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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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gewinnen und Bajar schlagen musste, wollte er Drakung-Fu-Meister werden. Und er wusste, dass er Drakung-Fu-Meister werden musste, wenn er im Dorf bleiben wollte. Denn er, der sowieso schon ein Außenseiter war, würde als namenloser, kleiner Krieger immer weiter an den Rand gedrängt werden. Er und seine Mutter würden jegliches Ansehen, was ihnen noch geblieben war, vollends verlieren. So wollte Kerul nicht leben. Das wollte er seiner Mutter nicht antun. Das Dorf einfach zu verlassen, war keine Lösung. Es war in all den Jahren ihre Heimat geworden. Kerul wollte nicht weg, er wollte bleiben. Aber nur als Drakung-Fu-Meister. Als ein geachteter Vampgole. Nicht als einsamer Außenflieger.
    Langsam hob Kerul einen Arm und richtete die Handkante auf seinen Gegner. Er stellte ein Bein voran und fauchte zurück.
    Auch Bajar ging in Kampfstellung. Kerul sah auf die Entfernung, dass er alle Muskeln angespannt hatte.
    Die Vampgolen am Rand der Senke waren totenstill, als hätte jemand einen Holzpflock durch ihr Herz gejagt. Gebannt starrten sie auf die beiden jungen Krieger und wagten kaum zu atmen.
    Dann war es so weit. Der Kampf begann.
    Bajar stieß einen markerschütternden Schrei aus, schraubte sich in die Luft und flog mit ausgestrecktem Bein auf Kerul zu.
    Kurz bevor Bajar ihn umstoßen konnte, flopste sich Kerul in die Mitte der Senke. Vor Angst hatte er beim Flopsen zu viel Schwung genommen und war zu heftig aufgekommen. Als er mit beiden Beinen auf dem trockenen Boden landete, wirbelte er eine gewaltige Wolke aus Sand auf. Kerul hustete und sah einen Moment lang gar nichts.
    So kam es, dass er schon den Lufthauch spürte, bevor er Bajars Handkante von rechts auf seinen Kopf zurasen sah. Kerul duckte sich und sprang im dreifachen Flickflack rückwärts aus der Sandwolke. Dann verharrte er, die Hände erhoben, die Handkanten zum Gegner gerichtet, die Muskeln angespannt, die Augen hellwach.
    Wie ein Luchs, der die Gefahr witterte, ohne sie zu sehen, wagte Kerul es nicht, sich zu bewegen. Nur seine Augen suchten die Senke nach seinem Gegner ab. Bajar war nirgendwo zu sehen. Die Wolke aus Sand waberte wie ein kosmischer Nebel, löste sich schließlich vom Boden und erhob sich langsam in den Nachthimmel. Kerul machte sich zum Sprung bereit, doch –
    Der Boden unterhalb der Wolke war leer. Zwei kräftige Fußabdrücke waren noch im Sand zu sehen, sonst nichts. Es war, als hätte sich Bajar in Luft aufgelöst.
    Oder in Sand.
    Keruls Blick wanderte nach oben. Die Sandwolke schwebte direkt auf ihn zu. Bevor er wusste, wie ihm geschah, schoss etwas Dunkles aus der Wolke auf ihn herab. Bajar stieß einen triumphierenden Kampfschrei aus, winkelte die Beine an und landete mit ganzer Wucht auf Keruls Füßen.
    Kerul, dessen Füße schon bei den vorherigen Kämpfen gelitten hatten, biss vor Schmerz die Eckzähne zusammen. Dann schoss er in die Höhe, als hätte er einen Raketenantrieb.
    Die Zuschauer keuchten.
    Manche grunzten.
    Einer rief: »Schnapp ihn dir, Bajar!«
    Dazu brauchte Bajar keine Aufforderung. Er preschte Kerul hinterher.
    Kerul flog im Zickzack hoch über der Senke. Am Nachthimmel sah er aus wie eine Sternschnuppe, die ständig die Richtung wechselte. Bajar schnuppte ihm nach. Er holte schnell auf und war kurz darauf höchstens noch eine Armlänge von Kerul entfernt. Doch immer wenn er nach Kerul griff, wechselte dieser die Richtung.
    Die Zuschauer hatten die Köpfe in den Nacken gelegt und folgten dem Schauspiel mit offenen Mündern. »Ah!«, riefen sie, wenn Bajar den Fuß oder den Arm nach seinem Gegner ausstreckte, und »Oh!«, wenn er ihn knapp verfehlte.
    Kerul flog und flog und flog. Hin und her und her und hin. Sein Kopf war so leer wie die Wüste Gobi. Er wollte nur weg. Er wollte weder eine Handkante noch einen Fuß noch einen Eckzahn von Bajar zu spüren bekommen. Er hatte keinen Plan. Er hatte Angst. Doch er wusste, dass ein echter Drakung-Fu-Meister seine Angst zu bändigen wusste. Er flog nicht einfach vor seinem Gegner davon. Ein echter Drakung-Fu-Meister hatte immer einen Plan. Und wenn es nur ein schlechter war.
    Kerul konnte nicht die ganze Nacht vor Bajar davonfliegen. Er war von den vorherigen Kämpfen erschöpft. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Kerul müde wurde und ihn Bajar erwischte. Würde er den letzten Kampf gegen Bajar verlieren, war das schlimm genug. Aber wenn, dann wollte er wenigstens vorher richtig gegen ihn kämpfen.
    Von einer Sekunde auf die andere blieb Kerul in der Luft

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