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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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vergibt nicht die Plätze vor Ort nach Alter und Können, wie es der Brauch ist. Er verkauft sie!«
    Marx Fugger zuckt mit den Achseln:
    »So etwas kommt immer wieder vor. Weshalb darüber ein großes Geschrei machen?«
    »Weil es die Knappen verärgert.«
    »Dann laßt sie doch verärgert sein …«
    »Es rumort im Berg! Erst letztes Jahr sind zweimal die Pfennwerte heraufgesetzt worden.«
    »Na und? Als Sohn eines ehemaligen Gewerken werdet Ihr doch wissen, daß es seit jeher Rechtens ist, den Lohn zum Teil in Naturalien statt in Geld auszuzahlen. Sollen wir das immer weniger werdende Silber, das wir aus dem Berg holen, gleich wieder in den unersättlichen Rachen der Knappen stopfen?«
    »Wenn Ihr den Knappen statt Silber madiges Fleisch und mit Hafer oder gar Sägemehl gestrecktes Brot in den Rachen zu stopfen versucht, werden sie eines nicht zu fernen Tages nach Euren Fingern schnappen, Herr Fugger!«
    »Soll es dieser miese Pöbel doch wagen!« winkt Marx Fugger ab. »Man wird ihn schon im Zaum zu halten wissen. Ist das alles, Herr Dreyling?«
    »Nein. Wir sind beim Raber-Liegendbau auf eine ungewöhnlich nasse Schicht gestoßen, von der ich vermute, daß sie zum nördlichen Schiefer gehört.«
    »In unserem ertragreichsten Abbau?« Fugger ist nun doch aufgeschreckt. »Und was bedeutet das?«
    »Wenn hinter dem Schiefer auch nur annähernd so viel Wasser ist, wie wir vermuten, dann ersäuft uns der ganze Ort!«
    »Das darf unter keinen Umständen passieren! Laßt das Wasser ausschöpfen!«
    »Mit den vorhandenen Mitteln ist das unmöglich. Dazu brauchen wir zumindest ein großes Pumprad.«
    »Ein eigenes Pumprad nur für diese Sohle? Obwohl Ihr nicht einmal Gewißheit habt, ob das Wasser hinter diesem Schiefer wirklich da ist? Nur so auf Verdacht? Wißt Ihr eigentlich, was solch ein Pumprad kostet?«
    »Dann bleibt nur, den Ort aufzugeben.«
    »Aufgeben!?«
    Marx Fugger ist aufgesprungen, drischt mit der Faust auf den Tisch, daß die Papiere fliegen:
    »Niemals! Ihr werdet dieser Fahlerz-Ader folgen, wohin immer sie Euch führt! Und sei es direkt in die Hölle! Ich bin der Mehrheitseigner dieses Bergwerks. Und ich befehle es!«
    Auch ich bin jetzt aufgestanden:
    »Ihr mögt der Eigner sein, Herr Fugger. Aber im Berg befiehlt nur einer: der Bergmeister!«
    »Und der hat mir zu gehorchen!«
    »Erst nach Gott und seinem Gewissen.«
    »Ich werde dazu den Rat meines Oheims, des Herrn Siegmund, einholen. Niemand weiß mehr über den Berg, über die Gesteine und ihre Eigenheiten, mehr über ihre Beziehungen zueinander und zu den Gestirnen des Tierkreises und der Planeten als er!«
    Ich schlucke. Herr Siegmund Fugger ist Legende. Auch heute noch geistert das »Berggespenst«, wie ihn die Knappen nennen, durch die Reviere Tirols, beratend, befehlend, taumelnd zwischen Altersschwachsinn und Genie.
    Es gibt nichts mehr zu sagen.
    Ich verabschiede mich höflich, lasse mich von dem livrierten Subjekt zur Tür geleiten.

    Eine Stunde später überquere ich mit langen Schritten wieder die Brücke über den Lahnbach, der stark angeschwollen zwischen Geröll und seinen mannsdicken Ufermauern zum Inn hinabschäumt.
    Mein Ziel ist diesmal nicht der Berg, sondern die einzig verbliebene Schmelzhütte. Auch sie hatten nach dem Bankrott der Stöckl und Tänzel die Fugger kassiert.
    Ich muß Ulrich sprechen!
    Als ich die Halle mit dem mächtigen Schmelzofen betrete, dreht sich Ulrich langsam um, das Gesicht glühend von der Hitze. Er grinst mir zu, aber seine grauen Augen bleiben hart:
    »Ich ahnte, daß du kommen würdest.«
    Ich bin nicht auf den Mund gefallen, aber diese Augen machen es mir schwer einen Anfang zu finden:
    »Ulrich, höre mir bitte zu.«
    »Nein!« schneidet mir mein Bruder das Wort ab. »Mir wirst du zuhören: Du hast viel von unserer Mutter geerbt, nicht nur das Aussehen, sondern auch ihren Ehrgeiz. Ich bin mehr unser Vater – vielleicht ein bißchen schwerfällig, dafür gründlich. Nur eines ist uns gemeinsam: unser manchmal dummer, auf jeden Fall aber unausrottbarer Stolz!
    Ich weiß, weshalb du da bist: Du willst mich jetzt schimpfen lassen, bis mir die Luft ausgeht. Dann wirst du vernünftig mit mir reden. Wirst mir zugeben, daß ich ja voll und ganz recht habe. Wirst sagen, daß wir an die Familie denken müssen. An das, was unser Vater aufgebaut hat. Daß wir uns das alles nicht von einem eitlen Affen und seiner närrischen Mutter zerstören lassen dürfen.«
    »Ulrich …«
    »Verdammt: Nein! Ich will

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