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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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nicht mehr. Nie mehr!«
    Wir sind aus der Glut der Schmelzhütte getreten. Ulrich starrt zum Falkenstein hinauf:
    »Die Gesteinshalden dort oben, alles taubes, wertloses Geröll. Bald sind unsere Knochen auch dabei. Sieh es dir an, Adam! Diese Unmengen taubes Gestein! Von Schwaz bis zum Zillertal. Die Landschaft voller Narben – bis in die Ewigkeit. Der Bergsegen ist vorbei: von den Gewerken geraubt, weggeschafft – ohne Rücksicht auf die Zukunft. Um der Wahrheit willen, Adam, es hat keinen Sinn mehr, hierzubleiben.«
    »Weißt du etwas Neues über den Berg?« frage ich aufgeschreckt.
    »Mach doch deine Augen auf!« meint mein Bruder resignierend. »Siehst du das armselige Schmelzwerk dort, das kaum noch diesen Namen verdient? Die dreifache Menge an Silber und Kupfer ist hier noch vor fünfzig Jahren aus dem Erz geschmolzen worden. Erst vorige Woche hat mir der Vitus Fromml, der alte Silberbrenner, von den besseren Zeiten erzählt. Kannst du rechnen? Ich hab mir die Zahlen genau gemerkt: 2500 Zentner Silber zwischen 1520 und 1530. Die Gottes Speis war reichlich. Aber die letzte Dekade, 1560 bis 1570, sollen es nur mehr 1000 Zentner gewesen sein, und die letzten vier Jahre haben wir ganze 350 Zentner rausgeschmolzen.«
    »So wenig?«
    »Der Vitus hat mich sein altes Schmelzbuch einsehen lassen mit allen Produktionszahlen vom Jahr 1500 an. Spendier dem alten Vitus eine Flasche Südwein, und du kannst es selber nachlesen.« Ulrich packt mich am Arm: »Komm, ich will dir etwas zeigen.«
    Während wir die knapp dreihundert Lachter zum Alten Pocher, gleich neben dem Eingang des Sigmund-Erbstollens, hinüberschreiten, redet Ulrich weiter:
    »Vor mehr als fünfzig Jahren waren am Lahnbach fünf Schmelzhütten mit mindestens zehn Öfen gestanden. In Jenbach sollen es sogar 36 gewesen sein. Dafür die gleiche Anzahl an Pochwerken wie heute.«
    »Jede Lagerstätte erschöpft sich irgendwann, dafür werden neue gefunden.«
    »Unsinn! Das ist es doch gerade, was wir nicht sehen wollen. Der Abbau in den letzten vierzig Jahren war ein einziger Raubbau«, widerspricht mein Bruder ärgerlich. »Die Schuld für den gewaltigen Rückgang des Silbers und des Kupfers liegt bei den Gewerken. Ebenso beim Fürsten, der dem Raubbau tatenlos zugesehen hat und auch heute nur halbherzig die Sache am Berg verfolgt. Der fieberhafte Eifer, der Drang, schnell reich zu werden, die kaum beherrschbare Sucht nach reichen Erzkörpern, die Jagd nach dem raschen Erfolg, das ist es, was uns und den Berg ruiniert! Da wo das Erz leicht und dick hergeht, da wird rücksichtslos zugehauen. Auf das Hereingewinnen des Erzes an schwierigen, aber noch ergiebigen Stellen wurde bewußt jahrzehntelang verzichtet. Da sind heute höchstens ein paar brave Lehenhäuer am Werken, denen man die scheinbar schlechten Adern zugeschoben hat.«
    »Ja, ich weiß. Erst letzte Woche habe ich dem Korbi Brandhuber solch eine aufgegebene Ader gezeigt. Am 1. Mai wird er dort als Lehenhäuer anfangen.«
    Mein Bruder hört mir gar nicht zu. Er ist viel zu erregt. »Und ich sage dir auch«, fährt er fort, »warum das so ist: Mit der Zukunft wird nicht gerechnet. Die schauen nicht auf unsere Nachfolger und Kinder – die sind ihnen egal. Mit geringem Einsatz an Geld werden nur die ertragreichsten Adern, die fettesten Brocken, in aller Eile hereingewonnen. Für den Hoffnungsbau, der uns die Zukunft garantieren soll, wird schon jahrzehntelang kein Kreuzer mehr investiert. Damit sind die Reviere am Ringenwechsel, der Alten Zeche, am Zapfenschuh, aber vor allem unser Revier am Falkenstein tödlich getroffen. Der Berg ist in Unordnung geraten!« Ulrich zieht mich zu sich heran. Seine Stimme klingt drohend. »Schuld haben vor allem die ausländischen Gewerken. Merk dir das! Die Gesellschaft Manlich, die Firma Baumgartner, das Handelshaus Herbrot, die Jenbachgesellschaft – und wie sie alle heißen mögen. Aber allen voran die Fugger!«
    »Sei vorsichtig, Ulrich, mit dem, was du da sagst!« versuche ich ihn zu bremsen. »Es sind schließlich nur Vermutungen von dir.«
    Ulrich lacht wütend auf, zieht mich noch näher zu sich heran. »Vermutungen? Nein, mein lieber Bruder, Tatsachen!
    Da, wo keine Fugger sind, ist auch kein Raubbau. Da steht das Bergwesen in schönster Blüte! Die Silbergruben in Freiberg sind schon an die 400 Jahre unerschöpft, die Bleibergwerke in Goslar - so hat es mir der Vitus erzählt – gar 600 Jahre. Er war dort. Er weiß es. Ein paar andere, die ich gesprochen und

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