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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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anlernen!«
    Außer dem übertriebenen Kreischen der Herrin schmunzelt und grinst alles am Tisch.
    Katharina winkt ab:
    »Halt, nein, nein … dafür wäre unser Adam viel zu schade. Er der vieles unter seinen Händen formt, wie er zugleich den weichen geschmeidigen Lehm knetet. Seht nur seine Hände – wie glatt, wie geeignet Gefühle auszudrücken. Er formt alles! Besonders angetan bin ich von seinen Figuren. Colin hält ihn inzwischen für einen wahren Meister. Ich habe mich schon oft gefragt, woher er die Vorbilder für seine naturgetreuen Engel nimmt. Woher kommt diese Übereinstimmung mit der Natur, Adam?«
    »Das ist ganz einfach, denke ich.«
    Als Antonia meinen Teller tauscht, bemerke ich ein Zittern ihrer Hand.
    »Meine Gedanken über den Körper eines Engels leben einfach in der Vorstellung, daß er mit dem natürlichen und wahrhaftigen Aussehen zur Übereinstimmung gelangen muß.«
    »Du willst es so, weil du dir es so vorstellst?«
    »Ich stelle es mir nicht nur so vor, sondern ich schreite damit vorwärts.«
    »Was heißt hier Vorwärtsschreiten?«.
    »Die Verbesserung, das Neue, aber immer das Bessere, die schönere Form – hin zum Ideal, hin bis zur Vollendung, dem Geschenk einer Venus«.
    »Ah!« tönt es von allen Seiten.
    Hans Christoph haut mit der flachen Hand auf den Tisch:
    »Colin hat dich völlig verdorben! Wird Zeit, daß du an die Kanonen kommst. Weiberfiguren! Rohre wirst du gießen, bis dir schwarz vor den Augen wird«.
    »Nicht unterbrechen!« ruft Katharina, »es ist doch gerade so unterhaltsam!« Damit wendet sie sich mich wieder an mich: »Eine Figur ist ein lebloser Gegenstand und denkt nicht, trotzdem empfinde ich bei der Betrachtung manch gut gelungener Figur heimliche Regungen, ein dumpfes Pulsieren in meinem Herzen. Woher rührt das, Adam?«
    Der Herrin fallen fast die Augen heraus: »Katharina, wohin verirrst du dich!«
    »Ich sitze immer noch hier im Raum und irre nicht umher, Mutter! Wenn du Kunst nicht verstehst, dann bemühe dich, sie zu verstehen. Woher also … Adam?«
    »Vielleicht ist es eine Art magische Wirkung, die von einer schönen Figur oder Statue ausgeht. Colin lehrte mich, daß ich versuchen sollte, sie mit Tiefe und Klarheit, vor allem aber frei von menschlicher Schwäche oder Leidenschaft zu modellieren. Erst dann gelingen die …«
    Mit Enttäuschung in den Gesichtszügen unterbricht sie mich: »Also doch wieder rein, frei, und erhaben über die Sünde – wie in der Wahnvorstellung unseres Pfaffen!«
    »Nein! Nur der ungeformte Naturstein oder die glühende, ungegossene Bronze können so betrachtet werden. Die Verzückung oder die Verführung spüren wir erst, wenn sich der Symbolgehalt durch die Betrachtung der Figur in unserem Kopfe formt. Ausdruck, Gestik, Maße und Anmut sind die vier Eigenschaften, die eine Gestalt erst beleben oder überhaupt bewirken, daß wir eine Gestalt wahrnehmen und aufnehmen. Lebendig modelliert und danach gegossen oder aus dem Fels gehauen.«
    »Wie schön du erzählen kannst, Adam …«, seufzt Katharina zu mir über den Tisch.
    »Schau dir bei mir oben an der Wand den Scherenteufel an, da hast’ Symbolik genug im Kopf!« fährt uns der Herr gefühllos dazwischen. »Über eurem Gerede wird ja gleich der Wein sauer! Max, schenk uns jetzt zum Braten den Roten ein und Ihr da, redet jetzt von was anderem.«
    Katharina scheint das nicht zu stören.
    »Katharina! Kathiii!« holt Elisabeth sie mit herrschsüchtigem Tonfall zurück aus ihren Gedanken. »Unser Gast ist sicher sehr neugierig auf deine Stickereien! Wißt Ihr Herr Endorfer, unser Kathilein verziert köstliches Gewebe mit eigener Hand. Kathi, erzähl doch unserem Gast, was du gerade machst …«
    »Ich will heute nicht über die Putzsucht reden, Mutter!«.
    »Dann sag’ ich es eben …!« klingt es wie eine Drohung. »Sie verziert gerade ein Kleid von himmelblauem Atlas mit einer Stickerei in Gold und Silber, die brennende Lichterund daneben Schmetterlinge mit versengten Flügeln darstellen sollen. Nach dem Essen – da bin ich sicher, Herr Kanzleischreiber – wird Euch Katharina ihre Kunst oben in Zimmer gern zeigen wollen.«
    »Vielleicht ist er schon einer von den sterbenden Schmetterlingen, die nicht mehr fliegen können?« verteile ich mein Gift.
    Der Herrin Lippen sind daraufhin nur noch ein Strich im Gesicht.
    »Ihr legt das Beil gern auf den Block, Herr Dreyling!« sagt Endorfer.
    »Nun, ja. So grauslich denk’ ich nicht, und mir bricht auch nie die Geduld

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