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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Rosenkranz?« versucht die Herrin abzulenken.
    »Na, wo er immer ist – unter deinem Kissen« sagt der Herr zu ihr, über den Tisch hinweg. »Los, Max, schenk endlich den Wein aus.«
    Antonia steht dicht neben mir und füllt großzügig meinen Teller. Meine Augen bleiben derweil auf den Teller vor mir gerichtet, da ich die scharfe Beobachtung Katharinas geradezu spüre.
    »Seid Ihr für heute mittag vom Dienst freigestellt?« wendet sie sich an Endorfer, während wir unsere Suppe löffeln.
    »Ja, der Herr Hofkanzler hat mich heute von der sonntäglichen Kanzleistunde befreit, als ich ihn darum bat, die Einladung nach Büchsenhausen wahrnehmen zu dürfen.«
    »Welche Bücher führt Ihr denn selbständig in der Kanzlei?«
    »Noch mal ein herzliches Willkommen auf Büchsenhausen für Euch, lieber Herr Endorfer«, unterbricht unsere Herrin die Frage ihrer Tochter.
    »Zum Wohl, und Gottes Segen für Ihr Haus«, bedankt sich der Schreiberling artig bei seinen Gastgebern. »Zu Eurer Frage, Jungfer Katharina, kann ich nur sagen, daß das langjährige Vertrauen den Ausschlag gibt, welche Bücher von wem geführt werden dürfen. Doch Euch zur Liebe und im Vertrauen, daß noch kein Geheimnis von Büchsenhausen aus den Weg in die Welt gefunden hat, verrate ich Euch, daß ich beim Eintritt Vorjahren begonnen habe das P OSTJOURNAL zu führen. Doch seit geraumer Zeit führe ich das Copialbuch A N DIE FÜRSTLICHE D URCHLAUCHT , in dem die von der Regierung an unseren Erzherzog Ferdinand gerichteten Referate, Gutachten und Ratschläge gesammelt werden. Vor einigen Tagen hat mir aber der Herr Hofkanzler anvertraut, daß er es gern sehen würde, wenn ich ab Januar nächsten Jahres die Copialbücher M ISSIVEN AN H OF , in denen die Berichte der Kammer an unseren Landesfürsten gesammelt werden, führen würde.«
    »Welches – wie heißen die Dinger? – Copialbuch würde denn Euch krönen?« überfällt ihn der Meister mit schamloser Neugier, während Antonia und Lene schwitzend unter den strengen Blicken der Herrin den berühmten Löfflerschen Doppelschlag auftragen: Fischhügel von Forellen und Fleischberge vom Wild! Rundherum Salatschüsseln und Körbe voll von frischgebackenen Brotsorten.
    »Sind es die Bücher T IROL ?« verschaffe ich Endorfer eine kleine Denkpause.
    »Nein, nein da stehen nur die Berichte über das Klosterwesen, Getreideversorgung, Handel und Gewerbe drin. Es gibt in der Hofkanzlei zwei Zimmer, die keiner betreten darf. Dort arbeiten nur Kanzleischreiber, die Jahrzehnte ihr Haupt in die Copialbücher V ON DER FÜRSTLICHEN D URCHLAUCHT und G ESCHÄFT VON H OF versenken konnten.«
    Katharina nimmt einen kräftigen Zug aus ihrem Glas, setzt ab und sieht ihn daraufhin erstaunt an:
    »Schrecklich, schrecklich. Was sehen die Herren eigentlich von der Geburt, Leben und Tod? Riechen sie noch den Duft der Veilchen? Fallen ihnen die nektarspendenden Rosenblüten oder die ambrosiaschwellenden Narzissenkelche überhaupt noch auf?«
    Mit quälender Unentschlossenheit wetzt der Schreiberling auf seinem Stuhl hin und her.
    »Greift zu! Es ist alles schön warm gehalten. Wollt Ihr erst Fisch oder lieber erst etwas vom Wild?« lenkt die Herrin die Aufmerksamkeit auf sich.
    »Beides bitte!«
    »Vielleicht ist das B UCH MIT DEN SIEBEN S IEGELN unten im Original vorhanden?«
    »Ja, mit den sieben süßen Geheimnissen«, versucht Max meine Stimme nachzumachen.
    Katharina zerlegt inzwischen die erste Forelle, und nimmt dabei den Faden wieder auf:
    »Wo liegt der Genuß bei dieser Arbeit? Sagt es mir, Herr Endorf er.«
    »Genuß?«
    »Ja, welchen Genuß?«
    »Ich schreibe gern. Die Stille, die Wichtigkeit des Geschriebenen. Weißes, makelloses Papier, Federkiel und Tinte …«
    »… das warme sanfte Leder, die märchenhafte Pracht der abgelegten Copialbücher und ich mitten drin«, führe ich genauso ausdruckslos leise seine Gedanken weiter.
    Mein Onkel, Katharina und Max brechen daraufhin in schallendes Gelächter aus. Katharinas Augen lächeln mich an und sprühen verheißungsvolles Feuer. Unser Gast stemmt die Arme in die Seiten:
    »Herr Dreyling, Ihr treibt eure Possen mit mir!«
    »Ist doch alles wichtig und angesehen«, verteidigt ihn die Herrin. »Möchte mal sehen, wie viele sich zu solcher Arbeit drängen würden und abgewiesen werden müßten, weil jegliche Befähigung dazu fehlt! Stimmt’s, Herr Kanzleischreiber?«
    »Herr Dreyling wäre sicher geeignet für das Postjournal. Dafür könnte ich ihn sofort

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