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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Angeklagten zuckte es spöttisch.
    Reisländer lehnte sich in seinem hohen Stuhl zurück. Er fixierte den Gefangenen:
    »Jeder hier weiß, wer Ihr seid, doch um dem Protokoll des Gerichtes Genüge zu tun, muß ich Euch fragen: Wer seid Ihr? Nennt uns Euren Namen, Eure Herkunft, Euren Stand.«
    »Ich bin Adam Dreyling, Herr zu Wagrain, Ebbs, Oberndorf und Stumm, Ritter des Ordens vom Schwert.«
    Seine Stimme klang für mich wieder vertraut. Ein weicher Bariton, nicht laut, und doch war sie hörbar bis in den hintersten Winkel der Liebfrauenkirche:
    »Ich wurde am 13. September, im Jahr des Herrn 1549, hier zu Schwaz geboren. Mein Vater war Hans Dreyling, genannt der Ältere, von Steineck, Herr zu Wagrain. Meine Mutter Barbara war die Tochter des Hans Katzbeck von Winkel, Zollherr in Lueg am Brenner und seiner Ehegattin Anna Kaufmann, Gewerkentochter aus Schwaz.
    Der Euch bekannte Hofrat Erzherzog Ferdinands, Dr. Johann Dreyling, Herr zu Wagrain, sowie Herr Kaspar Dreyling zu Wagrain und Hochalting sind meine leiblichen Brüder.«
    Dr. Johann Dreyling auf der Empore wollte aufspringen, wollte brüllen: »Halb-! Halbbruder!«
    Die eisenharte Hand seines Onkels Hans Christoph Löffler auf dem Arm zwang ihn auf die Bank zurück.
    »Ich war in erster Ehe verheiratet mit Maria Katzbeck, Tochter des Faktors Benedikt Katzbeck aus Schwaz, die am 2. Mai 1574 ermordet wurde.«
    »Ermordet?« Die buschigen, weißen Augenbrauen Reisländers zogen sich zusammen. »Ihr gebraucht ein hartes Wort, Herr Dreyling zu Wagrain. Es wurde nie Anklage erhoben.«
    »Von wem denn auch?«
    Für einen Augenblick war es totenstill in der weiten Kirchenhalle.
    Dann fuhr Reisländer ruhig fort: »Was ist Euer Beruf?«
    »Ich habe bis zum meinem 16. Lebensjahr die Lateinschule der Brüder des heiligen Franziskus hier in Schwaz besucht und sollte dann an die Universität nach Ingolstadt gehen. Doch dann erschien es wichtiger, daß meine beiden jüngeren Brüder Johann und Kaspar, die Söhne meiner Stiefmutter Regina, Tochter des Gießermeisters Gregor Löffler zu Innsbruck, dieser Ehre teilhaftig werden sollten. Ich wurde in den Berg geschickt.«
    »Erschien Euch das als Schande?«
    »Nein, Herr, auch wenn die Universität meine Lehrjahre als Säuberbub und Truhenläufer vielleicht verkürzt hätte. Auch wenn ich nach Ingolstadt gegangen wäre oder wie mein Bruder, der gelehrte Dr. Johann, gar zu Padua studiert hätte, ich wäre immer gern in den Berg gegangen. Ich liebte den Berg. Ich verachte ihn nicht, selbst wenn er jetzt mein Grab werden sollte.«
    »Und weiter …«
    »Ich wurde Häuer, Schiener. Ich heiratete. Ich war zufrieden, ich war glücklich bis zu jenem Jahr des Unheils 1574.«
    »Ihr habt in diesem Jahr Schwaz verlassen?«
    »Ja.«
    »Und später?«
    »War ich Werkführer bei meinem Stiefonkel Hans Christoph Löffler, Geschützgießer zu Innsbruck. Ich habe zu Venedig versucht zu arbeiten, später in England und Polen, bis zu jener Nacht, in der ich überfallen, niedergeschlagen und in Fesseln hierher geschleppt wurde, um die Rolle als Sündenbock wieder aufzunehmen, die mir Anno ’74 die Herren Fugger schon zugemessen hatten.«
    Dreyling verstummte.
    »Die Anklagepunkte!« befahl Reisländer.

Sonntag,
der 4. Februar, 10.40 Uhr
    Leoman von Schiller-Herdern fixierte Adam Dreyling.
    Dieser stand mit gesenktem Kopf auf der Totenplatte. Seine Haltung, wie auch seine Ausführungen zu seinem Lebenslauf, erweckte den Eindruck von Resignation.
    Leoman trat zwei Schritte vor, ein Bündel Pergamente in der rechten Hand. Er hatte einen einzigen Auftrag, ein einziges Ziel: den Tod Dreylings.
    »In nomine Domini, Amen!«
    Leoman von Schiller-Herderns Stimme war schneidend, durchdringend, klar und vernehmlich; die Tonlage hell, metallisch:
    »Acta iudiciorum et alia quelibet negotia que tractantur in tempore …«
    »Bedient Euch unserer Sprache«, stoppte Reisländer den Beginn der Ausführungen des Anklägers, »damit jeder Euch versteht.«
    »Nichts anderes, Bergrichter«, entgegnete von Schiller-Herdern schnell, »ist Ziel und Zweck meiner Rede. Den Tisch des Wortes, den ich wahrhaftig und reichlich zu decken entschlossen bin, wird jedermann verstehen, so wahr ich hier stehe!«
    Er wandte sich ab und begann neuerlich:
    »Edle, ehrwürdigste und gütigste Herren, Volk von Tirol, Berggemeinde von Schwaz.
    Gerichtliche Handlungen und andere zeitliche Geschäfte müssen, damit sie nicht mit der Zeit vergehen, durch die Zunge der Zeugen und das

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