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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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beansprucht. Daraus geht gleichzeitig hervor, dass der kalendarische Nullpunkt der Langen Zählung eben nicht als absoluter Nullpunkt anzusehen ist. Zyklisches Denken und Rechnen, so vermitteln uns die Kalenderexperten der Maya, stehen durchaus im Einklang mit der Vorstellung der Ewigkeit, die uns als unendliche Zeitlinie seit Albert Einstein ja auch nicht mehr ganz so linear anmutet.
    Der maßgebliche deutsche Maya-Forscher Nikolai Grube verweist noch grundsätzlicher darauf, dass in der Überlieferung der Maya von einem drohenden Weltuntergang zum symbolträchtigen Datum 13.0.0.0.0 gar nicht die Rede ist: Nur ein Text spricht von einem der Götter, der an diesem Tag kommen werde – jedoch ohne jedes apokalyptische Getöse. Grube verortet eine Art Endzeitglaube der Maya auf ein viel ferneres Datum, nämlich 9898 n. Chr., wenn seit dem Schöpfungsdatum dreimal elf bak’tun vergangen sind, wie ein mit Hieroglyphen versehener Knochen aus einem Königsgrab aus Tikal mitteilt. Das entspricht in der Langen Zählung einem piktun und dreizehn bak’tun , weshalb der Knochen als fernstes Datum 1.13.0.0.0.0 10 Ajaw 8 Sip angibt. So lange also sollte nach dieser Vermutung die Welt noch halten, und Datumsangaben, die in die Zeit danach fallen würden, kommen nirgendwo vor. Insgesamt trägt der Knochen drei Daten, jeweils im Abstandvon elf bakt’un . Dieser Zeitraum von dreimal elf bak’tun findet in kosmologischen Maya-Texten und -Inschriften häufiger Erwähnung und besitzt daher größere Relevanz als der Termin 13.0.0.0.0. Und er ziert den Herrschertitel in vielen Inschriften, die den Maya-König als »Herr über dreimal elf bak’tun « bezeichnen. Aber ob zu diesem fernen Zeitpunkt in knapp acht Jahrtausenden die Welt untergehen oder nur in eine andere Phase übergehen würde – darauf legen sich die Texte nicht fest. Warten wir also ab.

    Es gibt noch einen dritten Grund, das Menetekel des Weltuntergangs kalt lächelnd abzutun: Die Entsprechung des ominösen Datums im Maya-Kalender mit dem 21. Dezember 2012 ist nämlich keineswegs unumstritten. Die sogenannte Korrelationsfrage ist bis heute Gegenstand mitunter leidenschaftlicher Debatten, weil die Umrechnung in den gregorianischen Kalender auf bestimmten Annahmen beruht. Der Grund dafür ist, dass bei Ankunft der Spanier in Yucatán die Maya-Zeitrechnung zwar noch in Gebrauch war, aber nicht derjenige Teil davon, der die Langzeitchronologie betrifft. Die Blütezeit der Stadtstaatenkultur mit anspruchsvoller Architektur, aufwändiger Hofhaltung gottgleich angesehener Könige und einer hochintellektuellen Kalenderpriesterkaste war längst vorbei, und für die vornehmlich historiografischen und politisch-propagandistischen Zwecken dienende Lange Zählung gab es keine Verwendung mehr. Anders ausgedrückt: Wenn der erste Spanier, der eine Maya-Stadt betrat, sich einen Einheimischen gegriffen und ihm seinen Taschenkalender hingehalten hätte, auf dass dieser unter das gregorianische Datum dieses vermeintlich großen Tages dasselbe Datum nach Art der Langen Zählung des Maya-Kalenders schreibe, hätte er nur eine sehr kurze Tagesangabe nach Haab und Tzolk’in erhalten – wenig aussagekräftig, weil sie eben nicht auf die Langzeitchronologie des damaligen julianischen Kalenders der Alten Welt umzurechnen war.
    Da also ein zweifelsfreier Bezug zwischen den beiden Zeitrechnungen nicht zur Verfügung stand, entwickelte sich in der Forschung eine Kontroverse über die sogenannte Korrelationsfrage. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts lagen die Meinungen darüber, in welches Verhältnis die Maya-Datierungen der Langen Zählung zum gregorianischen oder julianischen Kalender zu setzen seien, um bis zu einem Jahrtausend auseinander, über 50 Varianten der Kalenderumrechnung waren im Angebot. In den letzten Jahrzehnten haben sich die beiden Extreme aber bis auf zwei Tage angenähert – diese beiden Umrechnungsarten werden nach ihren jeweiligen hochverdienten Urhebern die Lounsbury- und die Goodman-Martínez-Thompson-Korrelation genannt (GMT). Letztere wird heute überwiegend herangezogen, auch die Umrechnungen dieses Buches basieren auf ihr. Sie beruht allerdings auf der Annahme, dass zur Zeit der Kalenderinschriften die Maya überall ein und denselben Kalender benutzten und dass es keine Kalenderreform gegeben hat. Das bietet eine weidlich genutzte Angriffsfläche für Anfechtungen.
    Die GMT-Korrelation beruht auf der Chronik von Oxcutzcab aus dem Yucatán der Kolonialzeit, die auf

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