Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
astronomischer Zweckbau stützt die Tatsache, dass Himmelsgucker in dieser flachen Gegend Yucatáns über keine natürlichen Observierungspunkte verfügten, wie sie in Copán oder Palenque durch Berggipfel und Ähnliches gegeben waren. Für belastbare astronomische Messungen war also ein maßgeschneidertes Observatorium vonnöten.
Dieser Erklärungsversuch hinsichtlich der Bestimmung des Caracol entspricht einem reinen Indizienprozess ohne letzten Beweis. Die Indizienlast allerdings ist so erdrückend, dass man das klobige Gebäude getrost als Observatorium und steinernen Kalender bezeichnen kann. Ein ähnlicher Turm in Mayapan, Chichén Itzás Nachfolger als Maya-Metropole der Spätzeit, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Blitz fast völlig zerstört, einer weiteren Ruine an der Ostküste von Yucatán gab ein Hurrikan den Rest. Forscher gehen aber davon aus, dass es sich um eine verbreiteteGebäudeform handelte: den Arbeitsplatz von Astronomen und Kalenderpriestern.
Rätsel 13.0.0.0.0 – Weltuntergang im Jahr 2012?
Die seriöse Maya-Forschung befasst sich mit der ominösen Frage des Weltuntergangs zum Achsentag 13.0.0.0.0 im Maya-Kalender – der nach gängiger Umrechnung dem 21. Dezember 2012 entspricht – allenfalls am Rande, weil dies kein vorrangiges Thema der Maya-Geschichte darstellt. Je näher allerdings das Jahr 2012 rückt, desto öfter sehen sich Wissenschaftler mit der bangen Nachfrage konfrontiert, womit man denn rechnen müsse. Zumal auch andere Völker Mesoamerikas wie überhaupt viele Weltreligionen einem drohenden Weltuntergang erheblichen Platz in ihren Schriften einräumen.
Es gibt gewichtige Gründe, am 21. Dezember 2012 frohen Mutes Vorbereitungen für etwaige Festlichkeiten zu treffen, anstatt den neuen Tag mit einer prekären Mischung aus Unbehagen und unbestimmter Panik anzugehen. Der eine lautet, dass der Maya-Kalender ein Kalender ist wie andere auch, also ein von Menschen geschaffenes Instrument, das nach natürlichen Vorgaben – insbesondere von Jahreszeiten und Gestirnen – ein Zeitraster zur Einteilung der überschaubaren Gegenwart und zur Berechnung weit zurückliegender oder in ferner Zukunft befindlicher Zeitpunkte liefert. Ein Kalender ist mithin keine Zeitbombe, sondern nichts weiter als eine Art Zeitmaschine ohne eingebaute Funktion für Zeitreisen. Sowohl der Spaziergang durch die Kalenderkultur der Weltgeschichte als auch die eingehende Untersuchung von Nutzen, Herkunft und Gebrauch der Maya-Zeitrechnung haben gezeigt, dass alle Kalenderformen auf drängende Neugier und konkrete Bedürfnisse und Gegebenheiten zurückgehen und seitihrer Erstellung in Zeiten historischer Unschärfe eine Entwicklung durchliefen. Zeitmanagement und Religion, Gesellschaft und Herrschaft stehen in enger Wechselwirkung, weshalb die gesellschaftliche und politische Entwicklung eines Volkes oder Landes sich kalendarisch niederschlägt, weil der Kalender zur jeweiligen Kultur gehört. Teil davon ist die religiöse Ausrichtung der Kalender über Jahrtausende.
So durchdrungen war der Maya-Alltag von Religiösem, so mystisch befrachtet alles Irdische, dass auch das Instrument Kalender in diesem Sinne gestaltet war. Zwar haben religiöse Vorstellungen von mehreren vorangegangenen Schöpfungen und ihrer Zerstörung ihren kalendarischen Niederschlag erfahren. Trotzdem: Der Kalender der Maya war kein Instrument apokalyptischer Berechnungen, sondern vornehmlich auf seine Funktion in der damaligen Gegenwart ausgerichtet. Und zur Zeit der Maya-Klassik bestand wenig Anlass, ein oder anderthalb Jahrtausende in die Zukunft zu blicken. Die Entwicklung, die die Zeitrechnung der Maya über viele Jahrhunderte durchlaufen hat, belegt ihren weltlichen Bezug und Hintergrund ebenso wie sie Spekulationen widerlegt, der Kalender diene einzig und allein dem Zweck eines Countdowns zur Apokalypse.
Zudem haben schon die alten Maya nicht daran geglaubt, dass am fernen Tag 13.0.0.0.0 die gegenwärtige Schöpfung zu Ende gehen würde. Auch ihr Glaube, die gegenwärtige Schöpfung sei nicht die erste, muss nicht notwendigerweise eine apokalyptische Dimension und auch keinen kalendarischen Bezug haben. Die Annahme eines Weltuntergangs wäre ihnen schon deshalb abwegig erschienen, weil die gegenwärtige Schöpfung mit den Maismenschen – im Unterschied zu den vorangegangenen, durch Sintfluten abgebrochenen Schöpfungsversuchen – überaus erfolgreich war, da die Maismenschen taten, wofür sie erschaffen wurden: die
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