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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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Requisiten. Der Turm dahinter mag der Bergfried einer Burg sein oder auch eine einsame Bergspitze. Sein Inneres enthält ein System von Flaschenzügen und verborgenen Mechanismen, mit deren Hilfe man ausgestopfte Vögel, Zauberfiguren, Götter und Geister auf die Bühne hinabschicken kann.«
    Während Cumberland noch spricht, ist unser Gastgeber, Sir Walter Raleigh, wieder zu uns getreten, drängt uns volle Weinbecher in die Hände:
    »Auf die A RK R ALEIGH und einen unterhaltsamen Abend!« tönt er mit seiner Piepsstimme. Wir heben die Becher. In Gedanken trinke ich auf meinen Freund Matthew. Der Anlaß des heutigen Festes ist die Kiellegung von Raleighs Schiff A RK R ALEIGH in Deptford. Dieses Projekt hatte sich damals vor gut fünf Jahren bei dem denkwürdigen Tag des Ritterschlags für Sir Francis Drake angebahnt und war nun soweit zur Vollendung gekommen. Am Nachmittag hat Sir Walter mit großer Geste den ersten Bolzen in eine Kiellaschung seines Schiffes geschlagen, das, wie könnte es anders sein, vom Matthew geplant und konstruiert wurde, jedoch von Peter Pett und seinem Sohn Phineas in Deptford gebaut werden soll. Und natürlich hat sich Sir Walter nicht wie Lord Cumberland, Sir Richard Grenville oder William Hawkins bei seinem Schiff mit einem schnellen 200- bis 300-Tonner zufrieden gegeben. Für ihn muß es ein großes 800-Tonnen-Schiff mit über 50 Kanonen sein! Ein Schiff »würdig des Lordadmirals von England«, wie sich Raleigh ausdrückte – und daß er sich selbst dabei bereits als Lordadmiral sieht, ist ein offenes Geheimnis.
    Nach der Zeremonie in Deptford hatte uns Raleigh alle »zu einer lustigen Feier« nach London eingeladen. Begeistert über diesen Vorschlag war nur Phineas Pett, der die ganze Zeit schon um Sir Walter herumgeschwänzelt war. Bierbauch-Peter ist mittlerweile so dick und faul, daß er sich kaum noch aus seinem Haus rührt, und Matthew hatte sich mit ein paar halbwegs glaubhaften Ausreden schleunigst wieder themseabwärts Richtung Chatham abgesetzt.
    »Habe ich vorhin richtig gehört«, frage ich George Clifford, »daß sich diese Schauspieler Truppe des Admirals nennen?«
    Cumberland bestätigt vergnüglich:
    »Ihr habt richtig gehört. Unser neuer Lordadmiral, Charles Howard of Effingham – Gott segne ihn und erhalte ihn England lange zum Schaden der Spanier -, ist ein Mann mit vielseitigen Interessen. Auch den Autor des Stückes, das heute abend gespielt wird, soll er in dem Nest Stratford-on-Avon entdeckt und nach London gebracht haben.«
    »Nun«, stelle ich fest, »mir genügt es schon, daß er, seit er vor gut einem Jahr das Amt des Lordadmirals übernommen hat, Schiffbau und Bewaffnung der Schiffe mit neuen Dreyling-Geschützen mit aller Macht vorantreibt. Seit Lord Howard in der Admiralität sitzt, haben wir in Mayfield Furnace und Chatham rund um die Uhr zu arbeiten, und das sieben Tage in der Woche.«
    »Und Lord Burghley, unser vorsichtiger, friedfertiger und geiziger Lordschatzmeister hat seitdem keine Nacht mehr ruhig schlafen können«, lästert Cumberland zurück.
    »Der Lordschatzmeister fürchtet wohl, gleich den Staatsbankrott anmelden zu müssen wegen der paar Schiffe und Kanonen«, entgegne ich.
    »Schlimmer noch, schlimmer, mein Freund! Er und seine Händlerfreunde in der Londoner City erzittern bei dem Gedanken, Lord Howard könne mit seinen neuen Schiffen und Kanonen England tatsächlich in den Krieg mit Spanien treiben.«
    »Solange er die Königin so eisern unter seinem friedfertigen Einfluß hält …«
    »Tut er das?«
    »All ihre Reden und Dekrete durchzieht wie ein roter Faden der innige Wunsch nach Frieden und Ausgleich mit dem spanischen Philipp, der römischen Kirche und dem Hause Habsburg.«
    »Und gleichzeitig läßt sie ihre Staatspiraten mit Sir Francis Drake und John Hawkins an der Spitze auf die spanischen Kolonien in der Karibik los, schickt unseren eitlen Freund, Sir Walter Raleigh zu Kolonisierungsversuchen über den Atlantik, macht neben Sir Francis Walsingham den schärfsten aller Falken, Lord Charles Howard, zum Lordadmiral …«

    Lange Trompetenstöße von den beiden Eckbaikonen rufen die Zuschauer zur Ruhe. Die Groundlings schwatzen und lachen weiter, nur die Stimmen der fliegenden Händler werden mit mehrfachen »Psssst« ein wenig gedämpft. Wir machen es uns in unserer Loge bequem. Clifford und ich rücken unsere Sessel nahe an die Brüstung, um vom Geschehen auf der Bühne nichts zu versäumen, während sich Sir Walter mit

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