingagenturen vorliegt, gibt es von unserer Seite aus nichts mehr, was der Sache im Wege stü n de.«
»Dann können wir sie also, wie geplant, Ende nächster Woche unter Dach und Fach bringen?«
»Soweit es uns betrifft, ja.«
In der Stimme des Senators war ein Unterton, der Isabel stutzig machte. »Humberto?«
»Es gibt noch ein kleines Problem. Wahrscheinlich ist es nicht der Rede wert.«
»Ja?«
»Der World Development Fund muß noch ein paar Einzelheiten mit Washington klären. Er will sich Anfang näc h ster Woche wieder melden.«
»Was für Einzelheiten?«
Humberto zuckte mit den Achseln.
»Ich rufe dort an«, sagte Isabel.
»Gut. Isabel, wir machen das Geschäft, ich verspreche es Ihnen.«
Isabel lächelte. »Worauf Sie sich verlassen können.«
Es klopfte leise an der Tür. Rafael von der Rechtsabteilung trat ein. Wir zogen uns in einen Konferenzraum zurück, wo wir die Verträge durchgingen, die Isabel mitg e bracht hatte. Ich mußte sie ein paarmal lesen, um die Struktur in ihren Umrissen zu verstehen. Aber dann kon n te ich mich doch mit ein paar Vorschlägen einklinken. Es war ein gutes Gefühl, einen Beitrag zur Veränderung der Ve r hältnisse zu leisten.
Als wir im Taxi ins Hotel fuhren, fragte ich Isabel, ob sie mit dem Verlauf der Besprechung zufrieden sei.
»Sehr. Nach einem Jahr sieht alles danach aus, als wären wir endlich am Ziel. Humberto ist immer sehr optimistisch gewesen. Er hat gesagt, es würde keine Schwierigkeiten machen, all die Genehmigungen zu bekommen, aber ich muß zugeben, daß ich ihm nicht ganz geglaubt habe. Und nun sieht es so aus, als hätte er es tatsächlich geschafft.«
»Was ist mit dem World Development Fund?«
Isabel runzelte die Stirn. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, aber das kriege ich heraus, sobald wir wieder im Hotel sind. Übrigens, vielen Dank für Ihre Hilfe bei der Besprechung. Sie haben wirklich eine schnelle Auffassung s gabe. « S ie schenkte mir ein scheues Lächeln, ein L ä cheln, für das ich glatt gestorben wäre.
»Danke«, sagte ich mit brüchiger Stimme.
Der Taxifahrer mogelte sich durch den Verkehr von Rio, überfuhr rote Ampeln, wich Schlaglöchern in der Fahrbahn aus, fluchte und hupte sich durch Staus. Schließlich fuhren wir in einen Tunnel, und der Verkehr wurde schne l ler. Am Ufer eines breiten Sees tauchten wir wieder aus dem Unte r grund auf. Um uns herum wuchsen Apar t menthäuser in den Himmel und dahinter die hohen, gr ü nen Rücken der Berge. Auf einem von ihnen stand die Christusstatue, die Arme ausgebreitet, als wolle sie die Stadt unter sich umarmen. Die Umrundung des Sees vollzog sich wieder im Schneckentempo. Kaum daß wir es schafften, die Hee r schar der Jogger und Spaziergänger zu überholen. Zwei Rude r boote glitten über den See; ihre Riemen bewegten sich in vollkommenem Gleichtakt. Angesichts dieser atembera u benden grünen Bergkulisse war kaum zu glauben, daß wir uns im Herzen einer Stadt b e fanden.
Die nächsten Tage in Rio würden nicht ganz leicht sein. Nicht der geschäftliche Teil. Mit der Besprechung und der Rolle, die ich darin gespielt hatte, war ich zufrieden. Nein, Isabel war das Problem. Ihre
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